Sprockhövel. Ein Wohnhaus musste nach der Sprengung eines Geldautomaten in Herzkamp evakuiert werden. Eine Anwohnerin stieß beinahe mit den Tätern zusammen.

Die Anwohnerin ist nach dem Anschlag noch verängstigt, überdies im beschaulichen Herzkamp so bekannt wieder der berühmte bunte Hund. Daher möchte sie ihren Namen nicht öffentlich erwähnt haben. Durch die beiden Explosionen in den Nacht war sie aus dem Schlaf gerissen worden und hatte sofort ihr Haus verlassen. „Ich hatte zuerst Angst, die Detonation wäre bei mir zu Hause gewesen und alles könnte einstürzen“, berichtete sie. Als sie auf die Straße stürzt, laufen direkt vor ihr zwei Personen auf einen abgestellten Motorroller zu, starten ihn eilig und verschwinden in Richtung Schee.

Überall Scherben auf der Straße

Es ist noch stockdunkel, sie hört Stimmengewirr von Menschen gegenüber der Kirche, auf der Elberfelder Straße liegen überall Scherben geborstener Scheiben herum. Als der Anwohnerin von anderen berichtet wird, dass der Geldautomat der Sparkasse gesprengt worden ist, wird ihr bewusst: „Ich habe eben die flüchtenden Täter gesehen!“

Mitarbeiter des THW haben am Vormittag die zerstörte Front der Sparkassenfiliale in Herzkamp mit Holzplatten verschraubt.
Mitarbeiter des THW haben am Vormittag die zerstörte Front der Sparkassenfiliale in Herzkamp mit Holzplatten verschraubt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Der Sprengstoffanschlag war gegen 3 Uhr. Das Innere der SB-Filiale der Sparkasse und auch der angrenzende Weinladen weisen durch die Wucht der Explosion verursachte starke Zerstörungen auf, im Umkreis des Tatortes liegen herausgeschleuderte Gegenstände herum. Polizei und Kräfte des Löschzuges Gennebreck der Freiwilligen Feuerwehr Sprockhövel kümmern sich um die Anwohner, die nun erst einmal nicht mehr in ihre Wohnungen zurückdürfen. Das ebenfalls herbeigerufene THW muss erst prüfen, wie sehr die Statik des Gebäudes gelitten hat. Ergebnisse gibt es noch nicht.

Die wichtigste Erkenntnis zu diesem Zeitpunkt: „Es ist niemand zu Schaden gekommen“, sagt Feuerwehrsprecher Arno Peters, was natürlich dem frühen Zeitpunkt des Anschlags zuzurechnen ist; kein Mensch war auf der Straße. Die Feuerwehr bringt die meist nur leicht bekleideten Betroffenen hinüber in die Feuerwache Gennebreck, wo sie versorgt werden. Auch aus Elfringhausen ist ein Löschzug hinzugekommen.

Die Geldkassetten wurden entwendet

Sofort wird mit der Untersuchung begonnen. „Noch in der Nacht war die Kriminalpolizei vor Ort, um zu ermitteln“, berichtet Isabell Kircher, Sprecherin der Polizei des Ennepe-Ruhr-Kreises. Die Ermittlungen stehen nach ihrer Aussage noch ganz am Anfang: Weder gebe es Tatverdächtige, noch sei abschätzbar, wie hoch der Sachschaden zu beziffern sei. „Sicher ist aber, dass die Geldkassetten aus dem zerstörten Automat fehlen“, sagt Kircher. Über die Höhe der entwendeten Summe gibt es keine Informationen.

Auch Weinhändler erheblich betroffen

Marco Isaack steht im wörtlichen Sinne vor einem Scherbenhaufen. Der Inhaber des Weinhandels Noll ist neben der Sparkasse der weitere Geschädigte. „Das ist wohl die Folge, wenn nachts viel Geld abgehoben wird“, scherzt der Geschäftsmann am Vormittag bitter. Sein Laden grenzt unmittelbar an das Kreditinstitut, lediglich getrennt durch eine Leichtbetonwand. „Die hat natürlich der Druckwelle nachgegeben, und der entstandene Schaden ist immens“, sagt er. Denn an der Wand waren die hochwertigen Ausleseweine aufgestellt, „ich gehe aber davon aus, dass alle Flaschen kaputt sind und eben auch Karaffen und Gläser.“ Hinzu komme, dass der Laminatboden nun von großen Mengen Flüssigkeit getränkt ist. „Beratung und Verkauf ist hier wohl eine ganze Zeit nicht mehr möglich“, schätzt Marco Isaack. Ihm ist jedoch wichtig zu sagen: „Alles kann man reparieren. Ich bin aber heilfroh, dass niemand verletzt worden ist.“

Bundesweit Schäden in Millionenhöhe

Nach Schätzungen des Bundeskriminalamtes ist durch Sprengungen von Geldautomaten bundesweit bereits ein Sachschaden in Höhe eines mittleren zweistelligen Millionenbetrages entstanden.

Die Banken sind zwar gegen solche Sachschäden versichert. Trotzdem versuchen Banken und Sparkassen schon seit längerem, den Kriminellen mit unterschiedlichen Sicherheitsmaßnahmen zu begegnen. So können die Automaten etwa mit einer Technik zur Gas-Neutralisierung ausgestattet werden. Eine andere Methode: Bei einer Sprengung wird das Geld eingefärbt.