Neviges. Die Nachfolger der Franziskaner wollen das Kloster für die Nevigeser öffnen. Auch sonst haben die Abbés der Gemeinschaft St. Martin einiges vor.
Sie freuen sich riesig auf ihre neue Aufgabe. Auf Gottesdienste für die ganze Familie, Aktionen für Kinder. Auf fröhliche Treffen mit Nevigesern im Refektorium, dem ehrwürdigen Speisesaal des Klosters. Sogar Konzerte können sie sich hier vorstellen. „Wir hoffen, dass wir ein bisschen von unserer Dynamik abgeben können“, sagt Abbé Phil Dieckhoff und strahlt dabei übers ganze Gesicht. Das tut er fast immer bei diesem Gespräch, und auch Abbé Thomas Diradourian hat ausgesprochen gute Laune. Die Geistlichen der französischen Glaubensgemeinschaft St. Martin, die ab September als Nachfolger der Franziskaner die Geschicke der Katholischen Kirchengemeinde Maria, Königin des Friedens lenken, waren auf Stippvisite in ihrer neuen Heimat. Dass sie dabei auch gleich zwei Kitas besuchten, ist kein Zufall.
Familiengottesdienste sind wichtig
„Kinder sind ein Schatz“, sagt Abbé Thomas, früherer Wallfahrtsleiter in Le Puy-en-Velay in der Auvergne. Auch in Neviges wird er künftig Wallfahrt und Pfarrei leiten. Und diesen Schatz Kinder wolle man hüten und pflegen. „Familiengottesdienste sind uns sehr wichtig.“ Die Herzlichkeit aller Mitarbeiterinnen sowohl in der Kita St. Mariä Empfängnis als auch in der Kita St. Antonius in Tönisheide habe sie sehr berührt. Heike Land, Leiterin der gegenüberliegenden Einrichtung St. Mariä Empfängnis, spielt den Ball gern zurück. „Doch, die sind wirklich richtig nett.“ Dass die neuen Klosterbrüder im wahrsten Sinne des Wortes auf Menschen zugehen, hat Abbé Thomas auch gleich bewiesen.
Mehrere Treffen mit der Gemeinde
Als eine Frau unvermittelt ihren Wagen am Kloster stoppt, die Wagentür aufreißt und „Haaallooo“ den neuen Priestern zuwinkt, da sucht er gleich das Gespräch. „Die Dame hatte mir schon mehrmals geschrieben“, erzählt er später. Einen wichtigen Teil der Gemeinde, den Pfarrgemeinderat, hat das Trio – Abbé Ignace Duchatel ist bei diesem Besuch jetzt nicht dabei – schon am 12. Juni kennengelernt. „Wir wurden so nett empfangen, ja, die Leute freuen sich wohl auf uns. Man spürt das Vertrauen.“ Bei ihrem jetzigen Besuch gab es mit Verwaltungsleiterin Andrea Rehrmann noch einiges zu besprechen, man lernte auch die Küster kennen. Dienstbeginn ist am 1. September.
Anreise aus Ostwestfalen
Zur Stippvisite reisten Abbé Phil und Abbé Thomas übrigens nicht aus Frankreich, sondern aus dem ostwestfälischen Rheda an, hier unterstützen sie momentan einen befreundeten Pfarrer. Viel Zeit zum Sightseeing blieb ihnen in Neviges nicht, aber natürlich schaute man sich auch wieder in den Dom. „Als ich ihn das erste Mal sah, da stand ich mit offenem Mund davor“, erinnert sich der gebürtige Aachener Abbé Phil (34), der in Paderborn im Fach Ökumene promoviert. „Von außen, ja, das fand ich ihn schon brutal. Aber drinnen strahlt er eine große Frömmigkeit aus, wirkt sehr heimelig.“
Ihre Zimmer werden renoviert
Feierliche Amtseinführung
Am 27. September sollen die drei Abbés feierlich in ihr Amt eingeführt werden. Die Gemeinschaft Sankt Martin ist kein Orden, sondern eine Vereinigung päpstlichen Rechts. Sie wurde 1976 gegründet, das Mutterhaus ist Evron ist Westfrankreich.
Das Durchschnittsalter der 115 Priester liegt bei 34 Jahren. Neviges ist der erste deutsche Standort.
Ihre Zimmer im Kloster haben sich die beiden auch schon ausgesucht, die Auswahl sei ja groß. „Sehr schön, sie werden gerade renoviert.“ Wichtig sei ihnen auch ein „gemütlicher Gemeinschaftsraum“, so Abbé Thomas, der zwar leidenschaftlich gern kocht, aber, so befürchtet er, nicht die nötige Zeit haben wird, um täglich für das Trio zu sorgen. Der „leidenschaftliche Priester und Lithurgie-Kenner“, wie er sagt, wolle sich ganz seiner Berufung widmen. In seiner Freizeit lese er gern, vor allem geschichtliche Themen.
Konzerte im ehrwürdigen Speisesaal
An der Schönheit des Klosters wollen die drei Abbés künftig auch die Nevigeser teilhaben lassen. „Wir verstehen uns ja als Gemeinschaft, wir kennen keine Klausur“, sagt Abbé Phil und strahlt einmal mehr. „Wir wollen die Menschen einbeziehen in die große Familie der Pfarrei.“ Da Nummer drei im Team, Abbé Ignace Duchatel, ein „begnadeter Musiker“ sei, und Cello, Posaune und Trompete beherrsche, könne man sich auch Konzerte im Kloster vorstellen. Abbé Ignace (44), stammt aus Brüssel, studierte unter anderem in Göttingen und arbeitete zunächst als Rechtsanwalt, bevor er sich 2011 zum Priester weihen ließ. Auch der Innenhof sei reizvoll. „Etwas kahl, aber daraus kann man was machen.“
Hochachtung vor den Franziskanern
Bei allen dreien, so Abbé Phil, der in seiner Freizeit gern reitet und dieses Hobby auch hier pflegen möchte, stehe stets der Mensch im Mittelpunkt. Ihm persönlich liege vor allem auch die Ökumene am Herzen. Sie seien sich bewusst, welches Erbe sie in Neviges antreten. Abbé Phil: „Wir stehen mit Hochachtung vor 350 Jahren Franziskanergeschichte. Genau da wollen wir auch weitermachen.“