Essen. Infektionen mit dem RS-Virus bereiten Ärztinnen und Ärzten in Essen Sorge. Warum es besonders für Babys gefährlich ist.
Fieber, Husten, Appetitlosigkeit: Wenn Kinder diese Symptome zeigen, kann es sich um eine Infektion mit dem RS-Virus handeln. In Essen sind Kinderärzte und Eltern besorgt, denn das Virus ist viel früher unterwegs als sonst. Gefährlich werden kann eine Infektion vor allem für Säuglinge bis sechs Monaten und Frühchen.
RS-Virus trifft vor allem Säuglinge und Kleinkinder
- Das RS-Virus (Respiratorisches Synzytial-Virus) ist nach Angaben des Robert-Koch-Instituts weltweit verbreitet.
- Infektionen erfolgen über Tröpfchen, also zum Beispiel beim Niesen oder Husten.
- Laut RKI ist das Virus „einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen, insbesondere Frühgeborenen und Kleinkindern“.
- In Mitteleuropa ist die Inzidenz von November bis April am höchsten.
Im Elisabeth-Krankenhaus in Essen werden derzeit zwölf Kinder behandelt, die sich mit dem Virus angesteckt haben. Schon ab Juli hatten die Ärztinnen und Ärzte das Virus dort nachgewiesen. „Es ist ein früherer und heftigerer Start als in anderen Jahren“, sagt Krankenhaus-Sprecherin Dorothee Renzel. „Irritierend ist, dass das Virus schon bei den aktuellen Temperaturen in Umlauf ist.“ Typische Symptome sind Husten, Fieber und Appetitlosigkeit, kommt es gar zu Nahrungsverweigerung und Atemnot, müssen die jungen Patienten stationär behandelt werden.
Üblicherweise taucht das Virus erst in den kalten Wintermonaten auf, doch in diesem Jahr haben Praxen und Kliniken schon jetzt oft damit zu tun. „Es ist viel früher als sonst und es ist ein Problem in ganz Deutschland, das bestätigen mir Kollegen, zum Beispiel aus München“, sagt Christian Dohna-Schwake, Professor und Leitender Oberarzt für pädiatrische Intensivmedizin in der Essener Uniklinik. „Wir sehen viele Kinder mit Atemwegsinfektionen.“ Einen Grund sieht er in der Corona-Pandemie beziehungsweise dem Lockdown im vergangen Winter – damals haben sich andere Viren, also auch das RS-Virus viel weniger verbreiten können und demnach ist das Immunsystem vieler Kinder nicht darauf eingestellt.
RS-Virus: Kleine Patienten in Essener Kliniken
Dorothee Renzel aus dem Elisabeth-Krankenhaus erklärt: „Die Bronchien sind mit Schleim verstopft und es kommt nicht genug Sauerstoff in die Lungen.“ Dann kann eine Sauerstoffgabe nötig sein, eventuell auch eine Inhalation mit Kochsalzlösung oder in schlimmen Fällen die Ernährung per Magensonde. „Je kleiner die Patienten sind, desto kränker sind sie“, sagt Renzel. „Vor allem für Kinder unter sechs Monaten ist das Virus gefährlich.“ Ebenso für Säuglinge, die vor der 32. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekommen sind. Ihren Familien wird eine Immunisierung im ersten Winter angeboten, dann bekommen die Babys monatlich eine Spritze.
Die meisten Säuglinge und Kinder hingegen sind nicht geschützt, denn einen Impfstoff gegen das Virus gibt es noch nicht, auch wenn daran geforscht wird. Und die passive Immunisierung, die unter anderem Frühchen bekommen, schützt lediglich sie als Risikopatienten vor einem schweren Verlauf mit Einweisung ins Krankenhaus. „Wenn man es mit der Corona-Impfung vergleicht, ist der Effekt deutlich geringer und der Aufwand größer“, sagt Dohna-Schwake aus der Uniklinik. Sicher schützen könnte demnach nur ein Lockdown, aber der sei den Kindern nicht zuzumuten, zumal der Großteil der Kinder eine Infektion gut verkrafte.
Sorge vor Bettenknappheit in Kinderkliniken im Winter
Gefährlich kann eine solche im ersten Lebensjahr werden, vor allem in den ersten Monaten. „In der Regel ist es so, dass größere Geschwisterkinder das Virus aus der Kita mitbringen“, sagt Renzel. Das jüngste betroffene Baby im Elisabeth-Krankenhaus sei gerade einmal fünf Wochen alt. Im Uniklinikum müssten ein Säugling und ein Kleinkind intensivmedizinisch versorgt werden – beide sind vorerkrankt. Durchschnittlich sieben Tage bleiben Babys nach Renzels Angaben im Krankenhaus, wenn sie wegen des RS-Virus stationär behandelt werden müssen.
Noch sind ausreichend Betten verfügbar, doch auch jetzt gebe es schon Tage, an denen das Team im Ruhrgebiet herumtelefonieren müsse, um einen Platz zu finden, sagt Oberarzt Dohna-Schwake. Man werde nun weiter die Infektionszahlen beobachten, im Notfall müssten im Winter planbare Operationen verschoben werden.