Oberhausen. . Im Sommerinterview: Bezirksbürgermeister Karl-Heinz Pflugbeil (SPD) spricht über Baustellen im Stadtbezirk, den Kampf mit privaten Eigentümern und die „Soziale Stadt“
Kaum ertönt die Türklingel, öffnet Bezirksbürgermeister Karl-Heinz Pflugbeil (SPD) auch schon sein Heim an der Hügelstraße. Der 60-Jährige ist Osterfelder mit Leib und Seele. Ausführlich spricht er über die Vergangenheit seines Bezirks - und mit Stephanie Weltmann über aktuelle Entwicklungen.
Herr Bezirksbürgermeister, reden wir über den Gartendom.
Karl-Heinz Pflugbeil: lacht Wenn es sein muss. Der Gartendom ist ja eine unendliche Geschichte. Ein Gebäude, das losgesprungen ist wie ein Tiger und gelandet ist wie ein Bettvorleger.
Der Bürgerring hat vorgeschlagen, sich für eine Aberkennung des Denkmalschutzes einzusetzen.
Pflugbeil: Das würde die Situation nicht verändern. Keine Vermietung oder Verpachtung ist am Denkmalschutz gescheitert, sondern an wirtschaftlichen und konzeptionellen Gründen. So ein Gebäude muss man lieben, wer es unter dem Aspekt der Zweckmäßigkeit sieht, investiert dort nicht.
Ist auf den Dom zu verzichten?
Pflugbeil: Auf Gebäude in so einem Zustand kann man verzichten, ja. Ein Abriss wäre eine Lösung, eine von vielen.
Die Osterfelder Innenstadt ist derzeit voller Baustellen. Welche ist die schwierigste?
Pflugbeil: Emotional gesehen ist es die des Unternehmers Werner de Witt am Marktplatz, weil sie viele Leute beeinträchtigt. Markthändler, Nachbarn, Bürger, die dort einkaufen wollen. Ich bin froh, dass investiert wird, aber die Interessen anderer müssen gewahrt bleiben.
Stadtteilrundgang Osterfeld
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Nach der Maßnahme soll der Markt ein neues Konzept bekommen. Zu spät, befürchten Händler.
Pflugbeil: Über die Diskussion um den Wochenmarkt bin ich wirklich etwas verärgert. Die Baustellensituation war bis auf den Fernwärmeausbau bekannt. Ich habe alle Händler und die Zuständigen der Stadtverwaltung zu einem Gespräch eingeladen, aber nur der Sprecher der Markthändler ist gekommen.
Wie kann der Markt übergangsweise attraktiv gehalten werden?
Pflugbeil: Der Markt wird so stattfinden, wie er während des Osterfelder Stadtfestes aufgestellt ist. Das heißt, man belegt die untere Bergstraße und die Straße am Markt, wenn noch Probleme auftauchen, könnte auch der Wappenplatz belegt werden. Wenn die Flächen dann immer noch nicht ausreichen, verzichten wir auf Textiler zugunsten der Frischwarenhändler. Eben weil der Markt erhalten werden soll.
Wieso nicht auf den verkaufsschwachen Dienstag verzichten?
Pflugbeil: Das ist keine Lösung. Wir müssen eine gute Warenversorgung in Osterfeld sichern. Wir haben in Osterfeld eine Menge Probleme in Bezug auf Einzelhandel und Dienstleistungen. Eine Postfiliale etwa gehörte an den Marktplatz, wir haben aber einen Schalter an der Westfälischen Straße, wo die Parkplätze fehlen. Diese Dinge entstehen auf privatwirtschaftlicher Ebene, da kann man nur koordinierend wirken. Als ich vor acht Jahren Bezirksbürgermeister wurde, habe ich mir vorgenommen: Diese Dinge willst du versuchen zu steuern.
Ist das gelungen?
Pflugbeil: Nein, wird es auch nie. Man kann nur stückchenweise Dinge erreichen, wie etwa die Entwicklung am Hochbunker an der Bottroper Straße, wo ein neuer Lebensmittelmarkt entstehen soll. Wir haben in Osterfeld aber viele Protagonisten, die sich bemühen. Dass die Zusammenarbeit klappt, hat das Projekt an der Bergstraße gezeigt.
