Velbert. Seit dem 21. September wird in der Velberter Behindertenwerkstatt am Flandersbacher Weg wieder gearbeitet. Aufträge kommen von namhaften Firmen.

Dragana strahlt über das ganze Gesicht, glücklich wirkt die junge Serbin, während sie eine kleine Feder über einen Pin in ein kleines weißes Röhrchen steckt. „Weißt du, was das ist?“, fragt sie und strahlt weiter, „wenn du einen Staubsauger hast, dann weißt du es.“ Ihre rechte Hand greift in eine kleine Kiste, sie nimmt einen weißen Deckel und verschließt damit das Röhrchen. „Hiermit wird angezeigt, wenn der Staubsaugerbeutel voll ist.“ Immer wieder greift die 23-Jährige zu den Einzelteilen und verbaut sie genauso wie vorgeben.

Qualifizierung im Berufsbildungsbereich

Sofian arbeitet mit Zange und Draht. Die filigrane Arbeit schult auch die Feinmotorik.
Sofian arbeitet mit Zange und Draht. Die filigrane Arbeit schult auch die Feinmotorik. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Normalerweise sind das einfache Handlungsabfolgen. Für Dragana und die anderen jungen Menschen in der kleinen Halle aber bedeuten solche Arbeitsabläufe mitunter eine echte Herausforderung. Fast alle kommen von Förderschulen für geistige Entwicklung, hier in den Behindertenwerkstätten am Flandersbacher Weg durchlaufen sie gerade eine zweijährige Qualifizierung im Berufsbildungsbereich, lernen Arbeitsabläufe und verschiedene Tätigkeiten kennen.

Viele nehmen wegen Corona ihren Urlaub

330 Menschen mit geistiger Behinderung arbeiten normalerweise hier. Nachdem coronabedingt im Frühjahr geschlossen werden musste, ist die Werkstatt für geistig Behinderte seit dem 21. September wieder im Regelbetrieb – zumindest offiziell. „Derzeit sind 61 Mitarbeiter im Urlaub, das ist viel“, erklärt der Pressesprecher der Werkstatt für Behinderte (WFB), Norbert Stevens. Andere sind krankgeschrieben oder können aus anderen Gründen noch nicht zurück an den Arbeitsplatz kommen.

Behinderte gehören zur Risikogruppe

Behinderte gehören häufig zur Risikogruppe, geistige Behinderungen gehen oft mit körperlichen Einschränkungen einher. Kein Wunder also, dass im Werkstattbetrieb akribisch auf die Schutzmaßnahmen und das Hygienekonzept geachtet wird. „Die Pausenzeiten sind nochmals gesplittet worden, sodass weniger Menschen in den Essensräumen zusammentreffen“, erklärt Stevens, zudem würde neben den neu angebrachten Plexiglasscheiben auch auf Mindestabstand und das Tragen von Masken außerhalb des Arbeitsplatzes geachtet werden.

Aufeinander acht geben

„Naja, manchmal klappt das nicht so richtig“, erklärt Petra Rybacki mit einem Augenzwinkern, „manche vergessen es oder wollen gerade mal nicht ihre Maske aufsetzen, aber dann sind sofort die anderen da und weisen auf die Pflicht hin, sie achten schon sehr aufeinander.“ Die Gruppenleiterin betreut derzeit die Fertigungsabläufe für den seit 2008 bestehenden Großauftrag des Velberter Staubsaugerherstellers Sebo. Tag für Tag werden hier Staubsaugerdüsen aus 147 Einzelteilen montiert.

Gewissenhaftes Arbeiten

Andreas Heidel ist für die Endabnahme verantwortlich. Der Rollstuhlfahrer dreht und wendet eine der Düsen mit seiner linken Hand, der rechte Arm hängt seitlich am Körper herunter. Alles wird genauestens überprüft – das Gelenk, die Bürste, der Schieber. Erst dann gibt er die Düse frei zur Verpackung. „Viele glauben, wir basteln hier und produzieren Ramsch“, weiß Norbert Stevens, „aber man sieht, hier wird für namhafte Unternehmen wie eben Sebo oder auch Puky wirklich hochprofessionelle Arbeit geleistet.“

Vorteile für Unternehmen

Weg in den ersten Arbeitsmarkt soll geebnet werden

Eins der Ziele von Behindertenwerkstätten ist es, Mitarbeiter für den ersten Arbeitsmarkt zu generieren. Angedacht ist eine Quote von rund drei Prozent. Norbert Stevens weiß aus Erfahrung: Mehr als ein Prozent ist nicht erreichbar.

Und selbst da gibt es schon mal Probleme: „Oftmals fühlen sich unsere Mitarbeiter an ihrem neuen Arbeitsplatz unwohl oder schlicht überfordert und kommen dann zu uns zurück. Das ist vertraglich auch so geregelt.“

Dass Unternehmen Aufträge an die Behindertwerkstätten vergeben, hat unterschiedliche Gründe: Zum Einen wird hier teilweise kostengünstiger als bei der Konkurrenz gefertigt. „Ein weiterer Grund kann auch der sein, dass die Firmen, die Aufträge an unsere Werkstätten vergeben, keine schwerbehinderten Menschen mehr einstellen müssen. Und ganz sicher tun es auch einige, weil sie damit schlicht Gutes tun.“