Oberhausen. Weil der Mindestlohn die Kosten in die Höhe treibe, stünden die freiwilligen Angebote auf dem Prüfstand, warnt der Unternehmerverband. Verdi geißelt dies als unangebrachte Drohung.

Wegen des Mindestlohns stehen in Oberhausen viele Praktikumsplätze auf der Kippe. Davor warnt der zuständige Unternehmerverband. Als Reaktion auf die steigenden Lohnkosten würden viele Betriebe die freiwilligen Angebote grundsätzlich überdenken. „Aus unserer Sicht sind dann künftig alle Praktikumsplätze, für die ein Mindestlohn zu zahlen ist, gefährdet“, sagt Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes.

Während Stadtverwaltung, Oxea oder die Energieversorgung Oberhausen (EVO) dennoch weiterhin die gleiche Zahl an Praktikumsstellen anbieten wollen, sieht dies beispielsweise bei der Bilfinger Power Systems GmbH etwas anders aus: Es sei zumindest nicht auszuschließen, dass in Zukunft weniger Praktikanten einen Einblick ins Berufsleben geboten bekommen, heißt es in deren Stellungnahme. Und Matthias Heidmeier vom Unternehmerverband ergänzt: „Ich glaube, dass es vor allem für kleine und mittlere Unternehmen schwieriger wird, weiterhin Praktikumsplätze anzubieten.“

Arbeitgeber fordernpraktische Erfahrungen

Kein Verständnis für derartige „Drohgebärden“ kann Henrike Greven, Verdi-Geschäftsführerin im Bezirk Mülheim-Oberhausen, aufbringen. „Die Arbeitgeber wollen junge Leute mit praktischer Erfahrung, da passt es jetzt nicht, über eine Reduzierung der Praktikums-Stellen zu sinnieren.“ Wer einem Praktikanten – Schüler ausdrücklich ausgenommen – nicht 8,50 Euro in der Stunde zahlen könne, der müsse sein Geschäftsmodell einmal gründlich überdenken, so Greven.

Etwas unglücklich findet Birgit Reichel, Sprecherin des Chemieunternehmens Oxea, die Debatte: „Praktikanten sollen doch vor allem etwas lernen und sind keine reinen Arbeitskräfte. Sie kosten ein Unternehmen ja auch Zeit.“ Bei Oxea sei das Thema Mindestlohn jedenfalls nicht in der Diskussion, weil alle der rund 14 Fachpraktikanten im Jahr bereits heute „anständig entlohnt“ würden, so Reichel.

Stadt bietet keine freiwilligen Praktika an

Auch bei EVO und Stadtverwaltung hat der Mindestlohn keine Auswirkungen auf die künftige Zahl der Praktikumsplätze. Allerdings räumt die Stadt ein, dass sie wegen der angespannten Haushaltslage grundsätzlich keine freiwilligen Praktika anbietet. Dennoch sind es pro Jahr immerhin rund 200 junge Leute, die dort hinter die Kulissen blicken.

Am Donnerstag wird das Parlament nun endgültig über den Mindestlohn entscheiden. Gewerkschafterin Henrike Greven hofft, dass dabei die Ausnahmeregelungen überschaubar bleiben. „Ausgenommen der Schüler sollten alle Praktikanten einen Anspruch auf den Mindestlohn haben – und zwar ab dem ersten Tag.“