Velbert. Schock an der Tankstelle: Die Preise für Benzin und Diesel sind auf Rekordniveau. Wie Pendler und Firmen aus Velbert darauf reagieren.

Auf dem Foto der Tankstelle an der Heiligenhauser Straße, das auf der HEM-Internetseite zu sehen ist, kostet der Liter Diesel knapp 1,07 Euro, der Liter Super etwa 1,30 Euro. Die Realität sah gestern allerdings ganz anders aus: Für alle Kraftstoffsorten mussten mehr als 2 Euro bezahlt werden. In den letzten Tagen sind die Preise für Benzin und Diesel in die Höhe geschossen. „Das ist schon heftig“, sagt eine junge Autofahrerin, die gerade ihren VW Golf betankt. Als die Anzeige auf der Zapfsäule stoppt, sind etwa 36 Liter im Tank und die Auszubildende 77 Euro ärmer.

Auch auf der Facebookseite der WAZ Velbert berichten Leser über ihre Zapfsäulen-Erfahrungen und den Umgang mit den Preisen: „Ich muss zur Arbeit theoretisch nach Köln“, schreibt Sina Fehr. Praktisch versuche sie nun, so lange wie möglich im Homeoffice zu bleiben, um die Gesamtstrecke von 124 Kilometern zu vermeiden. „Bei der kleinsten Gehaltsgruppe kann ich mir das auf Dauer absolut nicht leisten“, schreibt sie. Firat Tekin kommentiert: „Das Geld, was man auf der Arbeit verdient, wird dazu genutzt, um zur Arbeit fahren zu können. Super!“ Laura-Marie Henke ist Studentin, und – wie sie schreibt – extrem schlechten ÖPNV-Anbindung und der Arbeitszeiten – auf das Auto angewiesen, um zu ihrem Nebenjob zu gelangen. „Wie ich den Sprit in Zukunft zahlen soll, weiß ich nicht.“

Taxiunternehmer aus Velbert fühlt sich alleingelassen

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Neben den Pendlern trifft die Preissteigerung bei Benzin und Diesel vor allem die Branchen, die viele Kilometer absolvieren müssen. Dazu gehört beispielsweise der Velberter Taxiunternehmer Marek Kozlowski. Er hat am Montag noch – „mit viel Glück“ – für 1,869 getankt. Das reicht dann vermutlich bis zum Donnerstag. „Ich möchte am liebsten schon gar nicht mehr auf die Preistafeln an den Tankstellen schauen“, sagt er. „Alles, was ich derzeit verdiene, muss ich zumindest gefühlt direkt wieder ausgeben. Ich fühle mich da im Moment ziemlich alleingelassen mit dem Problem“, hofft Kozlowski, dass die Politik möglichst bald reagiert und auf einen Teil der Steuern, die auf Kraftstoffe erhoben werden, verzichtet. „In anderen Ländern ist das bereits der Fall“, sagt der Taxiunternehmer.

Auch die Taxiunternehmer in Velbert stöhnen ob der hohen Preise für Dieselkraftstoff.
Auch die Taxiunternehmer in Velbert stöhnen ob der hohen Preise für Dieselkraftstoff. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

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Parallel verhandelt Marek Kozlowski mit Ämtern und Behörden, mit denen er langfristige Verträge hat – zum Beispiel für den Schulkinderverkehr. Da die Konditionen teils vor einem Jahr kalkuliert worden seien, als die derzeitige Entwicklung in keiner Weise abzusehen gewesen sei, möchte er nun die Preise um zehn Prozent erhöhen. „Einige machen da auch mit und zeigen Verständnis“, sagt er. Eine weitere Erhöhung für Taxameter-Fahrten hält er indes nicht für zielführend. Grund- und Kilometerpreis seien erst Anfang des Jahres nach einem entsprechenden Beschluss des Kreistages gestiegen – „und es bringt uns auch nichts, wenn sich niemand mehr das Taxifahren leisten kann“. Derzeit gebe es bereits Überlegungen, die Zahl der Taxis in den Nachtstunden in Velbert einvernehmlich zu reduzieren – „damit es sich zumindest noch irgendwie ein bisschen lohnt“.

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Velberter Spedition berechnet einen Dieselzuschlag

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Ebenfalls betroffen ist Lars Dörrenhaus, geschäftsführender Gesellschafter der Spedition Dörrenhaus, die acht eigene Lastwagen hat und mit zahlreichen Logistik-Partnern auf der Straße, auf der Schiene, auf dem Wasser und in der Luft zusammenarbeitet. Bereits seit einiger Zeit berechnet das Unternehmen seinen Kunden einen „Dieselzuschlag“, der sich auf Basis eines Diesel-Durchschnittspreises von einem Euro (kein Zuschlag) berechnet und erhöht: Bei einem monatlichen Diesel-Durchschnittspreis von 1,50 Euro pro Liter fällt beispielsweise ein Zuschlag von zehn Prozent an. Zuletzt – im Februar – waren es bereits 14 Prozent Aufschlag – und jetzt? Die auf der Internetseite zu findenden Listen enden bei 2 Euro. Alles, was darüber hinaus geht, schien vor einiger Zeit noch realitätsfern. „Wir müssen uns da intensiv Gedanken machen“, sagt Dörrenhaus. Sollte der durchschnittliche Dieselpreis im März bei über 2 Euro liegen, würden auf jeden Fall mehr als 20 Prozent Aufschlag fällig.

Der Velberter Spediteur Lars Dörrenhaus muss die gestiegenen Diesel-Kosten an die Kunden weitergeben.
Der Velberter Spediteur Lars Dörrenhaus muss die gestiegenen Diesel-Kosten an die Kunden weitergeben. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

„Wir können die Preissteigerung nicht irgendwie auffangen, sondern müssen diese weitergeben“, sagt der Geschäftsführer, der auch mit steigenden Luft- und Seefrachtraten zu tun hat. Bei einer Fahrt zwischen Velbert und München dürfe der Kraftstoff etwa 35 Prozent der Gesamtkosten ausmachen, rechnet der Spediteur vor – ansonsten stimme die Gesamtkalkulation nicht mehr „und wir fahren Verluste ein“, so Lars Dörrenhaus.

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Er weiß aber auch: Erhöht er die Preise, müssen auch viele seiner Kunden erhöhen. „Und dann sind wir drin in der Preisspirale.“ Er sei jedoch gegen ein Einmischen des Staates: „Wo soll man da anfangen und wo aufhören?“, so Dörrenhaus. Das Geschäft sei schlicht zu global, um eine faire und zugleich wirkungsvolle Entlastung zu realisieren. Er sieht in der Krise auch eine Chance – und setzt darauf, dass sich die Märkte, wie auch in der Vergangenheit, selbst regulieren. „Und uns geht es trotz all dieser Entwicklungen einfach immer noch viel besser als den Menschen in der Ukraine.“

>>> Die Situation an der Tankstelle in Velbert

„Insgesamt tanken die Leute bisher nicht weniger als sonst“, sagt Tanja Sidiropoulos von der HEM-Tankstelle in Velbert.

Was sie hingegen beobachtet hat: Es werden geringere Mengen pro Tankvorgang gezapft – wohl auch in der Hoffnung auf günstigere Preise an den Folgetagen. Und ihre Mitarbeiter müssten sich derzeit viele Sprüche und Kommentare anhören – auch wenn sie nun am wenigsten für die Preise können.

Wie sich die Preise in den kommenden Wochen entwickeln werden, vermag die Tankstellenchefin nicht einzuschätzen: „Ich habe leider keine Kristallkugel.“