Oberhausen. Theater, Lesungen, Kino, Konzerte. An sechs Spielorten zeigte sich die Stadt am Samstag „schlaflos“.Schauspieler proben. Jimi Hendrix als Straßenfeger. Und im Gdanska kehrte die Theken-Bühne zurück.

Das mit dem „Pssssst“ muss man nicht immer wörtlich nehmen. Wer bei der Oberhausener Kulturnacht „Schlaflos“ am Samstag am Altmarkt den etwas verschlafen wirkenden Hof zwischen den Häuserschluchten betrat, der vernahm schnell einen Weckruf: „Wir woll’n jetzt Hamlet seh’n, wir woll’n jetzt Hamlet seh’n...“ schallt es aus dem voll besetzten Raum des Atelier-Theaters. Hochkultur trifft Stadion-Gesang trifft Schlüssellochperspektive.

Die Theatergruppe lässt die Besucher an ihren Proben teilhaben und bindet das Publikum mit ins Werk ein. Hamlet zum Mitgrölen. Eine höchst amüsante Melange, die gewollt ist und am Samstag viele Anhänger findet. „Hamlet for you“, „Die Villa“ und „Räuber Hotzenplotz“ bringen die Mimen in Auszügen auf die schmale Bühne. „Pst! Blicke durchs Schlüsselloch“ heißt ihr Beitrag zur langen Kulturnacht. Heimlich, still und leise? Nein, auf den Zusatz „Zuschauen erlaubt“ legt die Gruppe wert.

Historisches in der Christuskirche

An sechs Spielorten zeigen Kulturschaffende Auszüge aus ihrem Programm: ein Appetitmacher auf eine feine Mischung, die in der Stadt oftmals unterzugehen droht. Ein spätes Schlendern durch die breite Kulturlandschaft. Für das städtische Kulturbüro ist es der Abschluss des sommerlichen Programms.

Erstmals dabei ist die Christuskirche. Lesungen führen Stille und Ruhe sowie die bauliche Größe des Gotteshauses zusammen. Bei einem Glas Wein verfolgen die Besucher Sätze von Jürgen Hinninghofen. Es geht um Märchen und Mythen. Auch die Christuskirche selbst, seit 150 Jahren Bestandteil im Kern der Stadt, ist Thema. Ein Bildervortrag lässt Neugierige in die Geschichte des Alt-Oberhausens der Jahre 1900 bis 1930 eintauchen.

Lieder aus der Zeit des ersten Weltkriegs

Am Theater ist „Jimi Hendrix — are you experienced“ ein Straßenfeger: Die Vorführung ist im Dunkeln des Malersaals randvoll besetzt. Viele Besucher müssen auf die Gänge ausweichen. Schauspieler Jürgen Sarkiss komponiert Musik und Worte zu einer faszinierenden Mischung. Dabei kann es etwas lauter werden. Am Eingang werden Ohrstöpsel verteilt. „Ich mag es, bei verschiedenen Vorstellung reinzuschnuppern“, sagt Besucherin Claudia Stöcker. Sie nutzt die „Schlaflos“-Nacht, um ihre Heimat neu kennenzulernen. „Ich lebe in Bremen, habe bis zum Ende meiner Schulzeit hier gewohnt.“ Was gefällt der 42-Jährigen besonders? „Die kleinen Säle!“

Zu einem solchen wird überraschend auch das Gdanska. Das Duo Benrose bietet Jazz, etwas Klassik, im Stile eines verträumten Sommerabends. Draußen fehlen sommerlich laue Temperaturen. Doch drinnen wird es muckelig. Die Theken-Bühne kehrt dort zurück, da der große Nachbarsaal durch eine Privatfeier belegt ist. „Das ist ein Gefühl wie früher, als Helge Schneider bei uns gespielt hat“, sagt Wirt Czeslaw Golebiewski. Erinnerungen an die Enge der ersten Tage. Verträumte Blicke gibt es hier zwischen Saxophon und zarten Stimmen.

Im Bert-Brecht-Haus folgt Nachdenkliches. „Die Grenzgänger“ interpretieren bei ihrem Programm „Maikäfer flieg“ Lieder aus der Zeit des ersten Weltkriegs. Es ist eine Mischung aus musikalischer Klasse und Bezug auf das heutige Weltgeschehen. Zwischen bitterböse und emotional. Ein Konzert, das Denkanstöße gibt. Und ein Höhepunkt der diesjährigen „Schlaflos“-Nacht.