Wuppertal. Ein psychisch kranker Angeklagter hat in der Suchtklinik in Langenberg einen Arzt niedergeschlagen. Jetzt droht dem Mann die Zwangseinweisung.
Ein psychisch erkrankter, 37 Jahre alter Mann steht nach Gewalt in der Sucht-Fachklinik in Velbert-Langenberg vor dem Landgericht in Wuppertal. Er soll einen Arzt (47) bewusstlos geschlagen haben, nachdem der ihn nicht als Patienten aufnehmen wollte. Die Staatsanwaltschaft legt dem Beschuldigten zusätzlich zwei Übergriffe in seiner Heimatstadt Remscheid zur Last. Er soll in allen drei Fällen durch seine Krankheit schuldunfähig gewesen sein. Die Richterinnen und Richter müssen unabhängig über eine mögliche Zwangseinweisung wegen Gemeingefährlichkeit entscheiden. Hintergrund des Verfahrens sind 37 frühere Aufnahmen des Mannes als Patient der Psychiatrie.
Der Angeklagte tauchte mit einer Reisetasche in der Velberter Klinik auf
Laut dem geschädigten Arzt erschien der 37-Jährige im April 2021 mit einer Reisetasche in Langenberg, rauchte anscheinend einen Joint und verlangte seine Aufnahme. Er habe ihn abweisen müssen, weil der Patient unter Hausverbot der Remscheider Fachklinik Tannenhof stand, zu der die Suchtklinik in Langenberg gehört. Patienten in dieser Situation müssten an eine andere Klinik verwiesen werden, sagte der Arzt – außer in Notfällen. Der Verletzte sagte aus, er habe den Mann nach dem ersten Gespräch aber trotzdem erneut im Haus gesehen, auf einer Treppe nahe dem Haupteingang. Er habe bekräftigt: „Sie haben Hausverbot, sie müssen gehen.“
Der Mediziner hatte nach den Schlägen Gedächtnislücken
Darauf es sei zu dem Angriff gekommen. Der Arzt sagte, er erinnere sich nicht an die Schläge. Die Folgen seien eine Gehirnerschütterung, eine Platzwunde und Prellungen gewesen. Mitarbeitende waren zu Hilfe geeilt, der Angreifer floh aus dem Haus und wurde später von der Polizei ermittelt. Seine Beschwerden hätten tagelang angehalten, berichtete der Verletzte: „Ich hatte Gedächtnislücken. Ich habe mein Handy in die Hand genommen und wusste nicht, welche Tasten ich drücken sollte. Ich wusste die Namen von Verwandten nicht mehr. Es hat mir Angst gemacht.“ Er sei vorsichtiger mit Patienten geworden. Es sei sein erster Angriff gewesen; aggressiv habe der Beschuldigte auf ihn nicht gewirkt.
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Erpressungsversuch mit einem Zwei-Euro-Stück
Ungewöhnlich sei allerdings schon erste Gespräch gewesen, fügte der 47-Jährige hinzu: Der Beschuldigte habe sich nicht vorstellen wollen. Schließlich habe sich dann aber ergeben, wer er war. Der Arzt erinnerte sich, den Namen in einer Dienstbesprechung gehört zu haben, wegen des Hausverbots für die Psychiatrie. Der Arzt ergänzte, der Beschuldigte habe ihm ein zwei-Euro-Stück in die Jacke gesteckt. Er habe das Geld zurückgegeben und den Vorfall als Bestechungsversuch gewertet. „So was war mir noch nie passiert“, sagte der Arzt.
Der Prozess wird fortgesetzt
Das Ziel des Beschuldigten sei aus seiner Sicht klar gewesen: „Er wollte ein Zimmer.“ Einen Grund für die Schläge hingegen wisse er bis heute nicht. An dieser Stelle meldete sich der Beschuldigte von der Anklagebank: „Sie haben geschimpft. Sie waren aggressiv“, lautete seine Erklärung. Früheren Untersuchungen zufolge soll der Mann unter der Vorstellung stehen, Mitglied einer Armee zu sein und Gedankenübertragung zu praktizieren. Er soll unter anderem wahnhaft glauben, für die Polizei zu ermitteln. Das Landgericht hat vorerst noch drei Termine für den Prozess vorgesehen.
>>>Schutz der Allgemeinheit
Wer schwere Straftaten begeht, aber das Unrecht nicht erkennen und vermeiden kann, handelt je nach dem Einzelfall schuldunfähig und wird nicht bestraft.
Stellt das Gericht eine ernste Gefahr für die Allgemeinheit fest, ordnet es die Unterbringung in einer geschlossenen Klinik an.
Die Unterbringung ist unbefristet. Patientinnen und Patienten werden regelmäßig ärztlich begutachtet. Wenn sie nicht mehr als gefährlich gelten, werden sie entlassen.