Oberhausen. . Martin Hagemann war überrascht, als Beau und Betty, beide schon etwas ältere Herrschaften, plötzlich zu brüten begannen. Aus einem Ei schlüpfte vor zwölf Tagen der kleine Brasil, der nun immer an die siegreiche Fußball-Weltmeisterschaft erinnen wird.
Heller Flaum, ein gelb-schwarzes Schnäbelchen und leicht verschreckt blickende dunkle Knopfaugen - so ein gerade mal zwölf Tage junger Wüstenbussard ist doch noch völlig hilflos und absolut auf Mama und Papa angewiesen. Aber gerade eben hat Falkner Martin Hagemann den jungen Vogel entführt. Der Kleine wird beringt. Einen Namen hat er auch schon: Brasil. Und drei Mal dürfen Sie raten, in Anlehnung an was er so benannt wurde.
Martin Hagemann (50) hatte mit dem flaumigen Nachwuchs gar nicht gerechnet, als er die Eltern, Beau (18) und Betty (19), in einer großen Voliere vergesellschaftete. Denn die beiden Tiere sitzen hier quasi auf ihrem Altenteil. Jetzt sind sie späte Eltern geworden. „Anfang des Jahres lagen bereits vier Eier in einem Gelege“, erzählt Hagemann. Diese Eier waren jedoch unbefruchtet. Doch Betty legte noch einmal vier Eier, von denen eines bei dem großen Sturm verloren ging. Drei blieben also übrig. Aus einem schlüpfte Brasil.
Der kleine Kerl, der sich zum Beringen in ein improvisiertes Nest aus Stroh kuschelt, hat die kritische erste Lebenswoche nun zum Glück schon hinter sich. Und Hagemann hofft, dass nun auch nichts mehr passiert. Er lässt die Eltern den kleinen Brasil aufziehen, den er später zu Öffentlichkeitsarbeits-Auftritten mitnehmen möchte. Wenn er dann ein großer Parabuteo unicinctus ist, so der lateinische Name.
Schleiereulen lassen sich tagsüber nicht blicken
Wüstenbussarde, die von Nordamerika bis Argentinien anzutreffen sind, können in Gefangenschaft bis zu 30 Jahre alt werden. „Das Weibchen ist eine ganze Ecke größer als das Männchen, wie so oft bei Greifvögeln“, sagt Hagemann. Wüstenbussarde erreichen immerhin eine Flügelspannweite von 110 bis 120 Zentimetern bei einer Körperlänge von 55 bis 60 Zentimetern und einem Gewicht von 750 bis 1100 Gramm.
Mama Betty präsentiert eindrucksvoll ihre stattliche Größe. Sie hängt vorne am Volierendraht und schimpft lautstark über die Eindringlinge, die nicht aufs Grundstück gehören. „Betty ist besser als jeder Hund“, befindet Martin Hagemann dann auch.
Die beiden Wüstenbussarde, pardon die Drei, sind bei weitem nicht die einzigen Tiere Martin Hagemanns, der hauptberuflich als Gärtner arbeitet. Er hält auch zwei imposante Uhus. Schleiereulen, die man tagsüber aber nicht zu Gesicht bekommt. Und dann züchtet Hagemann Frettchen. Diese kleinen Kobolde, die einen Haushalt so richtig schön auf den Kopf stellen können, gibt er immer nur zu zweit ab. „Frettchen spielen so viel, da kann man ihnen als Mensch einfach nicht wirklich gerecht werden“, erklärt Hagemann.
Soziale Jäger
Der 50-Jährige ist auch Jäger, aber nur, weil er den Jagdschein brauchte, um eine Falknerausbildung machen zu dürfen. Und das war eben sein Traum. Genauso wollte er auch einmal einen Habicht aufziehen und mit ihm auf die Jagd gehen. Diesen Traum hat sich Hagemann erfüllt. Mit dem Habicht bejagt er nun regelmäßig den Bereich zwischen Gasometer und der Stadtgrenze Bottrop an der Emscher. Die Beute des Habichts sind Kaninchen. Und jetzt kommen die Frettchen ins Spiel. Sie gehen in die Kaninchenbauten und scheuchen die Nager auf. Wenn diese dann aus ihrem Bau flüchten, wartet draußen Habicht Madras auf die Beute.
Wüstenbussarde jagen übrigens auch nicht allein. Sie jagen in der Gruppe, angeführt von einem älteren, erfahrenen Vogel. Dabei ist ein Wüstenbussard nicht ganz so wendig wie ein Habicht, hält aber eine längere Entfernung in der Verfolgung aus.