Velbert. Die Betriebskosten für die 48 Kitas in Velbert summieren sich auf 28,5 Millionen Euro im Jahr. Eltern müssen bald nichts mehr dazu beitragen.

Den fast fertigen Umbau der ehemaligen Berufsschule an der Lindenstraße eingerechnet, gibt es in Velbert 48 Kindertagesstätten mit insgesamt 3082 Plätzen. Deren Gesamt-Betriebskosten belaufen sich auf das Haushaltsjahr 2022 bezogen und gerechnet nach dem NRW-Kinderbildungsgesetz (KiBiz), das hierzulande die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der Betreuung in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege regelt, auf 28,5 Millionen Euro. 17,9 Millionen gibt das Land, die verbleibende Lücke von gut zehn Millionen Euro muss die Stadt irgendwie aus allgemeinen Haushaltsmitteln schließen. Denn die Elternbeiträge sind mit Beginn des Kita-Jahres 2021/22 komplett gestrichen. Macht in 2022 einen Ausfall in Höhe von 1,5 Millionen. Soweit der Ausblick aufs nächste Jahr anhand der offiziellen Zahlen der Fachverwaltung.

Es gibt nichts zum Kompensieren

Jürgen Mutz, stv. Fachbereichsleiter Jugend, Familie und Soziales, und Ingrid Treitz (Stabsstelle Jugendhilfeplanung) erläuterten auf WAZ-Anfrage die Kostenstruktur und den Stand des Ausbaus der Kita-Plätze.
Jürgen Mutz, stv. Fachbereichsleiter Jugend, Familie und Soziales, und Ingrid Treitz (Stabsstelle Jugendhilfeplanung) erläuterten auf WAZ-Anfrage die Kostenstruktur und den Stand des Ausbaus der Kita-Plätze. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

„Im Kita-Bereich selbst gibt es keine Kompensationsmöglichkeiten“, sagte Jürgen Mutz auf Nachfrage. An der Ausstattung könne man kaum etwas drehen, und sie sei ohnehin Sache des jeweiligen Trägers. Das ist die Stadt bloß in fünf Fällen. Die Maximalgrößen der Gruppen seien festgeschrieben, beim Personal existierten ebenfalls Mindest-Standards, so der stv. Fachbereichsleiter (Jugend/Familie/Soziales) weiter.

Mehrheitsbeschluss des Sechserbündnisses

Den Mehrheitsbeschluss, die Elternbeiträge ab 2021/22 abzuschaffen, hatte Ende Februar im Rat das Sechserbündnis aus Grünen, SPD, UVB, FDP, Piraten und Linken getroffen. Das sei ein notwendiger Beitrag zur kostenlosen Bildung und eine Entlastung junger Familien in der Corona-Krise, lautete die Begründung der Antragsteller. Trotz sozialer Staffelung würden einkommensschwächere Eltern stärker belastet. In der Ratssitzung wurde der Wegfall noch für dieses Etatjahr mit 875.000 und für das kommende mit 1,75 Millionen Euro beziffert. Im Stadtrat wurden (nicht nur zum Kita-Thema) auch Maßnahmen für eine Gegenfinanzierung beschlossen; „die dadurch erzielten Minderausgaben gleichen die Mehrausgaben unserer anderen Anträge annähernd aus...“, hieß es seitens der Sechs.

Ein lang verfolgtes Ziel durchsetzen

„Wir Grüne wollten das ja schon immer durchsetzen“, sagt Esther Kanschat, hier in einer Ratssitzung im Historischen Bürgerhaus Langenberg.
„Wir Grüne wollten das ja schon immer durchsetzen“, sagt Esther Kanschat, hier in einer Ratssitzung im Historischen Bürgerhaus Langenberg. © RGB/RGB

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„Bei vielen Familien ist zum Beispiel die finanzielle Situation durch Kurzarbeit angespannt“, erklärte Esther Kanschat gegenüber der WAZ zu den Beweggründen. Familien mit Kindern seien nicht nur psychisch angeschlagen, wüssten oft nicht, wie und ob es überhaupt beruflich weitergehe, so die stv. Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen. Wenn man sie finanziell entlaste, sinke dadurch auch der gesamte Druck. „Wir Grüne wollten das ja schon immer durchsetzen“, sagt sie und meint die Abschaffung der Gebühren, für die vor Ort übrigens auch die Linke schon wiederholt geworben hat. „Letztlich standen aber alle sechs Fraktionen dahinter.“ Durch das völlige Streichen würden zudem im Rathaus Mitarbeiter für andere Aufgaben frei; das seien zweieinhalb Stellen.

500 Plätze in fünf Jahren

Die rundumbunte Kita an der Brangenberger Straße ist ein wichtiger Baustein in dem Kita-Ausbauprogramm.
Die rundumbunte Kita an der Brangenberger Straße ist ein wichtiger Baustein in dem Kita-Ausbauprogramm. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Wenn die aktuell projektierten neuen Kitas fertiggestellt seien, habe man binnen fünf Jahren stadtweit 500 zusätzliche Plätze geschaffen, bilanziert Gerno Böll. Das sei nach den U 3-Maßnahmen das zweite große Ausbauprogramm vor Ort. Nach Auskunft des Fachdezernenten schlägt eine neue Gruppe mit 20 Plätzen rein investiv mit rund 600.000 Euro zu Buche bzw. pro Kopf mit 30.000 Euro. „Wir haben jede Stelle besetzt und hatten auch keine Probleme gutes Personal zu finden“, berichtet Böll ergänzend zu der Besetzung der beiden Kitas Brangenberger Straße („Rundumbunt“) und Lindenstraße („Rapunzel“).

Sehr große Entlastung bei kleinen und mittleren Einkommen

Nach Auskunft von Jürgen Mutz kostet ein Kita-Kind – wohlgemerkt rein rechnerisch im Durchschnitt – 9247 Euro pro Jahr. Bei der Gebühren-Staffelung habe Velbert im Gegensatz zu „fast allen anderen Städten“ für U 3 bewusst keine höheren Beiträge erhoben, um hier keine Hemmschwelle zu schaffen. Das sei auch Wunsch der Politik gewesen. Andererseits habe es hinsichtlich des Höchstbeitrages für über Dreijährige und Gutverdiener durchaus Städte gegeben, die vergleichsweise „günstiger“ gelegen hätten. „Wir hatten hier schon vorher eine sehr große Entlastung bei kleinen und mittleren Einkommen“, resümiert Gerno Böll abschließend.

Neviges braucht vielleicht weitere Kita

Wenn alle Projekte abgeschlossen sind, was etwa Ende 2022 der Fall sein wird, sind wir in Velbert-Mitte gut aufgestellt“, beurteilt Sigrid Treitz (Stabsstelle Jugendhilfeplanung) die Versorgung mit Kita-Plätzen. In Langenberg habe man – nicht zuletzt dank Erweiterungen mit Hilfe von Bau- und Wohnwagen – schon jetzt eine gute Versorgungssituation.

Neviges müssen wir aber weiter im Blick behalten“, sagt Treitz. Hier werde man bei der jährlich wiederkehrenden Kita-Bedarfsplanung prüfen, ob in diesem Stadtbezirk ggf. eine weitere Einrichtung erforderlich sei.