Oberhausen. . Das Männerheim für Flüchtlinge an der Weierstraße in Oberhausen-Sterkrade ist überfüllt, der Zustand ist schlecht. Auch die Bewohner ärgert der viele Schmutz in den Waschräumen und Gemeinschaftsküchen. Wir haben mit ihnen und den Zuständigen der Stadt gesprochen.

Bald bildet sich eine ganze Traube junger Männer um uns: Sie lehnen an einer der roten Zimmertüren, stehen im mit Linoleum ausgelegten Gang, kommen die Treppen aus dem Keller hinauf. Gegenseitig helfen sie sich beim Übersetzen, während sie von ihrem Ärger über den Schmutz in diesem Heim sprechen.

„Du machst sauber, dann kommt ein anderer, der macht alles schmutzig und kaputt. Das geht nicht, aber wen soll ich um Hilfe bitten?“, meint ein junger Mann. Aus Afghanistan flüchteten er und sein Bruder, monatelang unterwegs, Unvorstellbares erlebt. Um nun hier zu sein, im Flüchtlingsheim an der Weierstraße.

28 Wohnräume auf drei Etagen

Mitglieder der Linkspartei haben dieses reine Männerhaus jüngst besucht. Sie haben Fotos von verdreckten Toiletten und Küchen gemacht, prangerten den katastrophalen Zustand im Heim an, in dem 127 Männer in 28 Wohnräumen leben, oft fünf, sechs Leute auf 20 Quadratmetern. Auch im Fernsehen war das Heim zu sehen – ein weiteres Symbolbild für die Überforderung der Kommunen angesichts steigender Flüchtlingsströme.

Das Heim liegt an der viel befahrenen Weierstraße, zwischen Gewerbegebiet und Radfahrertrasse. Über die asphaltierte Einfahrt läuft man vorbei an neuen und hellen Wohncontainern für Flüchtlingsfamilien, davor alte Korbstühle, eine Mama wartet, bis der Regen aufhört. Hinten links liegt das Männerheim, ein ehemaliger Bürobau aus den 50er Jahren, klotzig und dunkel, die vielen Schwingflügelfenster sind mit Tüchern verhangen.

Drinnen sticht einem sofort der Geruch von Reinigungsmittel in die Nase. Eine provisorische Sonderreinigung gegen Schädlingsbefall, sagt Uwe Hetkamp von der Stadttochter Oberhausener Gebäudemanagement, so versifft sei es in manchen Räumen gewesen. Über Hetkamps Schreibtisch gehen alle Instandhaltungsmaßnahmen fürs Flüchtlingsheim, er kennt die Abrechnungen für WC-Schüsseln oder Duschköpfe, über die auch das Rathaus immer informiert worden sei. „So was hält nur nicht lange an. Fürs Reinigen sind die Bewohner zuständig, aber das klappt nicht so, wie es sollte.“

Und so zeigt er die Waschräume, fünf Duschen für 127 Leute, Urinstein am Boden, Klobrillen verschmutzt, an einem Fenster eine Netto-Tüte als Abfalleimer. Es riecht nach Urin. Fast überall auf den zwei Etagen und im ausgebauten Keller sind die Böden beschmutzt, teils so hartnäckig, als habe sich der Dreck über Wochen angesammelt. Hetkamp führt auch in eine der Gemeinschaftsküchen, drei Herde stehen da, eine Schmutzschicht wie ein Rahmen darum. Nur mit spitzen Fingern dreht ein Hausmeister die angelassenen Herdplatten aus.

Auch wenn die Männer offen über die Probleme mit den Bewohnern sprechen, über Kurzschlüsse am Herd, versiffte Ecken in den Küchen und laufende Wasserhähne. Sie zeigen nicht mit dem Finger, weisen aber auf die schwierigen Umstände in einem Haus, in dem Anfang des Jahres noch 70 Leute, jetzt 127 leben – viele mit traumatischen Erinnerungen im Nacken. Wie soll das auch gehen?

Hetkamp zieht die Schultern hoch. „Die Situation hier lässt einen auch resignieren“, sagt er. „Aber man lebt halt irgendwann mit dem System.“

Lebensgefährliche Flucht

Seit fast zwei Jahren lebt hier der junge Mann. Allein ist er aus Eritrea geflüchtet, auf dem lebensgefährlichen Seeweg aus jenem Land, das wegen seines politischen Systems auch als Nordkorea Afrikas benannt wird. Mit sieben Mann lebt er heute in zwei Zimmern, 20, vielleicht 25 Quadratmeter groß.

Wie es da aussieht? Nur kurz öffnet er die rote Tür, ein scheuer Blick auf zwei nah beieinanderstehende Hochbetten, dazwischen ein schwarzer Hocker, auf dem drei Brötchen liegen.

Sauberkeit findet er wichtig, sagt der junge Eritreer: „Ich lebe hier, das ist für mich, da muss es sauber sein“, sagt er. Ein Freund steht neben ihm, nickt, er reinigt den Flur der unteren Etage, erzählt er. Und dann ist da der Afghane, der so verärgert ist über die Nachlässigkeit anderer im Männerheim. Spreche er mit ihnen darüber? „Wie denn?“ Er lebt neben Syrern, Nordkoreaner, „viele sprechen nur ein bisschen Deutsch, kein Englisch.“ Das Flüchtlingsheim aber sei gut, sagt er mit Dank in der Stimme, immer wieder, damit man das nicht vergisst. Er warte jetzt auf eine Wohnung, sein Nachbar aus Eritrea hat bereits eine zugewiesen bekommen.

Eine Lösung des Problems an der Weierstraße aber kann an diesem Mittwochvormittag keiner der Betroffenen benennen. Dass nicht noch mehr Menschen hier einziehen können, dass dringend Menschen fehlen, die soziale Arbeit leisten, hat die Stadt erkannt.