Velbert. Weil die Autoindustrie weniger Teile abnimmt, ist Zulieferer WKW in finanzielle Schieflage geraten. Auch andere Firmen berichten von Problemen.
Die Versorgungs- und Lieferengpässe machen der heimischen Industrie immer mehr zu schaffen. Das Unternehmen WKW, das in Velbert-Neviges rund 1400 Menschen beschäftigt, hat es in eine ernste finanzielle Schieflage gebracht.
Weil den Autofirmen elektronische Bauteile fehlen, werden weniger Autos gebaut. Deswegen werden auch beispielsweise weniger Zierleisten benötigt, wie sie das Unternehmen WKW fertigt. Die Mitarbeiter befinden sich nach WKW-Angaben weiter in Kurzarbeit. Nach Angaben von Firmensprecherin Monika Kocks beruhen aber die Zahlungsschwierigkeiten auf einer 100-Millionen-Euro-Investition in die Werke der Firma in Ungarn und den USA.
„Weil die Autofirma unsere Produkte nicht abnimmt, fehlen die Erlöse nun“, so Kocks. Mit den Banken habe man aber gerade einen Rettungsplan erarbeitet, so dass die Finanzierung des Unternehmens auch weiterhin gesichert scheint und eine Zahlungsunfähigkeit abgewendet werden konnte.
Bedrohliche Situation
Nach Angaben des Arbeitgeberverbandes der Metall-und Elektronindustrie haben so gut wie alle Unternehmen der Branche in Wuppertal und Niederberg mit massiven Versorgungs- und Lieferengpässen zu kämpfen. Dies bestätigt auch der 1. Vorsitzende der IG Metall Velbert, Hakan Civelek: „Dies ist eine bedrohliche Situation für viele Firmen, die an die Substanz geht.“
Lieferprobleme mit China
Nach einer aktuellen Umfrage von Metall NRW ist fast jeder Betrieb in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens betroffen und dies über alle Branchen, Betriebsgrößen und Regionen hinweg. Vier von fünf Betrieben in NRW berichteten von einer „mittleren“ oder sogar „starken“ Beeinträchtigung. Vorprodukte, Rohstoffe und Materialien seien entweder gar nicht (42 Prozent), nicht in der benötigten Menge (58 Prozent), nicht in der benötigten Zeit (92 Prozent) oder nur zu deutlich gestiegenen Preisen (89 Prozent) verfügbar. Mit den Versorgungsproblemen sind die Unternehmen im Schnitt bereits seit 5,4 Monaten konfrontiert. Allein 61 Prozent der Betriebe meldeten Lieferprobleme mit China.
„Schwerer Rückschlag“
„Diese Entwicklung ist ein schwerer Rückschlag für die eigentlich erwartete wirtschaftliche Erholung des wichtigsten Industriezweigs für unsere Region“, erklärte der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes der Metallindustrie von Wuppertal und Niederberg e.V., Michael Vitz. Ein Ende der Versorgungsengpässe sei derzeit nicht absehbar. Ein Großteil der Mitglieds-Unternehmen seien wichtige Zulieferer beispielsweise für die Kfz-Industrie.
Kosten steigen stark an
„Große Sorgen macht uns der rapide Anstieg der Kosten“, betont Michael Vitz. Die Beschaffungspreise seien im Schnitt um 38 Prozent gestiegen, jedes vierte Unternehmen habe sogar Preiszuwächse von mehr als 50 Prozent zu verkraften. Nur wenige Betriebe könnten die Preissteigerungen vollumfänglich an die Kunden weitergeben. Angesichts der großen Herausforderungen zur erfolgreichen Transformation der Industrie treffe die schlechte Versorgungslage die Unternehmen zur Unzeit“, so Vitz.
Forderungen an die Politik
Um die Auswirkungen der Engpässe abzumildern, könne auch die Politik helfen. Dazu gehörten aus Sicht der Betriebe die Optimierung der Zollabfertigung, die temporäre Aufhebung von Lkw-Fahrverboten an Sonn- und Feiertagen sowie des Nachtflugverbots für Transportflüge an betroffenen Flughäfen und die Verlängerung der Regelungen zur Kurzarbeit.
>>> Über das Unternehmen
- Die WKW Aktiengesellschaft ist eine Tochtergesellschaft der Walter Klein GmbH in Wuppertal, seit den frühen 1970er Jahren ansässig in Velbert-Neviges an der Siebeneicker Straße. Dort sind 1400 Menschen beschäftigt.
- Der Automobilzulieferer produziert Zier- und Funktionsbauteile, Dachrelingsysteme, Wärmetauschrohre für Pkw-Klimaanlagen sowie Aluminiumprofile für Industrieanwendungen. Kunden sind namhafte Autohersteller, aber auch Unternehmen wie Miele oder Bang&Olufsen.
- Der Jahresumsatz lag 2020 bei 473 Millionen Euro (coronabedingt gesunken), 2019 bei 617 Millionen Euro.