Oberhausen. Die Stadt will bei einem Pilotprojekt des Landes mitmachen. Doch einige Schulleiter sehen die Motorik-Prüfungen für Grundschüler skeptisch. Sie kritisieren die große Anzahl an Tests.
Um Bewegungsstörungen und starkes Übergewicht bei Kindern zu bekämpfen, will das Land Grundschüler in 25 Modell-Kommunen zum Fitnesstest bitten. Diese Pläne stoßen in Oberhausen jedoch auf ein geteiltes Echo. Bereits heute würden die Kinder mit Tests überhäuft, monieren einige Grundschulleiter. Zudem könne eine weitere, rein leistungsbezogene Prüfung die grundsätzliche Freude an Sport und Bewegung hemmen.
Ab kommenden August sollen sich in den Modell-Kommunen Grundschüler der Klassen 2 und 4 einstündigen Motorik-Tests unterziehen. Die Prüfungen sollen außerhalb des Unterrichts von Sportlehrern oder Übungsleitern von Vereinen durchgeführt werden und unter anderem Koordination, Beweglichkeit und Schnelligkeit testen. Oberhausen steht auf der Bewerberliste für das Pilotprojekt, eine Entscheidung des Ministeriums soll im Juni fallen.
"Enge Kooperation mit den Sportvereinen"
„Anders als bei den Schuleingangsuntersuchungen gibt es bei den Fitness-Tests eine enge Kooperation mit den Sportvereinen. So könnten die Kinder direkt erste Kontakte knüpfen und ins Vereinsleben hineinschnuppern“, sagt Gesundheitsdezernentin Sabine Lauxen und fügt an: „Dabei soll es nicht nur um Kinder gehen, die womöglich Defizite haben, sondern auch um fördernswerte Talente.“
Viertklässler weisen Defizite auf
18 Prozent der fünf- bis sechsjährigen Oberhausener haben Probleme, was ihre Bewegungsfähigkeit und Körperkoordination angeht. Das ergab die Schuleingangsuntersuchung 2012.
Ein weiteres Ergebnis: 12,6 Prozent der Kinder sind zu dick. Sechs Prozent gelten sogar als adipös: Sie sind also so stark übergewichtig, dass es gesundheitsgefährdend ist.
Dass es grundsätzlich Handlungsbedarf gibt, ist unter den Experten weitgehend unstrittig. So sprechen etwa die Zahlen der vergangenen Schuleingangsuntersuchung (siehe Info-Kasten) eine eindeutige Sprache: 18 Prozent der Schüler haben demnach Probleme in puncto Bewegungsfähigkeit und Körperkoordination. Sie scheitern beim Rückwärtslaufen, Seilchenspringen oder Balancehalten.
„Meine persönliche Einschätzung ist, dass diese motorischen Defizite zugenommen haben“, sagt etwa Dorothea Stappert, Leiterin der Erich-Kästner-Schule in Osterfeld. Sie ist seit Anfang der 80er Jahre im Schuldienst. „Auf einem Bein durch einen kleinen Parcours hüpfen, ist für viele Schüler unmöglich. Das war nicht immer so.“ Den angedachten Tests steht sie dennoch etwas skeptisch gegenüber: „Ich denke, es ist ganz wichtig, den Spaß an Sport und Bewegung zu wecken. Wenn es bei dem Test in erster Linie um Leistung und um Bestehen oder Durchfallen geht, kann das kontraproduktiv sein.“
Lieber mehr Geld für Personal
Kritischere Worte kommen von einer Sprecherin der Oberhausener Grundschulleiter, Susanne Amrehn von der Steinbrink-Schule in Sterkrade: „VERA, IGLU, Schuleingangsuntersuchungen: Ich denke, die etwaigen Schwächen der Schüler sind schon sehr wohl bekannt. Von dem Geld für die neuen Tests sollte lieber mehr Personal eingestellt werden, um die Kinder zu fördern.“ Gerade im innerstädtischen Bereich fehle es auch an Platz für die Kinder, sich zu bewegen, so Amrehn.
Noch differenzierter blickt Anke Backer, Leiterin des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes der Stadt, auf die Problematik: „Oft ist es ein Teufelskreis aus Übergewicht, motorischen Defiziten, einseitiger Freizeitgestaltung und unausgewogener Ernährung. Man muss genau ermitteln, was die Ursache ist. Die Kinder pauschal in den Sportverein zu schicken, wäre da als Lösung oft zu einfach.“