Neviges. Beim Projekt „Offene Kirche“ der ev.-reformierten Kirchengemeinde gab es in der Stadtkirche viele kleine Überraschungen für die Besucher.
Sie kamen aus Neviges, Wuppertal, viele auch aus dem Ruhrgebiet und Rheinland. Waren beeindruckt von der mächtigen Kanzel, ließen sich inspirieren durch zahlreiche kleine Aktionen oder genossen einen Moment der Besinnlichkeit. Die Resonanz auf das Projekt „Offene Kirche“ der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde war riesig, freut sich das Gemeinde-Team. Jeden Tag – außer am Samstag – war die Stadtkirche im Februar stundenweise geöffnet.
Monat der Hoffnung
Was ungewöhnlich ist für ein evangelisches Gotteshaus, Zutritt hat man normalerweise nur während der Gottesdienste. Doch weil die im Moment aufgrund der hohen Infektionszahlen mit dem Corona-Virus ausfallen, wollte man in der Gemeinde unbedingt etwas schaffen, das den Menschen „Hoffnung gibt, ihnen Mut macht“, so Presbyter und Jugendleiter René Görtz. Bei Gesprächen mit Freunden kam ihm die Idee: Wir öffnen die Kirche. Schnell fand sich in der Gemeinde ein engagiertes Team, das mit viel Herz und Zeit diesen „Monat der Hoffnung“, so das Motto, im Februar möglich machte. Die Besucher konnten Kerzen aufstellen, sich einen Video-Film anschauen, anhand einer Broschüre die Kirche erkunden.
Am Wochenende kamen Ausflügler
„Ich war meistens donnerstags zur Marktzeit hier. Da kamen einige ganz spontan vorbei, wir hatten ja unten in der Fußgängerzone eine Info-Tafel aufgestellt. Und die Leute freuten sich, sagten: Ich wollte mir die Kirche immer schon mal anschauen“, erzählt Britta Burkhardt, die auch den neuen Flyer über die Stadtkirche verfasst hat. „Eine Frau kam und erzählte, dies sei der Todestag ihrer Mutter. Und dass dieser Ort jetzt für den Tag genau richtig sei.“ Während Britta Burkhardt vor allem Nevigeser empfing, kamen am Wochenende zu Dietgard Reith hauptsächlich Ausflügler: „Ich war zweimal sonntags hier, hatte Leute aus Bochum, Essen, Wuppertal und Düsseldorf. Eine Dame bleib sehr lange und hat sich alles genau angeschaut.“
Der Tischler der Kirchentür
Gotischer Chor aus dem 15. Jahrhundert
1391 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung einer Pfarrkirche in Neviges, die der heiligen St. Margarethe geweiht war. Der älteste heute noch erhaltene Bauteil ist der gotische Chor, das „Chörchen“ aus der Zeit des Kirchenbaus im 15. Jahrhundert. Seit der Reformation dient die Kirche als evangelisches Gotteshaus. Von 2013 bis 2016 wurde die Stadtkirche umfangreich saniert.
Die Orte weiß man so genau, da jeder Besucher zur möglichen Kontaktnachverfolgung seine Adresse hinterlassen musste. Aber auch sonntags, so Dietgard Reith, sei der eine oder andere Einheimische gekommen. „Eine Frau sagte mir, dass sie den Gottesdienst zu Weihnachten schon sehr vermisst hätte.“ Umso mehr habe sie diesen Moment in „ihrer“ Kirche genossen. Pfarrer Detlef Gruber freute sich bei seinem Präsenzdienst über einen ganz besonderen Gast: „Ich kam mit einem Mann ins Gespräch, der 1947 hier konfirmiert worden ist und zu Besuch in Neviges war. Damals hatte er hier auch eine Schreinerlehre absolviert.“ Am Ende des Gesprächs habe der Senior auf die seitliche Kirchentür gezeigt und gesagt: „Und die da, die hab ich gemacht.“
Lichterkette als Schmuck
Im „Monat der Hoffnung“, so das Motto der Februar-Aktion, hatte das Team auch eine Hoffnungskette aufgehängt, die jeder Besucher beliebig erweitern konnte – was sehr viele auch getan haben: In den Kirchenbänken lagen Zettel aus, oben stand vorgedruckt „Hoffnung ist...“, das konnte beliebig vervollständigt werden. „Hoffnung ist wie die ersten Blüten im Frühjahr! Zart und robust zugleich“, ist da zu lesen, oder „Hoffnung ist Freude im Sturm“ oder „“Hoffnung ist nicht vergessen, was Licht ist.“ Die Hoffnungskette, so erzählt René Görtz, sei ebenso gut angekommen wie die Lichterketten, mit denen Teile der Kirche geschmückt waren. Bereitwillig zur Verfügung gestellt hatte sie Helmut Wulfhorst, stellvertretender Vorsitzender der Werbegemeinschaft und zuständig für die Weihnachtsbeleuchtung in der Fußgängerzone.
Küsterin liebt ihre Kirche
Da die Resonanz auf die „Offene Kirche“ durchweg sehr positiv war, kann sich die Gemeinde vorstellen, auch in Zukunft die Pforten der Stadtkirche an bestimmten Tagen zu öffnen. Bis es soweit ist: Küsterin Birgit Dywicki, die ebenfalls engagiert bei dem Projekt mitmachte und direkt gegenüber am Kirchplatz 6 wohnt, hat immer ein Herz für interessierte Besucher: „Wenn es nicht gerade mitten in der Nacht ist, einfach bei mir anschellen, ich schließe dann auf.“ Warum sie das tut? „Na, weil diese Kirche einfach wunderschön ist. Eben ein ganz toller Ort.“