Velbert. Zwei ukrainische Frauen mit zwei kleinen Mädchen haben ihre Wohnung beziehen können. Sie haben alles zurücklassen müssen: Männer, Familie, Jobs.
„Wenn die bösen Männer weg sind, gehen wir zurück“, sagt Elya. Die vierjährige Ukrainerin sitzt, dicht an ihre Mutter Kalina gekauert, auf einer Matratze, irgendwo in einer Langenberger Altstadtwohnung. Gemeinsam mit einer engen Verwandten (Natalya), ihrer Mutter und ihrer kleineren, fast zweijährigen Schwester Alisa ist Elya am Freitagmorgen in Velbert angekommen. In einem Reisebus hatte sie die Integrationshilfe Langenberg (IHLA) gemeinsam mit anderen Geflüchteten von der polnisch-ukrainischen Grenze abgeholt und in die Schloss-Stadt gebracht. Nun wurden die Familien auf verschiedene Wohnungen oder Zimmer aufgeteilt, viele davon in Privathäusern.
18 Stunden in einem Zug ohne Licht
„Wir haben an einem Abend die Entscheidung getroffen, unsere Heimat Dnipro zu verlassen. Das war irgendwann unausweichlich: Jeden Tag gab es mehrfach Luftalarm, jedes Mal mussten wir in den Luftschutzbunker“, erzählt Elyas Mutter Kalina unter Tränen. Bereits am nächsten Morgen steigen Natalya und Kalina mit den beiden Mädchen also in einen Zug Richtung polnische Grenze. „In diesem Zug gab es kein bisschen Platz, die Männer mussten uns dort hineindrücken. Dann sind wir 18 Stunden ohne Licht – damit der Zug nicht bombardiert wird – bis nach Lwiw gefahren.“
Eines der Kinder ist mittlerweile krank
Mit zwei Kleinkindern ist das eine gnadenlose Anstrengung. Doch damit nicht genug: An der Grenze zu Polen muss die Gruppe stundenlang ausharren, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und starkem Wind. Beinahe unnötig zu erwähnen: Eines der Kinder ist mittlerweile krank, hat Husten und nachts sogar Fieber. „Alles ist zurückgeblieben: Unsere Männer, Familie, Hunde, Jobs – alles.“
Sie verfolgen ständig die Nachrichten aus der Ukraine
Hinter der Grenze wartet dann der Velberter Bus auf die Gruppe. „Wir waren vorher noch nie in Deutschland, hatten uns aber recht schnell überlegt, dass wir gerne dorthin würden.“ Also steigen sie ein, zu fremden Menschen. „Die Helfer im Bus haben sich sehr gut um uns gekümmert“, sagt Kalina, die nun gemeinsam mit den anderen dreien beim Langenberger Paar Baumgarten eingezogen ist. Und so wuseln am Sonntagmittag sechs Personen durch die verwinkelte Altstadtwohnung: Babynahrung wird erhitzt und die Kaffeemaschine läuft, während Alisa und Elya auf dem Teppich spielen. Ihre Mutter hat über das Handy ukrainische Kinderlieder angemacht. „Mich hat die Warmherzigkeit der Menschen hier sehr berührt“, sagt Kalina. „Das war ein großer Gegensatz zur Flucht.“ Trotzdem: Die Nachrichten aus der Ukraine verfolgen sie ständig. Und wenn die bösen Männer weg sind, wollen sie unbedingt zurück.