Velbert. Neben der Polizei überwacht auch der Ordnungsdienst der Stadt Velbert die Geschwindigkeiten der Autofahrer. Bußgelder fließen in die Stadtkasse.

Am rechten Fahrbahnrand blitzt es rot. Der schnelle Blick auf den Tacho verrät: Verdammt – etwas mehr als zehn Stundenkilometer zu schnell. Der erfahrene Autofahrer weiß: Das gibt Post. Nach dem neuen Bußgeldkatalog ist man innerorts voraussichtlich direkt mal mit 50 Euro dabei.

Immer wieder kochen nach solchen Situationen die Diskussionen hoch: Auf Facebook ist dann schnell mal von „Wegelagerern“ und „modernen Raubrittern“ die Rede – und das sind sogar noch die netteren Umschreibungen. Immer wieder wird auch gemutmaßt, dass die Stadt mit solchen Tempokontrollen doch „nur ihre klamme Kasse füllen“ will.

Die WAZ-Redaktion hat die Zahlen und Fakten zusammengetragen.

In anderen Städten blitzt der Kreis Mettmann

In der Tat kontrolliert die Einhaltung der Tempolimits neben der Polizei und dem Kreis mit den stationären Anlagen in Velbert tatsächlich die Stadt mit ihrem Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) selbst. Das ist zumindest bisher noch die Ausnahme im Kreis Mettmann. Andernorts übernimmt das der Kreis. Rechtlich dürfen Kommunen über 60.000 Einwohnern selbst blitzen: Velbert tut dies bereits seit 2017 selbst, Ratingen will in diesem Jahr als zweite Stadt im Kreis nachziehen.

Einnahmen landen in der Velberter Stadtkasse

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Die Einnahmen landen auch tatsächlich in der Stadtkasse – genauer gesagt im städtischen Haushalt. Ganz so einfach ist die Rechnung aber nicht, wie Nora Weichelt aus der städtischen Pressestelle auf WAZ-Anfrage erklärt. Denn die Ausgaben müssten gegengerechnet werden. So würden zwei zertifizierte Messbedienstete des KOD im Zweischichtbetrieb die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten des fließenden Verkehrs überwachen. „Hier können Personalkosten in Höhe von 102.834 Euro beziffert werden“, sagt Weichelt. Im Innendienst werde zur Bearbeitung der Verfahren eine Mitarbeiterin eingesetzt, die Personalkosten belaufen sich laut Weichelt auf 61.800 Euro. Hinzu kommen Kosten für Wartung und Reparatur der Technik. Diese seien für das Jahr 2021 mit etwa 8200 Euro zu beziffern. Macht unter dem Strich also Kosten in Höhe von knapp 173.000 Euro pro Jahr.

Das Straßenverkehrsamt Mettmann hat eine einjährige Testphase mit einem neuen mobilen Geschwindigkeitsmessgerät gestartet, welches die Vorteile aus mobiler und stationärer Geschwindigkeitsüberwachung vereinen soll. Die Enforcement Trailer Semistation
Das Straßenverkehrsamt Mettmann hat eine einjährige Testphase mit einem neuen mobilen Geschwindigkeitsmessgerät gestartet, welches die Vorteile aus mobiler und stationärer Geschwindigkeitsüberwachung vereinen soll. Die Enforcement Trailer Semistation "TraffiStar S350" der Firma Jenoptik blitzte im Dezember vor der Gerhard-Tersteegen-Schule in Heiligenhaus-Hetterscheidt. © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert

Neuer Bußgeldkatalog sorgt vermutlich für höhere Einnahmen

Spannend ist somit der genauere Blick auf die „Einnahmen-Seite“ der Rechnung. „In 2021 wurden 11.859 Verfahren eingeleitet“, sagt Nora Weichelt. Die entsprechenden Bußgelder würden sich auf 219.467,64 Euro belaufen. Heißt: Die Stadt Velbert hat durch zu schnell fahrende Fahrzeuglenker etwas mehr als 46.600 Euro verdient. Darüber freut sich die Kämmerei natürlich – reich macht diese Summe die Stadt allerdings auch nicht. Seit einigen Monaten ist das Blitzen allerdings „lukrativer“ geworden: Am 9. November 2021 ist der neue Bußgeldkatalog in Kraft getreten. Die Strafen haben sich bei vielen Verstößen verdoppelt.

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Nora Weichelt ist es jedoch wichtig, „dass die Geschwindigkeitsüberwachung immer der Verkehrssicherheit dient“. Ziel der Kontrollen sei ein niedrigeres allgemeines Geschwindigkeitsniveau als wirksamster Schutz gerade der schwächeren Verkehrsteilnehmenden. „Denn eine reduzierte Geschwindigkeit trägt dazu bei, Verkehrsunfälle mit schweren Folgen zu verhindern“, so die stellvertretende Pressesprecherin der Stadt.

Auch die Polizei führt in Velbert regelmäßig Tempokontrollen durch.
Auch die Polizei führt in Velbert regelmäßig Tempokontrollen durch. © FUNKE Foto Services | Tom Thöne

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Aus diesem Grund würden die Messstellen auch vorab auf Facebook und in der Presse veröffentlicht, „denn so können wir ein Bewusstsein für die Thematik schaffen und im besten Fall präventiv auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden einwirken“, sagt Weichelt. Anders als die Polizei dürfe die Stadt darüber hinaus auch nur an definierten Gefahrenstellen messen. Gemäß der entsprechenden Verwaltungsvorschrift sind das „Unfallhäufungsstellen und solche Streckenabschnitte, auf denen eine erhöhte Unfallgefahr angenommen werden muss.“ Letzteres sei beispielsweise der Fall, wenn sich in unmittelbarer Nähe Schulen, Spielplätze, Seniorenheime oder andere Objekte für ähnlich schutzbedürftige Personen befinden.

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Drei Schwerpunkte mit besonders vielen Verstößen

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Dabei hat der KOD laut Weichelt drei Schwerpunkte mit besonders vielen Verstößen festgestellt: Plückersmühle, Nevigeser Straße und Wodanstraße. Zahlenmäßige Aufstockungen bei den Messungen sind laut Stadtverwaltung nicht geplant, da die Geschwindigkeitsmessungen bereits in zwei Schichten an fünf Tagen pro Woche durchgeführt werden. Ergänzend werden auch an einigen Wochenenden Messungen vorgenommen.

>>> Auch der Kreis blitzt

Neben der Stadt blitzt auch der Kreis Mettmann in Velbert – und zwar mit mehreren stationären Anlagen.

Diese Anlagen befinden sich an der A 535 (Fahrtrichtung Wuppertal, ob dieser Blitzer wegen der Baustelle derzeit außer Betrieb ist, verrät der Kreis nicht), an der Kuhlendahler Straße (Tempo 30) und an der Heidestraße / Poststraße (Tempo 50, auch Rotlichtüberwachung).

Insgesamt hat der Kreis in den zehn Städten im vergangenen Jahr 130.000 Fahrzeuge geblitzt. Besonders oft blitzt es an der Hofermühle in Heiligenhaus.