Velbert. Infektionen mit dem RS-Virus (RSV) treffen Säuglinge und Kleinkinder in diesem Jahr deutlich früher. Kinderarztpraxen in Velbert geben Hinweise.

Normalerweise breitet sich das Respiratorische Synzytial-Virus erst nach den Herbstferien aus. Doch in diesem Jahr ist Corona-bedingt wenig normal, weshalb das RS-Virus schon seit dem Spätsommer die Menschen krank macht – was vor allem für Säuglinge und Frühchen zur Gefahr werden kann. Ob Schnupfen, Husten oder Fieber: Die Sorge ist groß, der Ansturm ist größer, berichten aktuell Kinderarztpraxen aus Velbert.

Das Robert Koch-Institut (RKI) beschreibt den weltweit verbreiteten Erreger als eine akute Erkrankung der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter, wobei ältere Menschen dank ausgebildetem Immunsystem die Krankheit meist gut wegstecken.

Für Frühgeborene und Kleinkinder sei das RS-Virus dagegen am bedeutendsten, wenn der Infekt die kleinen Endbronchien entzündet und dem Immunsystem noch die Erfahrung zur Abwehr fehlt. Dann kann es zu Atemnot und Sauerstoffunterversorgung kommen. Weltweit schätzt das RKI 48,5 Fälle und 5,6 schwere Fälle bei 1000 Kindern im ersten Lebensjahr. Für die meist per Tröpfchen übertragene Infektion gelten folgende Symptome:

  • Schnupfen
  • (keuchender) Husten
  • Fieber
  • pfeifendes Geräusch beim Atmen, beschleunigte Atmung
  • starke Verschleimung
  • Appetitlosigkeit, vor allem Trinkverweigerung und Dehydration

RS-Virus normalerweise zwischen November und April ein Thema

Als RSV-Saison bezeichnet das Robert Koch-Institut in Mitteleuropa die Zeit zwischen November und April, mit einem vier- bis achtwöchigen Gipfel meist ab Januar. Gleichzeitig schreiben die Wissenschaftler: „Ihre Verbreitung in der Allgemeinbevölkerung wurde lange Zeit unterbewertet.“

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Damit dürfte es ab sofort vorbei sein, denn das RSV wie auch andere Atemwegsinfektionen treffen den Nachwuchs schon seit Wochen hart. Das Essener Elisabeth-Krankenhaus berichtete zuletzt von ersten Fällen gar schon im Juli. Axel Gerschlauer, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Nordrhein, erklärte vergangene Woche: „Viele Kinderkliniken sind bereits jetzt völlig überlastet“.

Kinderarztpraxis in Velbert: Nachwuchs vielleicht das erste Mal krank

Cordula Prisett von der Gemeinschaftspraxis Prisett/Dr. med. Dagmar Schaumann in Velbert geht auf Spurensuche. „Das Immunsystem ist nach anderthalb Jahren Corona-Maßnahmen nicht trainiert, die Kinder sind jetzt vielleicht das erste Mal krank“, sagt die Praxismanagerin. Wo im vergangenen Jahr strikter Abstand herrschte, finden sich jetzt Gruppen zusammen, ob in der Kita oder in der Grundschule. Infekte würden ausgetauscht: „Da sammeln sich die Kinder jetzt alle auf einmal ein.“ Und vom großen zum kleinen Geschwisterkind ist es in den Familien dann nicht mehr weit.

Kleine Endbronchien und ein kaum trainiertes Immunsystem: Babys sind vom RS-Virus (RSV) besonders gefährdet.
Kleine Endbronchien und ein kaum trainiertes Immunsystem: Babys sind vom RS-Virus (RSV) besonders gefährdet. © Getty Images | Zukovic

Von einem „riesigen Andrang“ spricht Prisett deshalb, vom Nachwuchs bis etwa acht Jahren mit vielen fieberhaften Infekten, teils schweren Verläufen wie Lungenentzündungen. „Enorm“ nennt den Ansturm auch Dirk Illesy, der eine Praxis in Neviges führt. Infektionen nähmen zu, das RSV stehe im Vordergrund, betont der Doktor – vom Säugling bis zum älteren Kind.

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Gleichzeitig stellt Illesy jedoch auch klar: „Nicht jede Erkrankung mit dem RS-Virus führt zu einem Krankenhausaufenthalt“. Er nimmt viel Angst bei den Eltern wahr, die Sorgen seien nicht immer berechtigt. Auch Cordula Prisett möchte beruhigen und sensibilisieren. Sie nennt längeres Fieber, fehlende Flüssigkeitsaufnahme und Luftnot als Indikatoren für ernste Verläufe.

Eltern müssten sich im Tagesverlauf vorerst auf „enorme Wartezeiten“ einstellen, betont Dirk Illesy. Sowohl er als auch Prisett gehen davon aus, dass sich die Infektionsthematik noch Monate hinzieht. Sie habe sich bei befreundeten Ärztinnen und Ärzten in Deutschland umgehört, sagt die Praxismanagerin. „Sie alle gehen davon aus, dass wir noch bis Ostern damit zu tun haben.“ Und die echte Grippewelle komme erst noch, wirft zudem der Doktor ein – und wirbt um Verständnis in anspruchsvoller Zeit: „Wir tun, was wir können.“

>> Keine wirksame Behandlung der Ursachen des RS-Virus

  • Eine wirksame Behandlung der Ursachen der RSV-Infektion existiere nicht, schreibt das RKI. Die Therapie sei symptomatisch und bestehe aus ausreichender Flüssigkeitszufuhr und dem Freihalten des Nasenrachenraums. Ruhe, gesunde Ernährung, aber auch frische Luft helfen.
  • Bei schweren Verläufen mit Einweisungen in eine Kinderklinik sind häufig Sauerstoffgaben, Atemunterstützung mit CPAP-Maske oder Intubation und Beatmung erforderlich.
  • Weitere Informationen zur Respiratorische Synzytial-Virus-Infektion (RSV) gibt es auf der Homepage des Robert Koch-Institut unter rki.de.