Oberhausen.

Aus der Schublade unter der Ladentheke zieht Hannah die letzte Tüte Pfefferminz-Bonbons hervor. Moment, die letzte? Wann kommt die nächste Lieferung? Das wisse sie noch nicht, sagt die 14-Jährige. In der Süßwarenfirma in Kuba sei die Stanzmaschine kaputt gegangen, neue Bonbons gibt es erst, wenn sie repariert ist. Warum nicht andere bestellen? „Das wäre nicht fair.“

Fair, fairer Handel. In jeder größeren Stadt gibt es diese Geschäfte, in denen es Lebensmittel, Bürowaren und Handwerkliches zu erwerben gibt, die unter gerechten Arbeitsbedingungen und für einen fairen Lohn hergestellt wurden. Im Eine-Welt-Laden in Osterfeld, in dem Hannah gerade Pfefferminzbonbons aus Kuba verkauft, steckt aber noch viel mehr: Es ist eines der wohl erfolgreichsten und ältesten Jugendprojekte im Stadtteil.

Über 45 Jugendliche engagieren sich ehrenamtlich

Vor 23 Jahren hat die evangelische Gemeinde der Auferstehungskirche dieses Angebot ins Leben gerufen, über 45 Jugendliche engagieren sich heute ehrenamtlich in dem Laden. Betreut werden sie von Margret Leuer, die sich hauptamtlich um Kinder- und Familienangebote in der Gemeinde kümmert. Sie führt die Jugendlichen langsam an Aufgaben im Weltladen heran, teilt ihnen nach und nach mehr Verantwortung zu. Zwei Frauen aus der Gemeinde greifen zudem ehrenamtlich an zwei Vormittagen in der Woche im Geschäft unter die Arme.

„Die Jugendlichen stehen immer im Vordergrund. Sie dekorieren zum Beispiel nach eigenem Gusto den Laden, probieren sich aus“, sagt Leuer. Der Kreis der Engagierten ist allerdings latent geschlossen: Jugendliche finden meist von den unterschiedlichen Angeboten in der Gemeinde ihren Weg zum Eine-Welt-Laden. Hannah, die einen Tag im Monat mit ihrer Freundin Marie zum Weltladen kommt, habe schon in der Kindergruppe gespielt, später darin ausgeholfen und an den Jugendangeboten teilgenommen.

Konfession ist kein Thema

Keines davon verbinde sie unbedingt mit dem Begriff „Kirche“, genauso wenig rechnen sie den Eine-Welt-Laden diesem zu. Sondern: „Das sind Treffpunkte für uns, Kurse und Angebote, an denen man sich beteiligt.“ Konfession sei kein Thema im Laden, sagt Margret Leuer. „Bei uns zählt das Engagement.“ Ein wichtiger Baustein dabei: Mitbestimmung. Die Schüler entscheiden gleichberechtigt mit den Erwachsenen, wie ein Teil des Geschäftsgewinns eingesetzt wird.

An der Wand neben dem Verkaufstresen werden drei Projekte vorgestellt, die in diesem Jahr finanziell unterstützt werden sollen. Eine Gesundheitsstation in El Salvador, eine Schule in Paraguay, eine Förderschule in Argentinien. Darunter hat jeder Helfer aufgeschrieben, wie er die Gelder des Geschäfts unter den Initiativen aufteilen würde.

Demokratische Mitbestimmung im Eine-Welt-Laden

Aus allen Vorschlägen bestimmt Margret Leuer den Mittelwert. Demokratische Abstimmung, für die der Weltladen mit dem Ehrenamtspreis der evangelischen Kirche im Rheinland ausgezeichnet wurde. Leuer betont den pädagogischen Aspekt: „Die Jugendlichen erfahren, welche Bedürfnisse in anderen Ländern bestehen und erleben, dass ihre Entscheidung einen Unterschied macht.“

Wenn mal keine Kunden kommen, dann sitzen Hannah und Marie in der gemütlichen Sofaecke hinter der Kasse, spielen, machen Hausaufgaben und sprechen über Dinge, die sie bewegen. Doch das allein reicht den Jugendlichen nicht. „Ein Ort in der Fußgängerzone wäre cool, ein Café oder Treffpunkt“, sagt Marie, „um sich zurückzuziehen“. Denn, so meint Hannah, „im Centro kannst du dich mit Leuten treffen, es ist aber immer voll und du bist mittendrin.“