Langenberg. Velberts Bürgermeister Dirk Lukrafka hat sich in der Langenberger Altstadt ein Bild der Lage gemacht: Grund ist die Sperrung der Ortsumgehung.
„Entschuldigen Sie, dürfen wir Sie kurz etwas fragen? Mein Name ist Dirk Lukrafka und ich wüsste gern, wie Sie die Tunnelsperrung empfinden“: Velberts Bürgermeister Dirk Lukrafka fragte Passanten und Gewerbetreibende der Hauptstraße, welche Erfahrung sie mit dem Durchgangsverkehr während der Tunnelsperrung bislang gemacht haben.
Beim seinem Lauf über die Hauptstraße spricht er Karin Radmacher an. Sie ist Anwohnerin und noch bevor sie antworten kann, klagt bereits Wilfried Steinberg sein Leid: Er wohne ebenfalls an der Hauptstraße und habe wegen der Lärmbelästigung innerhalb seiner Wohnung umziehen müssen, weil es nachts zu laut ist: „Hier fährt jeder durch, und abends sind sie auch mit über fünfzig (Stundenkilometern) dabei. Ich bin froh, wenn der Tunnel wieder fertig ist.“ Auch Karin Radmacher fällt auf, dass viele zu schnell fahren. Sie freut sich darüber, dass der Bürgermeister sich persönlich kümmert.
Pizzataxi muss einen Umweg nehmen
Ein anderer empfindet den vermehrten Verkehr zwar als lästig, aber es störe ihn nicht. Zwei junge Leute ärgern sich: „Es ist furchtbar, die Busse haben immer Verspätung, auch mit dem Auto nervt es.“ Während Lukrafka weiter in Richtung Innenstadt läuft, erzählt er von den Pächtern des Restaurants Hirsch, die er schon mal gefragt hatte: Sie würden kaum etwas von dem Verkehr merken.
Anders Imbissinhaber Sourinder Sink. Er muss für die Auslieferung für die Pizzeria La Taverna jetzt einen Umweg in Kauf nehmen. Sink erzählt, dass kaum jemand die Umleitung nutze und seine Kinder könnten nicht mehr so gefahrlos auf die Straße. Finanzielle Einbußen habe er nicht, viele kämen ja zu Fuß zu ihm.
Bürgermeister spricht Autofahrer an
Das erste Fahrzeug, dass kein Mettmanner Kennzeichen trägt, wird vom Bürgermeister angehalten. Nicht jeder erkennt ihn als solchen, die Fahrerin will nicht angehalten und befragt werden. Einer Fahrerin fällt gerade noch ein, dass sie zur Stadtbücherei will. Dass diese am diesem Tag geschlossen hat, wisse sie vielleicht nicht, räumt Lukrafka ein: „Das ist das Problem bei einer Straße mit Geschäften“, jeder könne ein Anliegen haben.
Händlerin findet Durchgangsverkehr „belebend“
Astrid Pagel, langjährige Mitarbeiterin des Modegeschäfts Annie Weber, freut sich über den Besuch. Sie findet es gut, dass mehr Autos durch die Altstadt fahren, der Durchgangsverkehr sei belebend. Allerdings fehlten Parkplätze, die ihre Klientel bräuchte. Pagel räumt ein: „Gut, manche fahren wirklich sehr schnell.“ Man könne es nie allen recht machen.
„Ganz ohne Autos würden die Geschäfte nicht lange überleben. Sie selbst und auch Lukrafka bräuchten die Einkaufsmöglichkeiten der Großstädte nicht. „Ich bin hier geboren, hier fuhren immer Autos durch, sogar mit Gegenverkehr. Auch die Straßenbahn.“ Was allerdings vermehrt auffalle: Viele fahren entgegen der Einbahnstraße hoch in Richtung Bürgerhaus, „auch, wenn der Tunnel nicht gesperrt ist.“
Manch einer hat von der Tunnelsperrung nichts bemerkt
Bürgermeister von Reaktion überrascht
Bürgermeister Dirk Lukrafka machte sich einige Notizen, die er mit in die Verwaltung nahm. Für ihn kamen die Antworten wie erwartet:
„Im Grunde ist es klar, dass der Verkehr nervt. Überrascht war ich, dass die Geschäftsleute es so (positiv) auffassen. Bis auf die Gewerbetreibenden sind wohl alle froh, wenn es vorbei ist.“
Doris Kettner, Inhaberin des Bioladens Langenberg, ist erstaunt, dass der Tunnel Ende des Monats sogar schon fertig saniert sein soll. Sie habe nichts davon gemerkt und könne nicht klagen. Ihr Problem sei grundsätzlich die Warenanlieferung: „Abends und am Wochenende ist hier vieles zugeparkt, manchmal grenzwertig auch für Kranken- oder Feuerwehrfahrzeuge.“ Dennoch müsse die Innenstadt mehr belebt werden.
Auf Höhe Elektro Drinhaus fahren alle sehr konzentriert, dadurch bekämen die Fahrer weniger von dem Angebot mit, vermutet Doris Drinhaus. Hier seien auch fehlende Parkplätze ein Thema. Doch sie und Dirk Lukrafka geraten ins Schwärmen für eine manuelle Brotschneidemaschine aus Edelstahl und die Hauptstraße ist vergessen.
Mehr blitzen, mehr kontrollieren
Ganz anders bei den Mitarbeiterinnen von ITR-Reisen: „Eine Katastrophe“, klagen sie. Es sei zu laut, die Anwohner seien genervt, es müsse mehr geblitzt und kontrolliert werden. Nachdem Lukrafka erklärt hat, wer überhaupt und wo blitzen dürfe, geht’s zum Eiscafé Angelo.
Für Angelos Sohn, Marco Levis, ist die jetzige Situation angenehm: „Es kommen mehr Leute, die zufällig hier landen.“ Auch er schränkt ein, dass die hohen Geschwindigkeit störend sei. Sein Fazit: „Ich sehe es positiv, weil die Leute so mitbekommen, was hier los ist.“