Oberhausen. . Zwei alte britische Fliegerbomben hielten Oberhausens Norden am Freitag in Atem. Sprengmeister Peter Giesecke vom Kampfmittelräumdienst hatte alle Hände voll zu tun. Sogar eine Bahnstrecke musste gesperrt werden.

Gegen 20 vor zwölf wird Reiner Süselbeck nervös. Immer wieder zieht der Mann vom Ordnungsamt das Mobiltelefon aus der Tasche, kontrolliert den Bildschirm, hält das Gerät irgendwann fest in seiner Hand. Und wartet. Eine halbe Stunde ist das letzte Gespräch her. Deutlich länger als gedacht.

Der Anrufer, auf den er wartet, heißt Peter Giesecke. Immer wenn in Oberhausen eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wird, rückt der Mann aus Düsseldorf , wo der Kampfmittelräumdienst seine Zentrale hat, an. Giesecke ist Sprengmeister und an diesem Freitag sind es gleich zwei Fünf-Zentner-Bomben, die in nur wenigen Hundert Metern Entfernung voneinander entschärft werden sollen. Und die Uhr tickt.

30 Minuten zwischen zwei Zügen

Denn rund um Oberhausen droht das Verkehrs-Chaos: Ein Blindgänger war nahe der A 3 gefunden worden, per Zufall bei Bauarbeiten, der andere bei den Bahngleisen in Richtung Wesel. Eine Sperrung der Autobahn zwischen den Kreuzen OB und OB-West soll noch vor dem Wochenendverkehr aufgelöst werden, die Deutsche Bahn hat ein rund 30-minütiges Zeitfenster zwischen zwei ICE freigeschaufelt, in dem ohne große Warterei für Fahrgäste die Gleise für die anschließende zweite Entschärfung gesperrt werden können.

Ab 10 Uhr ist der Gang über die Autobahnbrücke an der Weißen­steinstraße ein stiller – auf den sonst rührigen Gewerbestraßen: geisterhafte Leere. Je 500 Meter zieht sich der Gefahrenbereich um die Fundorte, an 17 Stellen sind die Straßen abgesperrt. 70 Haushalte und 30 Firmen wurden evakuiert. Oder sollten es sein.

„Da kommen noch Fahrzeuge aus einer Sackgasse“, hört Süselbeck am Telefon. An der Auffahrt Holten hat er eine Einsatzstelle eingerichtet, Polizei, Feuerwehr, Mitarbeiter von Bahn und Stoag, Journalisten stehen beisammen. Ein Wagen des Ordnungsamts fährt auf Süselbecks Fingerzeig zum übersehenen Schlupfloch, um 10.23 Uhr kann Peter Giesecke an der Weißensteinstraße mit der ersten Entschärfung beginnen. Nach elf Minuten geht das Telefon, Süselbeck hält den Daumen hoch: Straßen NRW entsperrt die A 3 in Oberhausen, bis zu drei Kilometer lange Staus lösen sich langsam auf.

20 Minuten muss Giesecke nun warten, um die zweite Bombe zu entschärfen – erst um 11.08 Uhr können die Gleise gesperrt werden. Süselbeck gibt dem Sprengmeister per Telefon das Okay – dann beginnt das Warten.

Die ersten Zugführer rufen an

Doch das einzige Telefon, das klingelt, gehört dem Notfallmanager der DB Netz GmbH. Die ersten Zugfahrer fragen, wann es weitergeht. Süselbeck läuft im Kreis, es bleibe immer ein Restrisiko, hatte er vor wenigen Minuten gesagt. Journalisten, die sich mit der Hoffnung aufs beste Bild schon mal vorne an die Sperrung gestellt haben, kommen zurück. Warum dauert das so viel länger?

Giesecke erklärt das erst um 11.49 Uhr am Telefon, dann fünf Minuten später am Fundort der entschärften zweiten Bombe geduldig nochmals: Damit auf der A3 der Verkehr möglichst schnell wieder rollen kann, hatte er den ersten Detonator, der im Zünder die Detonation auslöst, nicht sofort gesprengt – sondern den Zünder in einer Schutzbox zur zweiten Bombe mitgenommen. Nach der zweiten Entschärfung hat er die Detonatoren zwischen zwei Sandhügeln kontrolliert gesprengt. „Beide Zünder sahen gut aus, sie sind verhältnismäßig gut herausgegangen“, sagt Giesecke.