Oberhausen. . Im Augsburger Stadtteil Oberhausen steht das Pendant des Wahrzeichens der Ruhrstadt Oberhausen: Ein 84,1 Meter hoher Gasometer. Nach Oberhausener Vorbild soll auch er zu einer Kreativstätte umgebaut werden. Essener Architekten arbeiten an einem Zentrum für Musikgruppen.

Dass es in Deutschland nicht nur einen Ort namens Oberhausen gibt, weiß jeder zwischen Alstaden und Sterkrade. Dass es aber im Süden der Republik noch ein Oberhausen mit einem Gasometer gibt, ist schon erstaunlich. Man könnte sagen: Der Gasometer an der Ruhr hat einen kleinen Bruder in Süddeutschland.

Er befindet sich in Augsburg – und zwar im Stadtteil Oberhausen. Und so wie sein Pendant im Ruhrgebiet soll der Gasometer in Augsburg zukünftig auch ein Ort der Kreativität werden. Dort soll nämlich ein Zentrum für Bands geschaffen werden.

Spezialwissen bei Umbau gefragt

Da man für solch einen Umbau spezielles Expertenwissen braucht, haben die Augsburger Stadtwerke die Ausarbeitung eines Konzepts in Auftrag gegeben – und damit internationale Architekten auf den Plan gerufen. Es gründete sich das Team „Gaswerk“: Mit dabei ist das Essener Architekturbüro Felmede Mandel, das sein Know-How für die technische und bauliche Machbarkeit sowie die Kosten eingebracht hat.

Augsburg und Oberhausen

84,1 Meter hoch ist der Augsburger Gasometer. Er hat einen Durchmesser von 45 Metern. Das Nutzvolumen lag bei 100 000 Kubikmetern. Gebaut wurde der 20-eckige Augsburger Gasometer in den Jahren 1953 bis 1954.

117 Meter misst hingegen der Oberhausener Gasometer. Er hat einen Durchmesser von 68 Metern. Das Nutzvolumen lag bei etwa 347 000 Kubikmetern. Gebaut wurde der Gasometer Oberhausen in den Jahren 1927 bis 1929. Im Grundriss ist das Gebäude 24-eckig.

Da das Büro eigentlich spezialisiert ist auf die Planung von Chemie-, Pharma- und Logistikbauten, arbeitet es zusammen mit weiteren Experten. Die Essener untersuchten zusammen mit den Kollegen von „Dynamo Architecten“ im niederländischen Utrecht und dem Büro „Gundula Cordes Architect BNA“ aus Amsterdam, ob sich das Konzept des Oberhausener Leuchtturmprojektes auch auf den Augsburger Gasometer übertragen lässt.

Exportschlager Gasometer

„Mit dem, was wir hier im Ruhrgebiet zu bieten haben, müssen wir nicht hinterm Berg halten“, sagt Richard Mandel, Geschäftsführer des Essener Architekturbüros Felmede Mandel. „Die Anfrage aus Augsburg hat das wieder einmal bewiesen. Unser Gasometer kann zum Exportschlager werden.“

Was sich derzeit in Augsburg-Oberhausen abspielt, ist durchaus vergleichbar mit dem, was die Ruhrstadt Oberhausen zu Beginn der 1990er-Jahre erlebte. Niemand in Augsburg wusste endgültig, was mit dem alten Gasometer geschehen soll. Auch in Oberhausen wurden damals verschiedene Szenarien durchgespielt: Von Abriss des Industriebaus bis zur überdimensionalen Werbesäule schien zeitweise alles möglich.

Jüngst haben die Experten ein neues Konzept präsentiert, das in Augsburg großen Anklang fand: Es gab Lob vom Baureferat, auch Denkmalpfleger haben sich positiv geäußert. Es gehe bei dem Projekt nicht nur um die Sanierung eines Gebäudes, sondern um die Aufwertung eines gesamten Stadtteils durch das Schaffen von sozialer Infrastruktur, hieß es im Augsburger Rathaus.

Oberhausen steht beim Gasometer-Umbau Modell

Schon 2015 sollen die ersten Bauarbeiten für das 25-Millionen-Projekt beginnen. Das denkmalgeschützte Gebäude in Augsburg ist Teil eines alten Gaswerks, das 2001 komplett stillgelegt wurde. Das acht Hektar große Gelände, auf dem der Gasometer steht, wird nur selten genutzt.

Hin und wieder finden auf dem Areal Musikfestivals statt, es gibt Ausstellungen und Mitglieder eines Vereins kümmern sich ehrenamtlich um den 84,1 Meter hohen Gasometer – der damit fast 33 Meter niedriger ist als sein großer Bruder an der Ruhr. „Die Bauweise ist aber durchaus vergleichbar“, erklärt Architekt Richard Mandel. „Wir können beim Umbau ähnlich vorgehen, wie es damals in Oberhausen geschehen ist.“ Um sich in das Projekt einzuarbeiten hat Mandel Gespräche mit Babcock-Mitarbeitern geführt, die in den Gasometer-Umbau eingebunden waren.

In Oberhausen wurde, um Raum für Ausstellungen zu schaffen, die sogenannte „Gasdruckscheibe“ vom Boden des Gasometers auf eine Höhe von etwa 4,5 Metern angehoben und fixiert. „So ähnlich soll das in Augsburg passieren“, sagt Mandel. „Wir werden aber die Platte deutlich höher fixieren.“

Das ist keine einfache Aufgabe: Die Platte ist tonnenschwer. Früher „schwebte“ sie während des Betriebs auf dem Gas. Je mehr Gas in der Kammer war, desto höher stieg sie. Als der Gasometer außer Betrieb genommen wurde, sank sie auf den Boden des Behälters. Wenn die Scheibe nun angehoben wird, wollen die Architekten darunter ausreichend Platz für bis zu fünf neue Geschosse schaffen.

Dort sollen mehr als 100 Proberäume für Augsburger und schwäbische Nachwuchsbands entstehen. Der Vorteil: Durch Haus-in-Haus-Bauweise innerhalb der geschlossenen Gasometer-Hülle dringt die Musik der Bands nicht nach draußen. „Und bei Bedarf könnten wir die Anzahl der Geschosse sogar noch weiter erhöhen, indem wir die alte Gasdruckscheibe noch weiter anheben“, sagt Architekt Richard Mandel.