Langenberg/Neviges. Raserei auf der Nordrather Straße zwischen Velbert-Neviges und Langenberg – für die Anwohner ein leidiges Thema. Polizei und Stadt äußern sich.

Die lange Gerade ist gut zu sehen, aus der Rechtskurve heraus beschleunigt der Motorradfahrer. Der Wagen vor ihm – kein Hindernis, eben mal überholen. Doch dann bremst der Wagen plötzlich ab und biegt links in die Grundstückseinfahrt ab. Der Biker reagiert zwar, kann aber die Maschine nicht mehr kontrollieren, kommt von der Straße ab und landet im Vorgarten eines Hauses.

Das ist mein Horror-Szenario“, sagt Sascha Cybulski. Der junge Mann wohnt mit Frau und zwei Kindern im dritten Jahr an der Nordrather Straße. Und auch er ärgert sich inzwischen über zahlreiche Raser, die die relativ frisch sanierte Landstraße zwischen Neviges und Langenberg gerne für sich nutzen.

Regelmäßige Beschwerden

Dieser Appell der Anwohner verhallt bei vielen Auto- und Motorradfahrern ungehört, sagt Sascha Cybulski. „Das ist hier manchmal wie am Nürburgring“, sagt der Anwohner der Nordrather Straße.
Dieser Appell der Anwohner verhallt bei vielen Auto- und Motorradfahrern ungehört, sagt Sascha Cybulski. „Das ist hier manchmal wie am Nürburgring“, sagt der Anwohner der Nordrather Straße. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

„Es ändert sich aber einfach nichts“, klagt Cybulski. Regelmäßig würden sich Anwohner beschweren, „aber nichts tut sich“. Dass bislang keine schlimmeren Unfälle passiert seien, sagt Cybulski, liege daran, „dass wir Anwohner extrem vorsichtig sind. Wir wissen ja, wie gerne hier schnell gefahren wird.“

Die Straßenführung, erläutert Sascha Cybulski, böte sich aber auch einfach an: „Wer vom Ibach hier herunter fährt, sieht schon die lange Gerade und auch, ob viel Verkehr herrscht.“ Aus der leichten Rechtskurve heraus könne man dann wunderbar beschleunigen.

Wanderer sind gefährdet

An dieser Stelle nutzen Wanderer den Randbereich, die auf dem Neanderlandsteig unterwegs sind. Diese Unfallspuren zeigen, dass es für Fußgänger gefährlich werden kann.
An dieser Stelle nutzen Wanderer den Randbereich, die auf dem Neanderlandsteig unterwegs sind. Diese Unfallspuren zeigen, dass es für Fußgänger gefährlich werden kann. © Sascha Döring

„Das ist dann wie am Nürburgring – nicht nur vom Tempo her, sondern auch von der Lautstärke.“ Inzwischen sei die Lage so gefährlich, „dass wir selbst kurze Strecken mit dem Auto fahren und nicht zu Fuß an der Straße lang gehen“, sagt Cybulski. Etwa zu seinen Eltern – und die wohnen lediglich 300 Meter weiter.

„Auch für Wanderer ist das hier sehr unangenehm“, sagt der junge Mann. Denn entlang der Nordrather Straße führt ein Stück des Neanderlandsteigs – aber einen Bürgersteig gibt es nicht, Wanderer sind auf der Straße unterwegs. „Das grenzt an Glück, dass da noch keiner von einem Raser erwischt worden ist“, sagt Cybulski.

Was helfen könnte? „Mobile Blitzer“, sagt er, „feste lassen sich zu leicht umgehen.“ Und vielleicht die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h senken, zusätzlich Straßeneinbauten vornehmen, damit Auto- und Motorradfahrer abbremsen müssen.

Stadt für Verkehrsregeln zuständig

Zuständig dafür wäre die Straßenverkehrsbehörde der Stadt Velbert – zumindest für das Tempolimit. Bauliche Veränderungen fallen in den Bereich des Landesbetriebs Straßenbau NRW, da die Nordrather Straße eine Landesstraße ist.

