Oberhausen. . Lange Zeit kämpfte die Kita am Rechenacker erst mit üblen Geruch, dann um ihre Sanierung. Nach 400 Luftproben schritt die OGM zur Tat
Schimmel in Gebäuden: Igitt, denken da die meisten, und dass das doch gesundheitsschädlich ist. So empören sich erneut Eltern der städtischen Kindertagesstätte Rechenacker, „wie lange es immer dauert, bis etwas passiert, wenn irgendwo Schimmel festgestellt wird“. Auslöser für sie, sich noch einmal zu Wort zu melden: die Nachrichten über die Schimmelproblematik im Haus der Jugend.
„Bei uns waren die Schimmelbelastungen höher als im Haus der Jugend“, erklären die Eltern für die Kita. Sie sprechen außerdem von einer jahrelangen Geruchsbelästigung in dem Gebäude. „Die war so schlimm“, sagt eine Mutter, „dass die Kinder muffig rochen, wenn sie nach Hause kamen.“ Gingen die Kinder nach dem Kindergarten zu den Großeltern, hätten einige schon um Kleidung zum Wechseln gebeten, weil die Sachen so schlecht rochen.
Die Geruchsbelästigung war dann wohl auch ausschlaggebend dafür, dass man sich beim Oberhausener Gebäudemanagement (OGM) beschwerte und etwas passierte. Aber die Schritte vom Ortstermin mit Baubiologen Marcel Santner am 29. Januar 2011 bis zum Laborbericht am 4. Februar, dem Gutachten am 24. Februar, der Schließung der Turnhalle am 14. März, das habe ihnen alles zu lange gedauert. „Man kann doch nicht monatelang mit der Gesundheit der Leute jonglieren“, findet eine Mutter.
Kinder seien nicht gefährdet gewesen
Marcel Santner, OGM Teamleiter Objektmanagement Frank Kuhla sowie OGM-Sprecher Alexander Höfer widersprechen dieser Formulierung. Alle drei betonen: „Zu keinem Zeitpunkt hat es so große Auffälligkeiten gegeben, dass Kinder gefährdet gewesen wären und die Einrichtung hätte geschlossen werden müssen.“
Die Sache mit dem Schimmel sei keine so einfache und schon gar nicht eindeutig, behauptet Baubiologe Santner: „Richtwerte, wie hoch Belastungen sein dürfen, gibt es noch nicht.“ Auch fehlten Erkenntnisse darüber, ob und wann Schimmel krank mache. Allenfalls seien da Kennzahlen, die nicht überschritten werden sollten. Gemessen werden immer die Außenluft und die Luft in den Räumen. Es ist dann die Differenz beider Messwerte, die den Ausschlag gibt. Denn: „Schimmelpilze sind überall, in der Natur mehr als in der Stadt“, sagt der Baubiologe.
Erst, wenn in einem Gebäude im Vergleich zu außen sehr viel höhere Keimzahlen gemessen werden, wird es kritisch. Das sei ausschließlich in der Turnhalle der Kindertagesstätte der Fall gewesen, die deshalb sofort geschlossen wurde. Frank Kuhla weist darauf hin, dass von Anfang Januar 2011 bis jetzt rund 400 Material- und Luftproben genommen wurden. Und es wird weiter gemessen wie saniert.
Geruchliche Verbindungen
Der Architekt erklärt auch, wie es überhaupt zu einer Schimmelbelastung kommen konnte. Das Gebäude aus dem Jahr 1975 steht auf einer Holzständerwerk-Konstruktion. Das Holz hatte Feuchtigkeit gezogen. Feuchtigkeit, auch in der Raumluft lässt Schimmelpilze gedeihen. Was dann riecht, sind nicht die Sporen selbst, so Santner, „sondern geruchliche Verbindungen, die einige Mikroben freisetzen.“
Um die Feuchtigkeit aus dem Gebäude zu bekommen, wurden die Böden herausgenommen, die feuchten Innenwände erneuert, Wärmedämmung ausgetauscht, Fundamente aufgegraben und isoliert, abgehängte Decken erneuert.
„Drei Gruppen einschließlich der Nebenräume und der Turnhalle sind fertig“, sagt Kuhla. Zurzeit werde der Raum der vierten Gruppe saniert. Parallel dazu der Anbau für die U3- und Ü3-Betreuung errichtet. Kuhla: „Der ist in vier Wochen fertig, dann zieht die Gruppe 5 dort ein. Wir sanieren deren Räume und nach den Sommerferien können die Kinder zurückziehen.“ Bis dahin seien rund 600.000 Euro in den dann mit sieben Gruppen größten Kindergarten Oberhausens investiert worden.
Schimmel ist überall
„Schimmel ist überall im Umfeld“, klärt Gesundheits-Ingenieurin Monika Zirngibl über die wenig geliebten Pilze auf. Im Herbst, wenn das Laub fiele, sei die Konzentration im Außenbereich viel höher als im Sommer. Überhaupt sei sie in der Natur stärker als etwa in Innenstädten.
„Weil die Schimmelpilze überall draußen sind, werden sie auch in Innenräume getragen“, erklärt Zirngibl. Das sei so lange nicht schlimm, so lange Räume richtig beheizt und gelüftet würden. Außerdem dürften keine Bau- oder Havarieschäden (Wasserrohrbrüche) vorliegen. „Bei solchen Mängeln nimmt die Luftfeuchtigkeit zu“, warnt die Ingenieurin. Und allein über die richtige Raumfeuchtigkeit, optimal sind 50 bis 60 Prozent, sind Schimmelpilze in Schach zu halten. Alles was über 65 Prozent liege, sei kritisch. Über zwei weitere für die Pilze wichtige Lebensbedingungen, Temperatur und Nahrung, seien die Keime nicht zu kontrollieren. Zirngibl: „Es gibt 200 Schimmelpilzarten in Räumen, da ist immer einer dabei, der die gerade herrschende Temperatur mag.“ Und: „Die Pilze ernähren sich von organischen Substanzen, Tapeten, Kleister, Hausstaub.“ Nahrung finden sie auch immer.
Wo man ihn sieht, muss man sanieren
Nicht immer aber werden Menschen von Schimmelpilzen krank. „Manche reagieren gar nicht darauf“, sagt Zirngibl. Andere, etwa Allergiker, dagegen schnell. Wenn Reaktionen auftreten, könnten das Reizungen von Schleimhäuten sein, allergische Reaktionen, selten lebensgefährliche Infektionen, diese allerdings nur bei immungeschwächten Menschen. Es könnte auch zu Vergiftungen durch Schimmelpilzgifte kommen, „das aber nur bei extrem hohem Befall, z.B. bei Menschen, die in Komposttieranlagen arbeiten“. Der typisch moderige Geruch könnte bei empfindlichen Menschen zu Befindlichkeitsstörungen führen.
Kopfschmerzen, Müdigkeit, Infektanfälligkeit, Heiserkeit, Husten nennt die Expertin als mögliche Folgen einer zu hohen Keimkonzentration in Innenräumen. Allerdings sagt sie auch: „Überall, wo die Pilze sichtbar werden, braucht man nicht mehr groß die Konzentration zu messen, da muss man die Quelle der Feuchtigkeit suchen und sanieren.“