Langenberg. Lange haben Ordensschwestern die Stiftung Mary Ward in Langenberg unterstützt. Nun aber muss das Kinder- und Jugendhilfehaus ohne sie auskommen.

Zwei Stunden voller liebevoller Erinnerungen: gesprochen und gesungen. Zur Verabschiedung der Schwestern in der Mary Ward Stiftung sind elf Schwestern aus dem Süddeutschen an ihre alte Wirkungsstätte angereist, an die Bökenbuschstraße 7.

Klein und Groß haben an diesem Nachmittag mitgewirkt, der in die Chroniken sowohl der Stiftung Mary Ward als auch der Congregatio Jesu eingehen wird. Ganz vorne dabei: Peter Huyeng, Einrichtungsleiter der Stiftung Mary Ward.

Geschichte von Mary Ward

Aufgeregt flitzen Kinder und Jugendliche auf dem Gelände hin und her. Freudige Gespräche an vielen Ecken. Geschmückte Tische warten auf die Gäste. Eine Band spielt, während sich die Gäste im Gemeinschaftsraum verteilen.

Aus dem Off beginnt eine Stimme, die Geschichte von Mary Ward zu erläutern. Einprägsam wird die „ungeheure Forderung nach Schulbildung für Mädchen aller Schichten“ erläutert und der unermüdliche Einsatz von Maria Ward, der englischen Ordensschwester und Namensgeberin der Stiftung.

Bekannt ist ihr Tun auch unter dem Begriff „Englische Fräulein“. Mitten in der spannenden Geschichte übernimmt Peter Huyeng und lenkt auf die mehr als 70-jährige Langenberger Historie über: 29 Schwestern haben insgesamt im ehemaligen Haus Maria Frieden, heute Stiftung Mary Ward, gewirkt und ihre Spuren hinterlassen.

Singen und zuhören

Die Einrichtung der Stiftung Mary Ward an der Bökenbuschstraße.
Die Einrichtung der Stiftung Mary Ward an der Bökenbuschstraße. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Welche, verraten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie plaudern gemeinsam aus dem Nähkästchen, von lieben Worten und guten Taten. Beispielsweise als eine der Schwestern sieht, dass der Aufhänger eines Handtuchs gerissen ist, sie das mitnimmt, näht und zurückhängt.

Sie singen aber auch: Wenn es uns auch schwerfällt, „Let it be“, in musikalischer Anlehnung an die Beatles. Die Kindergartenkinder widmen den Schwestern ebenfalls einen Song. Besonders ans Herz gegangen ist ein selbst geschriebenes Stück, das mit Gitarrenspieler Jonathan Butz in einem Workshop entstanden ist.

Mutige Texte

Alessio hat für dieses Stück ein Rap-Intermezzo geschrieben und vorgetragen. Der junge Mann öffnet mutig sein Herz, zeigt wie es schlägt und welche „heilenden Pflaster“ das Leben im Bökenbusch gibt. Die Kraft und Impulse der Einrichtung, vertreten durch die Mitarbeitenden, gestützt durch die Leitsätze zeigen imposant Wirkung.

„Ich bin genauso, wie ich sein soll“, heißt es an einer Stelle. Und weiter: „Mich gibt’s nur einmal“. Bewohner Alessio ist der Botschafter, der Schmerz und Dankbarkeit verbunden mit dem Leitbild zärtlich in das Herz der Gäste rammt.

Abschied mit Wehmut

Das Leitbild besteht aus neun Prinzipien, die jeder versucht zu leben. Einrichtungsleiter Huyeng stellt sie vor. „Wir machen auch Fehler“, sagt er, „versuchen doch daraus zu lernen“. Es ist so menschlich. Tafeln auf den Außengelände zeigen und erklären die Prinzipien im Vorbeigehen.

Eingefräst in einer Art kubischen Kirschholzform überreicht er Schwester Cosima die Leitbilder. Sie ist überglücklich und fragt noch gleich nach der Ausformulierung. Weniger glücklich formuliert sie zwei Wehmutsgedanken: „Es gibt zu wenig Schwestern“, sagt sie (siehe Infobox). Und der zweite Punkt: „Wir sind wieder am Ursprung, wie vor 70 Jahren.“

Ein Apfelbaum zum Abschied

1948 ziehen vier Mary Ward Schwestern aus Mainz, zahlreiche andere Mitarbeitende sowie 36 Kinder in das Fachwerkhaus an der Bökenbuschstraße ein. Die Schwestern, heute zur Congregatio Jesu gehörig, eröffnen aus Dankbarkeit für die Verschonung im Zweiten Weltkrieg das Langenberger Kinderheim für Waisen. Es bleibt Hoffnung und Zuversicht.

Das zeigen die elf Schwestern mit ihrem Abschiedsgeschenk: einem Apfelbaum. Zwei Stunden kurzweiliger Festakt mit vielen Worten, Reden und Danksagung. Alle haben eines gemeinsam und das ist der Geist, der über dem ganzen schwebt; nicht in Worte zu fassen, nur zu fühlen. Eine Art Herzblut, für das sich Politik, Stiftung, Förderverein, Bürger, Mitarbeitende und Bewohner einsetzen. Das Herzblut fließt und wirkt – ab jetzt ohne die Schwestern der Congregatio Jesu.

Personal fehlt

Nicht nur die Schwestern der Congregation Jesu fehlen und sind nicht zu ersetzen. Mittlerweile sind im Arbeitsbereich der Stiftung Mary Ward zehn Stellen unbesetzt. „Den Fachkräftemangel spüren wir unmittelbar“, sagt Einrichtungsleiter Peter Huyeng.

Dankbar sei er, dass viele seiner Kolleginnen und Kollegen bei Urlaub oder Krankheit einsprängen. Auf Dauer sei das jedoch keine Lösung. „Der Fokus liegt oft bei den Pflegern in Krankenhäusern und Altenheimen“, merkt er an, „und weniger bei der Jugendhilfe.“

Huyeng gibt zu bedenken, dass er möglicherweise eine Einrichtung vorübergehend schließen muss – wegen fehlendem Personal.