Doch die sieht aktuell keinen Handlungsbedarf. Nachdem die L 433 (Donner-/Nordrather Straße) in den Jahren 2014 und 2015 durch den Landesbetrieb Straßen NRW vollständig saniert worden sei, habe die überörtliche Unfallkommission (s. Infokasten) im Jahr 2016 alle dort vorhandenen Verkehrsregelungen sowie den Beschilderungsbestand auf Aktualität und Notwendigkeit überprüft.

Stadt sieht keinen Grund für ein Tempolimit

Immer wieder landen an der Nordrather Straße Autos oder Motorräder in einem der angrenzenden Felder. Diese Aufnahme stammt aus dem Jahr 2014. „Nicht alle melden den Unfall der Polizei, sondern rufen direkt den Abschlepper“, hat Anwohner Sascha Cybulski festgestellt. Dadurch landen solche Unfälle auch nicht in den offiziellen Statistiken.
Immer wieder landen an der Nordrather Straße Autos oder Motorräder in einem der angrenzenden Felder. Diese Aufnahme stammt aus dem Jahr 2014. „Nicht alle melden den Unfall der Polizei, sondern rufen direkt den Abschlepper“, hat Anwohner Sascha Cybulski festgestellt. Dadurch landen solche Unfälle auch nicht in den offiziellen Statistiken. © WAZ FotoPool | Uwe Möller

Maßgebliche Richtschnur für die Entscheidungen der Kommission seien dabei die Paragrafen 39 und 45 der Straßenverkehrsordnung, wonach insbesondere „den fließenden Verkehr beschränkende Verkehrszeichen nur dort und in dem Umfang angeordnet werden dürfen, wo eine über das allgemeine mit dem Verkehrsgeschehen verbundene Maß hinausgehende Gefahrenlage dies zwingend erfordert.“

Bei der Nordrather Straße handele es sich um freie Strecke einer Landesstraße, „die aufgrund des Außenbereichscharakters nur in geringem Maß von angrenzender Bebauung gesäumt ist“, erläutert Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach auf Nachfrage der WAZ. „Weder die allgemeine Verkehrslage und -dichte, die im Jahr 2017 durch eine Verkehrszählung überprüft wurden, noch die durch die Polizei gemeldete Unfallsituation rechtfertigen dort bislang eine durchgehende Geschwindigkeitsbeschränkung.“

Die Stadt Velbert sieht keinen Anlass, an der bestehenden Temporegelung etwas zu ändern.
Die Stadt Velbert sieht keinen Anlass, an der bestehenden Temporegelung etwas zu ändern. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Die Straßenverkehrsbehörde werde die vorgelegte Anfrage jedoch zum Anlass nehmen, eine Stellungnahme der Polizei zur aktuellen Unfalllage einzuholen.

Polizei überwacht den Verkehr

Auch der Polizei ist die Situation auf der Landstraße bekannt, sagt Sprecher Daniel Uebber. „Die ist landschaftlich schön gelegen und beliebtes Ausflugsziel für Fahrer aus ganz NRW“, bestätigt er eine Feststellung von Sascha Cybulski, dem vermehrt Fahrzeuge mit ortsfremden Kennzeichen aufgefallen sind.

Die Polizei führe an der Straße „die ganz normale Überwachung durch“, erläutert Uebber. Vor allem Kradfahrer seien im Visier der Beamten. „Die Geschwindigkeitskontrollen übernimmt hauptsächlich die Stadt Velbert“, sagt der Polizeisprecher, der bestätigt. dass es „vor Kurzem eine Eingabe von Anwohnern zu dem Thema“ gegeben habe. Dem werde die Behörde natürlich nachgehen.

Sascha Cybulski jedenfalls hofft, dass die Anwohner auch weiterhin so besonnen reagieren und mit dem Fehlverhalten der anderen Autofahrer rechnen. „Ich hoffe“, sagt er, „dass hier nicht erst etwas wirklich Schlimmes passieren muss.“

Die Unfallkommission

Auf der Nordrather Straße befindet sich laut Stadt Velbert „eine ehemalige Unfallhäufungsstelle.“ Daher werde in alle Entscheidungen über verkehrsregelnde Maßnahmen die so genannte überörtliche Unfallkommission (üUK) einbezogen.

Diese üUK bestehet aus Vertretern der Kreispolizeibehörde Mettmann, des Landesbetriebes Straßen NRW, des Kreises Mettmann sowie der Verkehrsbehörde der Stadt Velbert.