Neviges. . Neviges ohne die Franziskaner – das können sich viele Bürger nicht vorstellen. Die drohende Klosterschließung war Thema auf dem Wochenmarkt.
Peter Neureiter versteht die Welt nicht mehr: „Sind jetzt alle verrückt geworden? Himmel, Herrgott, was für ein Wahnsinn, ich habe das heute gelesen.“ Empörung, Entsetzen, ungläubiges Staunen: Die Nachricht, dass das Kloster in Neviges auf der Liste jener Franziskanerklöster steht, über deren Schließung das Provinzkapitel nachdenkt, war das Thema Nummer Eins auf dem Wochenmarkt. „Ich kann mir das gar nicht vorstellen, wie soll das denn gehen? Eine Wallfahrt ohne Kloster?“
„Die da unten kennen uns hier doch gar nicht“
Der Nevigeser schüttelt mit dem Kopf. „Das Kloster, der Pilgersaal, der Dom, das ist doch ein Ensemble, das gehört zusammen.“ Die endgültige Entscheidung steht noch aus und liegt in den Händen der Provinzleitung in München. Doch dass 90 Franziskanerbrüder im bayerischen Vierzehnheiligen neben sechs weiteren Standorten auch den Wallfahrtsort Neviges ins Auge gefasst haben, macht Neureiter wütend: „Die da unten kennen uns hier doch gar nicht.“
„Das Kloster ist die Seele von Neviges“
Ellen Blaudszun kann nicht glauben, was sie in der Zeitung las. „Ich bin sowas von entsetzt, das gibt es doch gar nicht. Dann haben wir hier ja gar nichts mehr.“ Sichtlich betroffen ist auch Gabriele Pohley: „Das wäre eine Katastrophe. Ohne das Kloster ist Neviges tot.“ Die Schließung vieler traditionsreicher Geschäfte und Cafés wie des Kaufhauses Gassmann und der Konditorei Paas sei ja schon schlimm genug. „Aber das Kloster, die Franziskaner, das ist die Seele von Neviges.“
Zu dem berühmten Dom gehört auch ein Kloster
Das sieht Lothar Jäger ein wenig nüchterner: „In den letzten Jahren hat man die ja kaum hier in der Stadt gesehen.“ Aber, so schränkt er ein, „sie gehören natürlich schon zu Neviges, keine Frage.“ Findet auch Otto Rasch, der die Nachricht kaum glauben mag: „Ich bin sehr betroffen und hoffe sehr, dass die Brüder uns erhalten bleiben. Wir haben den großen, berühmten Dom und dann soll das Kloster dicht gemacht werden? Das vereinbart sich doch nicht.“
Sorge, dass Pilger und Touristen fernbleiben
Die Wallfahrt werde sicher irgendwie weitergehen, es frage sich nur wie. Das meint Helmut Wulfhorst, zweiter Vorsitzender der Werbegemeinschaft Neviges. „Die werden ja jetzt nicht den Dom zumauern. Aber Neviges ohne die Franziskaner, das ist ganz furchtbar. Die Brüder engagieren sich ja auch stark, und das nicht nur in der Seelsorge.“ Er denke da an Angebote wie „Wallfahrt nach Feierabend“ auf dem Marienberg oder auch an geführte Wanderungen, die nicht nur Pilger nach Neviges lockten. Um „die Anziehungskraft von Neviges“ sorgt sich auch Ralph Groß, stellvertretender Vorsitzender des Bürgervereins Neviges-Hardenberg: „Wenn das Kloster wirklich geschlossen wird, ist das für uns ein Riesenverlust.“
Die Grünanlagen müssen gepflegt werden
Sie sei keine Katholikin und die Geschäftsleute, so sagt Brigitte Boesch von Elektro Dopstadt, hätten von der Wallfahrt noch nie besonders profitiert. Die Pilger fänden eben nicht den Weg vom Dom in die Fußgängerzone. Dennoch: Neviges ohne das Kloster, vor allem ohne die Ordensbrüder, das mag sich Brigitte Boesch nicht ausmalen. „Die gehören doch zu uns. Und wer pflegt die Grünanlagen wie den großen Marienberg oder den Kreuzberg, wenn wir Bruder Konrad nicht mehr haben? Also den werde ich wirklich vermissen.“
>>HILFE FÜR MENSCHEN IN NOT LEISTEN
- Das Provinzkapitel regt die Schließung von sieben Standorten an. Nur so könne die Zukunft von zwölf Standorten wie unter anderem Düsseldorf, Dortmund oder Hamburg gewährleistet werden. Ein Kriterium zur Standort-Sicherung: In diesen Städten werde mit Sozialarbeit Menschen geholfen, die am Rande der Gesellschaft stünden.