Oberhausen. Das gute Stück war rostig, das Holz morsch. Und nun sollten es Stoag-Mitarbeiter wieder hinbiegen und ein schmuckes Stück Straßenbahngeschichte draus machen. Am kommenden Sonntag, zum 115. Geburtstag von Oberhausens Straßenbahn, wird Triebwagen 25 wieder durch die Stadt rollen.

Was haben die denn da für einen Schrott gekauft.... – das war der erste Gedanke, der Martin Wiesel und Wolfgang Stahlke durch die Köpfe gejagt ist, als der Tieflader den Triebwagen 25 aufs Stoag-Gelände brachte. Das gute Stück war an allen Ecken und Kanten rostig, das Holz morsch, das Dach hatte einen Bogen. Und nun sollten es die Stoag-Mitarbeiter wieder hinbiegen und aus dem Schrottensemble ein schmuckes Stück Straßenbahngeschichte herstellen. So viel sei schon mal verraten: Sie haben es geschafft. Am kommenden Sonntag, zum 115. Geburtstag von Oberhausens Straßenbahn, wird der Triebwagen 25 wieder durch die Stadt rollen.

Es war das Jahr 1899, als für den Straßenbahnbetrieb der Stadt Oberhausen 18 Triebwagen bei der Firma Herbrand in Köln-Ehrenfeld in Auftrag gegeben, unter ihnen der Triebwagen No. 25. Die Straßenbahn war damals, seit ihrer Einführung 1897, ein beliebtes Verkehrsmittel und der Bedarf an Fahrzeugen groß. Das Netz wurde innerhalb der ersten zwei Jahre zügig ausgebaut, noch im Eröffnungsjahr führte die Straßenbahn nach Norden über die Stadtgrenze hinaus und erreichte die selbstständige Gemeinde Sterkrade. Osterfeld wurde im Juni 1900 an das Straßenbahnnetz angeschlossen.

Fahrzeug überstand den Zweiten Weltkrieg

Von den damals 18 gelieferten Triebwagen mit jeweils zweimal 30 Pferdestärken hat der TW 25 die wohl wechselvollste Geschichte hinter sich. Ursprünglich als Personentriebwagen angeschafft, wurde er Mitte der 30er-Jahre zu einem Arbeitswagen umgebaut. Als eines der wenigen Fahrzeuge überstand er den Zweiten Weltkrieg unbeschadet. 1968 war die Nachfrage nach Straßenbahnen schließlich nicht mehr so groß, Oberhausen legte die Straßenbahn still. Am 13. Oktober 1968 führte der Triebwagen, der ein Jahr zuvor wieder zum Personentriebwagen umgebaut worden war, die Abschiedsfahrt der Oberhausener Straßenbahnen an.

Mit an Bord war Oberbürgermeisterin Luise Albertz. Danach wurde der Triebwagen 25 dem Deutschen Straßenbahnmuseum in Hannover übergeben. Von dort aus gelangte er nach Nordhausen. Wie und warum, das weiß niemand. „Der Triebwagen war zwischenzeitlich verschütt“, erinnert sich Martin Wiesel. Er war einer des Restaurationsteams, das sich an die Wiedergeburt der Straßenbahn machte. „Der Schreiner war klasse“, weiß Wolfgang Stahlke. Musste er auch sein, denn das Interieur wie Holzbänke und Verkleidungen war komplett hinüber.

„Hilf mal eben mit“, hieß es damals, erinnert sich Stahlke. Aus „mal eben“ sind zwei Jahre geworden. In den letzten Wochen vor Fertigstellung fuhr Stahlke täglich nach Essen, wo der Triebwagen seinen Feinschliff erhalten hat.

Ersatzteile kommen aus ganz Deutschland

Das Schätzchen ist komplett zerlegt worden, um es Stück für Stück zu erneuern – und das so originalgetreu wie möglich. Dafür fuhren die Mitarbeiter durch ganz Deutschland, suchten Ersatzteile, stöberten auf Trödelmärkten. „Wo bekommt man heute noch Kupferkurbeln her?“, fragt Martin Wiesel. Oder Emaille-Schilder. Ach ja, und die Sandsteuerung hatte auch so ihre Tücken. Der Hebel, der dafür sorgte, dass sich an allen vier Rädern die Klappen öffnen, um Sand zum bremsen auszulassen, wollte nicht so recht funktionieren.

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„Wir haben getüftelt und den Fehler gefunden“, sagt Betriebsschlosser Wolfgang Stahlke stolz. So manches Mal ist er ganz schön ins Schwitzen gekommen. Als er die Messingstangen, die als Haltestangen dienten, löten musste, zum Beispiel. Die Lötstellen mussten sitzen, denn nachbessern durfte er nicht. Aber, Sie ahnen es, die Geschichte ist gut ausgegangen. Die Haltestangen sind hübsch geworden und Wolfgang Stahlke stolz. „Es ist ein großes Stück von der guten, alten Zeit“, sagt Martin Wiesel lächelnd. Nach dieser Erfahrung ist er übrigens selbst auf den Geschmack gekommen. Seitdem hat er ein altes Motorrad und einen Buckelvolvo wieder aufgehübscht.

Sonderfahrten für den TW 25

Am 31.Dezember 1999 war es so weit: Der TW 25 unternahm seine zweite Jungfernfahrt. Danach gab es noch ein paar Verbesserungsarbeiten, bevor die Restaurateure selbst eine Probefahrt durch Essen machen konnten. Mit Picknick, guter Stimmung und allem, was dazu gehört. „Im A40-Tunnel mussten wir richtig Anlauf nehmen“, sagt Stahlke lachend. Derzeit steht der TW 25 bei der Mülheimer Verkehrsgesellschaft, da die Stoag keinen eigenen Gleisanschluss hat. Aber, sagt Stoag-Sprecherin Sabine Müller, es gibt Pläne, den Triebwagen zur Verkehrshistorischen Arbeitsgemeinschaft in Essen zu bringen, die bei der Restaurierung mitgeholfen habe. Denn der Triebswagen 25 soll öfter per Sonderfahrten durch Oberhausen tuckern.