Velbert. Velberts Industriemuseum präsentiert die erste Sonderausstellung in der Villa Herminghaus: Reise-Sicherheit für Hab und Gut, für Leib und Seele.

Die völlig neu konzipierte Dauerausstellung im komplett neu gebauten Deutschen Schloss- und Beschlägemuseum läuft jetzt schon seit der Eröffnung im Oktober 2021. Mit der ersten Sonderausstellung kommt nun endlich auch die zugehörige Villa Herminghaus ins Spiel. Genauer gesagt: die repräsentativen Räume dieser wohl bekanntesten Fabrikanten-Villa von Velbert, der ursprüngliche Wohn- und Essbereich im Erdgeschoss. Dort stehen bereits die neun neu angeschafften Vitrinen und neben einem nicht mehr ganz fabrikneuen Fahrrad und einem nicht minder alten Reisekoffer auch ein schon ob seiner Größe unübersehbares Exponat: Eine voluminöse Reisetruhe, die Emmanuel Giagtzoglou für seine Sonderschau dem am Aufbau der Dauerausstellung beteiligten Schreiner Staffan Gettys „abgeluchst“ hat.

Volontariat im Velberter Industriemuseum

Emmanuel Giagtzoglou ist zwei Jahre lang wissenschaftlicher Volontär. Jetzt kuratiert er seine erste Ausstellung und sagt: „Ich bin absolut zufrieden.“
Emmanuel Giagtzoglou ist zwei Jahre lang wissenschaftlicher Volontär. Jetzt kuratiert er seine erste Ausstellung und sagt: „Ich bin absolut zufrieden.“ © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Fahrrad, Koffer und Truhe – ja, passend zur Jahreszeit, geht’s ab diesem Freitag, 1. Juli, ums Reisen. „Unterwegs? Aber sicher! Reisen im Wandel von der Seefahrt bis zur Raumfahrt“ lautet der Titel. Die Ausstellung wirft einen Blick auf die unterschiedlichen Arten des Reisens zu Wasser und im All, die Herausforderungen und wie sie bewältigt wurden. Und sie ist die erste, die Emmanuel Giagtzoglou kuratiert. Der 34-Jährige hat klassische Archäologie und Kunstgeschichte studiert und sieht seine berufliche Zukunft „als Vermittler von Kunst und Kultur“. Aktuell ist er (seit Ende 2021) für zwei Jahre wissenschaftlicher Volontär hier in Velbert, und im Industriemuseum ist es halt Usus, dass ein Volo selbstständig eine Ausstellung auf die Beine stellt.

Thema kann auch gestellt sein

Ferienprogramm für Kinder zur Ausstellung

„Ich packe meinen Koffer!“ heißt die Ferienaktion für Kinder (8 - 10) zur Sonderausstellung. In diesem Workshop wird am 11. Juli von 10 bis 13 Uhr gespielt, gebastelt und zu guter Letzt eine Postkarte geschrieben (5 Euro). Ein Kinoabend für Kinder im Grundschulalter steht am 8. August (18 Uhr) auf dem Programm. Es geht um einen tapferen Hasen, der als Weltentdecker aufbricht (2 Euro).Anmeldungen sind ab sofort unter 02051 262285 und per E-Mail an museum@velbert.de möglich. Weitere Veranstaltungen und Angebote finden sich auf der Homepage schlossundbeschlaegemuseum.de.

Das hat auch – übrigens mehrfach – die heutige Hausherrin Dr. Yvonne Gönster getan, die das Museum seit letztem Sommer leitet und dort in 2016 als ebensolche Volontärin angefangen hat. Im Gespräch mit der WAZ erinnert sie hierbei u. a. an „Spaziergang durch Langenberg“, „Wertvoll“ und „Schließen und Sichern im Zeitalter der Digitalisierung“. Das Thema müsse man nicht zwingend selbst setzen, erklärt Gönster und erläutert, was zum Kuratieren gehört: Auf jeden Fall sich wissenschaftlich einarbeiten, Literatur lesen bzw. entsprechende Medien auswerten, sodann natürlich die Umsetzung, überlegen, wie man die Bereiche aufteilt, klären, woher die Exponate kommen und vieles mehr.

