Neviges. Pfingsten ohne Schützenfest – das war vor Corona undenkbar. Schon zum zweiten Mal bleibt der Vogel am Wochenende in den Vereinen unangetastet.

Ja, es kribbelt ordentlich in den Fingern. Sowohl bei Karsten Schulz, stellvertretender Vorsitzender der Hardenberger Schützen in Neviges, als auch nebenan in Tönisheide bei Herbert Leonhardt, Pressesprecher des Schützenvereins Kleine Schweiz. Pfingsten ohne Schützenfest – das hätte sich in beiden Vereinen keiner je vorstellen können. Doch dieses Jahr Pfingsten bleibt der Vogel schon zum zweiten Mal unangetastet. Und regieren, wenn es nichts zu regieren gibt, macht auch keinen rechten Spaß. Sebastian II. und Janette I. bleiben zwar bei den Hardenbergern genauso weiter Königspaar wie Bernhard I. mit Britta I. beim SV Kleine Schweiz – aber das kann die Laune kaum heben. „Unser König ist schon enttäuscht. Er wollte noch so viel machen für den Verein“, sagt der Tönisheider Herbert Leonhardt.

Vereinsleben ist lahm gelegt

Ihre Vögel bleiben im Schrank: Reinhold Martin (l.) und Karsten Schulz vom Schützenverein Hardenberg bringen die guten Stücke jedes Jahr wieder in Schuss.
Ihre Vögel bleiben im Schrank: Reinhold Martin (l.) und Karsten Schulz vom Schützenverein Hardenberg bringen die guten Stücke jedes Jahr wieder in Schuss. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Kein Schützenfest zu Pfingsten, das sei ja schon schlimm genug. Was den Mitgliedern noch mehr zu schaffen macht: Die Bestimmungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie legen auch das Vereinsleben komplett lahm. „Im Moment geht gar nichts. Wir schießen ja nicht nur, wir treffen uns vor allem auch, um gemeinsam Spaß zu haben“, ergänzt Karsten Schulz von den Hardenbergern. Geselligkeit und Tradition würden groß geschrieben an der Schützenhalle Elberfelder Straße. Und um die Tradition, da macht sich Karsten Schulz ein wenig Sorgen.

Sorge um die Tradition

Traditionell und modern

Der Hardenberger Schützenverein wurde 1656 gegründet und gehört somit zu den ältesten in Deutschland. Zurzeit hat der Verein 270 Mitglieder. Das Schützenhaus liegt an der Elberfelder Straße 145, es ist gegliedert in Schießstand und Gaststätte.

Der SV Kleine Schweiz besteht seit 1923 und hat zurzeit 50 Mitglieder. Der Schießstand liegt auf dem Gelände der Getränkehandlung Peibst, Nevigeser Straße 225. Hier dürfen auch Frauen auf den Vogel schießen und Königin werden.

„Ich habe schon etwas Angst, dass uns die Leute wegbleiben. Die Sportschützen, das ist nicht das Problem. Wer gerne schießt, der kommt wieder.“ Und engagierte Sportler gebe es in dem Verein viele, wie etwa seine Tochter Alina, die als Kronprinzessin auch weiterhin zum Hofstaat gehört. Es seien vielmehr jene Mitglieder, die einfach mal zum klönen vorbei kommen, die aber für die Atmosphäre in einem Verein immens wichtig seien, um die sich Schulz sorgt. „Nicht, dass die sich daran gewöhnen, schön bequem zu Hause zu bleiben.“ Aber andererseits könne auch das Gegenteil eintreten: „Vielleicht haben wir ja auch Glück und die Leute kommen danach doppelt wieder.“

Treffpunkt für Familien

Auch bedauern die zwei Schützen, dass so beliebte Programmpunkte wie das Ostereier- oder Kartoffelschießen in ihren Vereinen schon zwei Mal ausfallen mussten. Denn dadurch seien auch immer Interessierte angelockt worden, die sonst nicht unbedingt den Weg zum Schützenverein gefunden hätten. Ganze Familien hätten hier ihren Spaß, man habe alte Bekannte wiedergesehen, vielleicht später sogar eine Mitgliedschaft abgeschlossen. Karsten Schulz: „Gerade beim Kartoffelschießen hatten wir auch immer viele Leute von außen dabei.“ Auch die Möglichkeit, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, liegt auf Eis.

Bleibt nur das Warten auf sinkende Infektionszahlen. Der Tönisheider Herbert Leonhardt vermisst vor allem auch den Austausch der Vereine untereinander. „Normalerweise trifft man sich ja so vier bis fünf Mal im Jahr. Bei uns gibt es auch sportlich kein Gegeneinander, sondern nur ein Miteinander, man freut sich auch über den Erfolg der anderen.“ Im Jahr 2023 wird sein SV Kleine Schweiz 100 Jahre alt. „Dann hauen wir ordentlich auf die Pauke, bis dahin soll das ja wohl gehen.“