Diese Brücke wurde als Gemeinschaftsprojekt verschönert – wann gehen Sie an die Brücke an der Osterfeder Straße heran?
Pflugbeil: Die Brücken gehören der Deutschen Bahn. Einen Gestaltungsvertrag hat man zwar innerhalb einer Woche, alles andere zieht sich über Jahre hin. Wobei die Bahn sich aus Vereinbarungen gänzlich heraushält, das Bauwerk aber trotzdem als Werbefläche nutzen will. Wir haben vier Jahre und viele Nerven gebraucht, bis wir die Brücke an der Bergstraße in dem Zustand hatten, wie sie jetzt ist. Das hat mich davon abgehalten, die Brücke an der Osterfelder Straße anzugehen.
In welche Richtung kann sich Osterfeld entwickeln?
Pflugbeil: Als ein Standort der Wohnkultur. Wir haben Mittel aus dem Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ beantragt, bisher aber noch nicht bekommen, weil Oberhausen keine Eigenanteile erbringen konnte. Jetzt hoffe ich, dass sich die Lage mit Bauminister Groschek in Düsseldorf ändert. Mit den Mitteln könnten wir den Rückbau von Gebäuden, die keinen Wohnwert mehr haben, vorantreiben. Wir können Wohnstrukturen neu ordnen, mit mehr Grünflächen.
Abschied vom Bunker in Osterfeld
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Was wollen Sie bis zur Kommunalwahl 2014 in Osterfeld erreichen?
Pflugbeil: Ich will mich dafür einsetzen, dass das Hallenbad durch ein anderes Gebäude ersetzt wird, das wohlmöglich dem St.-Marien-Hospital zugeschlagen werden wird. Dass eine andere Nutzung für die Eishalle gefunden wird und dass ein oder mehrere Jugendtreffs in Osterfeld eingerichtet werden können. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben.
Und keine leichte. Wie soll das gehen, wenn eine Sitzung der Bezirksvertretung (BV) auch mal nur sieben Minuten dauern kann?
Pflugbeil: In einer Zeit, in der die politische Arbeit einer Stadt sich aufs Sparpaket fokussiert, sind andere Schwerpunkte gesetzt. Wenn es keine aktuellen Themen gibt, sehe ich da kein Problem. Politik findet nicht nur in der BV statt, sondern früher, in Gesprächen mit den Bürgern. Es braucht nicht immer eine öffentliche Darstellung, wenn eine Bodenplatte kaputt ist.
Oberhausen Osterfeld im Regen
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Hier geht es nicht um Bodenplatten, sondern um Fragen der Stadtteilentwicklung. Sollte die BV ein Ort für Diskussion sein?
Pflugbeil: Das ist sie, dass hat man gesehen, als die Planungen um die Moschee an der Fahnhorststraße bekannt wurden. Die Frage ist aber, ob eine Diskussion bei jedem Thema zum Ziel führt. Das denke ich nicht.
Sondern?
Pflugbeil: Man muss Verwaltung auch in einem gewissen Rahmen ohne die öffentliche Diskussion agieren lassen. In Bereichen, in denen eine öffentliche Diskussion vielleicht schädlich ist. Jeder Bürger kann die Transparenz haben, die er will, es gibt keine Hinterhofgespräche. Aber man muss akzeptieren: Wenn es Investoren gibt, die ein Gebäude kaufen wollen, ist es vielleicht nicht das Klügste, das vor dem Verkauf öffentlich zu machen.
Braucht es ein Bürgerforum?
Pflugbeil: Wir haben in Osterfeld Kontaktbörsen, die sehr gut funktionieren. Wenn ein Forum der Sache dient, bin ich der Letzte, der Nein sagt. Wir müssen aber nicht zum vom Volk gewählten Parlament eine zusätzliche Regelung schaffen. Der Bürger ist der Souverän.
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