Leihgaben und ein echter Dachbodenfund

Die schmucke Villa Herminghaus – hier aufgenommnen am Tag der Neueröffnung des Museums – ist jetzt zum ersten Mal Schauplatz einer Sonderausstellung.
Die schmucke Villa Herminghaus – hier aufgenommnen am Tag der Neueröffnung des Museums – ist jetzt zum ersten Mal Schauplatz einer Sonderausstellung. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Nun, die Ausstellungsstücke der aktuellen Schau stammen zu einem großen Teil aus eigenem Besitz. Die vorwiegend kostenlosen Leihgaben kommen u. a. vom Heiligenhauser Museum Abtsküche, von der DASA Arbeitswelt Ausstellung (Dortmund), dem kultur- und stadthistorischen Museum Duisburg, dem Privatsammler John Harder und dem bereits erwähnten Gettys. Dessen Truhe ist übrigens ein echter Dachbodenfund; sein Urgroßvater ist einst mit ihr von Schweden in die USA gereist, wie Giagtzoglou erzählt.

Leib und Seele, Hab und Gut

Dem „Macher“ war es wichtig, auf den relativ wenigen Quadratmetern einen Rundgang anzulegen, beginnend mit der wohl bekanntesten Reise der Antike, den Irrfahrten des Odysseus. Derweil sich die Motivation für eine Reise über die Jahrhunderte gewandelt hat, sich die Fortbewegungsmittel ständig weiterentwickeln und die Welt gefühlt stetig kleiner wird, hat die Sicherheit für Leib und Seele sowie für Hab und Gut bleibend eine zentrale Priorität. Hierzu werden bis zum 16. Oktober Sicherheitsstrategien aus dem Bereich der Seefahrt, des Wanderns, des Radfahrens, der Bahn- und Autoreisen sowie der Luft- und Raumfahrt gezeigt.

Vorgabe des Netzwerks Bergischer Museen

Schon etwas länger her, aber die heutige Leiterin, Dr. Yvonne Gönster, hat tatsächlich mal als Volontärin im Schloss- und Beschlägemuseum angefangen.
Schon etwas länger her, aber die heutige Leiterin, Dr. Yvonne Gönster, hat tatsächlich mal als Volontärin im Schloss- und Beschlägemuseum angefangen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Ursprünglich sollte sich die erste Sonderausstellung – pro Jahr will Gönster zwei präsentieren – im neuen Domizil um die Villa Herminghaus selbst drehen. Das Vorhaben steht auch weiter auf der Agenda, aber da gab es halt die Vorgabe des Netzwerks Bergischer Museen mit seinen 21 Mitgliedern, das erst kürzlich eine Zusammenkunft in Velbert hatte, zum laufenden Projektjahr etwas zum Stichwort Mobilität umzusetzen. In der Vorweihnachtszeit startet dann erst einmal in Kooperation mit dem Bergischen Geschichtsverein die Schau zum Hardenbergschen Ensemble, und es gibt da auch noch die Idee, die Symbolik von Schlüsseln zu thematisieren.

Viel Raum für Kreativität

Der Bochumer Emmanuel Giagtzoglou hat letztes Jahr bei der Ausschreibung „unter vielen Bewerbern“, wie es heißt, das Rennen gemacht. Er freut sich, in einem neuen Haus zu arbeiten und „dass ich hier viel Raum für Kreativität habe“. Jetzt möchte er nicht zuletzt auch Menschen ansprechen, „die sich für das Museum und seine Entwicklung interessieren und die neugierig auf die Räume in der Villa sind“.

Die Sonderausstellung kann zu den regulären Öffnungszeiten des Museums besucht werden; sie ist im Eintrittspreis für die Dauerausstellung inbegriffen.