Velbert. Allein in einem Langenberger Seniorenheim fehlen sechs Pflegekräfte. Die Arbeitsbedingungen für die dort Tätigen werden immer härter.

„Die Altenpflege ist zum Scheitern verurteilt: Im Jahr 2030 wird die Zahl der Pflegebedürftigen um 150 000 steigen, aber schon jetzt sind nicht genug Leute da, die in der Pflege arbeiten wollen“, stellt Michael Schukolinski fest. Der gefrustete Chef der Seniorenresidenz Elisabeth in Langenberg hatte sich an die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese gewandt, die sich nun zusammen mit dem SPD-Landtagskandidaten Cüneyt Söyler vor Ort informierte.

Insgesamt klagt der Einrichtungsleiter über sechs freie Stellen im Pflegebereich, weitere Vakanzen gibt es in Küche und Hauswirtschaft. Der Mangel wird durch Umbesetzungen am Wochenende und durch Personaldienstleister kompensiert. „Aber die Zeitarbeitsfirmen rufen auch schon an und sagen, dass keiner kommt“, so die Erfahrung von Michael Schukolinski.

Gute Arbeitsmoral und gutes Miteinander in dem Velberter Seniorenheim

Die angespannte Personalsituation wirkt sich nicht auf das Wohlbefinden der augenblicklich 82 Bewohner aus: „Ich muss sagen, dass lassen die Mitarbeiter nicht an uns aus“, lobt Heimbeiratsvorsitzender Klaus-Werner Franke, der sagt, dass er sehr gerne im der Seniorenresidenz Elisabeth lebt. Die Betriebsratsvorsitzende Sabine von der Heydt führt das gute Klima im Haus auf die vielen Altmitarbeiter, die große Arbeitsmoral und das gute Miteinander zurück. „Aber es geht auf die Knochen, auch wenn man am Wochenende nur Teildienste machen muss. Zwölf Tage durchzuarbeiten und danach ein Wochenende frei zu haben ist ziemlich übel. Das System stimmt nicht“, klagt die betroffene Arbeitnehmervertreterin an.

Allein in der Seniorenresidenz Elisabeth in Velbert-Langenberg fehlen sechs Pflegekräfte.
Allein in der Seniorenresidenz Elisabeth in Velbert-Langenberg fehlen sechs Pflegekräfte. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Griese: Bezahlung und Arbeitsbedingungen verbessern

„1996 wurde die Pflegeversicherung eingeführt, kurz danach die Qualitätskontrolle, die aus eigenen Ressourcen kommt. Durch Corona werden jeden Tag Testungen durchgeführt, alles auch aus dem eigenen Haus – Sie kriegen keine Mitarbeiter.“ Kerstin Griese, die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, verwies darauf, das ihr Haus in Sachen Fachkräftemangel eine Strategie auf drei Ebenen startet: „Da ist zum einen Ausbildung, wir machen einen Sommer der Ausbildung. Zweitens Weiterbildung: Viele Leute suchen einen neuen Job. Drittens Zuwanderung: Inzwischen hat die Arbeitsagentur im Ausland Stationen eingerichtet, um Kräfte anzuwerben. Dann komme ich zu meinem Lieblingsthema: Wir wollen die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen verbessern. Dazu möchten wir ein Branchentarifvertrag hinkriegen, der von den privaten, aber auch kirchlichen Trägern behindert wird.“

Kritik an der Bürokratie

Die Arbeitsbedingungen sind Sabine von der Heydt besonders wichtig: „Ich möchte verlässlich frei haben und nicht in der Freizeit angerufen werden. Geld ist sicherlich ein wichtiger Punkt neben dem Spaß an der Arbeit.“ Der wird durch die Bürokratie oft zunichte gemacht: „Wir schreiben uns zu Tode“, berichtet die Praktikerin.

Veränderungen bei der Finanzierung gefordert

„Es gibt bestehende digitale Modelle, die müssen jedoch in Schulungen umgesetzt, aber wir brauchen die Mitarbeiter in der Pflege“, stellt Michael Schukolinski dar und fordert eine Änderung bei der Refinanzierung der Einrichtungen mit Verweis auf gute Beispiele in Skandinavien. „Das was bei uns verhandelt wurde, wird jetzt durch steigende Preise für Energie und Lebensmittel mehr als aufgefressen.“ „Wir werden in die Pflege mehr Geld stecken, auch Steuergelder“, kündigt Kerstin Griese an und räumt mit der Illusion auf, man schaffe das durch eine Pflegevollversicherung.

Die Finanzierung muss sich ändern“, gab Michael Schukolinski dem Besuch aus Berlin nochmals mit auf dem Weg. Kerstin Griese sieht gute Ansätze: „Ich glaube, es gibt dafür ein Bewusstsein in der Bevölkerung.“

>>>Impfpflicht

Einrichtungsleiter Michael Schukolinski hält eine allgemeine Impfpflicht für sinnvoller als eine einrichtungsbezogene.

„In unserem Haus sind drei Mitarbeiter nicht geimpft, zwei werden sich jetzt Novawax geben lassen. Immerhin sind wir bisher ohne einen Coronafall durch die Pandemie gekommen.“