Oberhausen. Was das Übergewicht angeht, belegt Oberhausen einen traurigen Spitzenplatz unter den Kommunen im Rheinland. Laut Leiterin des Adipositas Zentrums steigt vor allem das Ausmaß der Fettleibigkeit und könnte schon bald schlimmer als in Amerika sein. Das Erschreckendste: die Zahlen steigen weiter dramatisch.
Mindestens jeder fünfte Oberhausener ist nicht nur zu dick, sondern krankhaft fettleibig – ein absoluter Spitzenwert im Vergleich der rheinischen Kommunen. Schon seit Jahren ist die Fettleibigkeit hier auf dem Vormarsch, die Zahlen steigen dramatisch. „Adipositas ist gerade hier in Oberhausen ein Riesenproblem“, mahnt Mike Ralf Langenbach, ärztlicher Direktor der Helios St. Elisabeth Klinik – eine Trendwende ist nicht in Sicht.
„Zahlen, die erschrecken“
Ganz im Gegenteil: „Das sind Zahlen, die erschrecken“, kommentiert AOK-Regionaldirektor Hans-Werner Stratmann die hohen Raten von knapp 19 Prozent. „Und die stammen aus dem Jahr 2009, da müsste man jetzt noch einen Zuschlag draufpacken.“ Allein in zwei Jahren sei die Rate um fast drei Prozent gestiegen. „Das ist gewaltig – und der Trend geht eindeutig weiter nach oben.“
Doch wächst nicht nur der Anteil fettleibiger Menschen in Oberhausen – auch das Ausmaß wird immer dramatischer, bestätigt Annette Chen-Stute, Leiterin des Oberhausener Adipositas-Zentrums, das dieser Tage sein 20-jähriges Bestehen feiert: „Die Menschen, die zu uns kommen, werden immer schwerer. Wir sind auf einem guten Weg, die Amerikaner einzuholen.“
OP als letzter Ausweg
Die Menschen, die sich an die Anlaufstelle an der Düppelstraße wenden, sind meist massiv eingeschränkt – können sich kaum mehr bewegen, nicht mehr mit den Kindern spielen, sich nicht mehr richtig waschen. „Wir reden hier von einem Körpergewicht von 180 Kilo und mehr“, so Chen-Stute. Der Ansatz: Ein Jahr Therapie samt Ernährungsberatung, psychologischer Betreuung und Verhaltenstherapie. Letzter Ausweg: OP.
Wenig Bewegung, falsche Ernährung, zu wenig Schlaf – die Ursachen sind hinlänglich bekannt. „Das alles mündet in unbeweglichen, übergewichtigen Menschen“, moniert Langenbach, der Adipositas-Patienten chirurgisch betreut. So ist etwa nur jeder fünfte Oberhausener Mitglied im Sportverein, in den Nachbarstädten sind es durchweg über 20 Prozent. „Auch hier sind wir also hintendran – ein Zeichen für die mangelnde Bewegungsfreude in der Stadt“, sagt Hans-Werner Stratmann.
Soziale Probleme
Doch vor allem ist das Problem auch ein soziales: „Die Stadt ist ja doch sehr arm, die sozialen Verhältnisse sind schwierig“, sagt Chirurg Langenbach – und das schlage sich leider eben auch in den erschreckend hohen Adipositas-Raten nieder.
Gefährlich ist dabei der Rattenschwanz an Folgeerkrankungen, den die Fettleibigkeit mit sich bringt: Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall – im schlimmsten Fall: Tod. Immer mehr Oberhausener müssen wegen Diabetes ins Krankenhaus. Seit Gründung des Adipositas-Zentrums hat sich die Rate der Kinder mit Diabetes mehr als verdoppelt – eine beunruhigende Tendenz.
Doch es gibt auch einen, wenn auch kleinen „Hoffnungsschimmer“ in der Stadt: „Unter den eingeschulten Kindern waren dieses Jahr nicht so viele übergewichtig wie sonst“, sagt Chen-Stute und lobt den frühen Einsatz für Bewegung und Ernährung an Schulen und Kitas. „Möglicherweise hat das gefruchtet.“