Oberhausen. Alternativen zu Börek, Baklava und gefüllte Weinblätter: Ernährungstrainerin Ayse Özgenel erklärt Oberhausener Erzieherinnen, wie sich gesundes und leckeres Essen für Kinder türkischer Herkunft zubereiten lässt.

„Das Leben kommt aus dem Magen“, lautet ein türkisches Sprichwort. Kein Wunder: Beim Blick auf Börek, Baklava und gefüllte Weinblätter läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Doch genau hier liegt auch die Tücke der türkischen Küche: „Alles muss richtig schön fettig sein – und dann wird mit Sirup nachgezuckert“, erklärt Ernährungstrainerin Ayse Özgenel. Die Konsequenz: Immer mehr Kinder mit türkischem Migrationshintergrund sind zu dick. Tatsächlich sind unter türkischen Kindern deutlich mehr Übergewichtige als unter deutschen.

Am gestrigen Montag lernten elf Oberhausener Erzieherinnen Tipps und Tricks, wie man türkische Kinder gesund und lecker ernährt – und den Trend zum Übergewicht so schon möglichst früh bekämpft.

Zu viel Fett

Die Ursachen sind vielfältiger Natur: Gutes, reichhaltiges Essen ist in der islamischen Welt tief verwurzelt. „Das ist ein Zeichen der Gastfreundschaft. Hat man Gäste, kommt man mit Kaffee und Kuchen nicht weit – da müssen Vorspeise, Hauptspeise und Nachspeise auf den Tisch.“ Und das alles schön fettreich. Statt den zwei Esslöffeln Öl pro Tag, die der Körper braucht, sind es hier schon mal acht bis zehn: „Wenn das nicht wäre, wäre die türkische Küche optimal – es wird nämlich ganz viel Gemüse gegessen“, erklärt Ernährungsexpertin Özgenel.

Zu ungünstigen Ernährungsvorlieben wie denen für Weißbrot, frittiertes Essen oder süßen Getränken á la Eistee, Softdrinks und Saft kommt oft zu wenig Bewegung: „Viele wissen gar nicht richtig, wie Sport gemacht wird“, sagt Ayse Özgenel. „In türkischen Familien ist es auch sehr selten, dass alle sonntags Fahrrad fahren oder gemeinsam schwimmen gehen – viele haben da eine gewisse Scheu.“

Kulturelle Besonderheiten

Auch ein Abstecher zu religiösen und kulturellen Besonderheiten durfte natürlich nicht fehlen – für viele Erzieherinnen von besonderem Interesse. Denn die kunterbunt gemischten Kulturen in den Oberhausener Kindergartengruppen bringen die unterschiedlichsten Essgewohnheiten mit sich – und das sorgt hin und wieder für Unsicherheiten: Darf das Fleisch für deutsche und türkische Kinder auf einem Grill gegrillt werden? Welches Fleisch darf überhaupt gegessen werden, wie steht’s mit den Gummibärchen beim Kindergeburtstag, und was ist sonst noch verboten?

Eine spannende Reise in die türkische Küche mit allerlei praktischen Tipps: Backen statt Frittieren, statt Eistee lieber Tee mit Orangenscheiben oder Schorle und am liebsten Leinöl, Walnuss- oder Rapsöl verwenden – das ist besonders gesund. Und ganz wichtig: Geduld. „Essverhalten ist jahrelang angeeignet – das kann man sich nicht von heute auf morgen abgewöhnen.“

Stadt setzt auf Gruppenkurse

Der Trend zum Übergewicht bei Kindern ist ein allgemeiner, unter türkischen Migranten aber ist er besonders gravierend. Und mit den Ernährungsgewohnheiten gehen auch Karies, Diabetes oder Herzkrankheiten einher. „Aber mal abgesehen von den gesundheitlichen Folgen: Die Kinder sind ja nicht nur dick, sondern werden auch gehänselt – man muss nur mal an die eigene Kindheit zurückdenken. Und das hat ja Folgen für den ganzen weiteren Lebensweg“, sagt Sabine Lauxen, städtische Beigeordnete für die Bereiche Umwelt, Gesundheit und ökologische Stadtentwicklung.

Statt Einzelberatung setzt die Stadt hier auf Gruppenkurse an verschiedenen Stellen, etwa für Erzieher und Eltern: „Wenn ein Baustein zum anderen passt – das wäre optimal. Denn wenn die Kinder alles schön im Kindergarten lernen, das aber zu Hause nicht aufgegriffen wird, hilft das ja wenig.“ Wichtig ist Lauxen vor allem, dass nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Spaß an das Thema Ernährung herangegangen wird: „Wenn man lernt, dass das Essen genauso gut schmecken kann, wenn es nicht vor Fett strotzt, – das löst bei vielen erst einmal mal eine Art Aha-Effekt aus.“

Der beste Beweis wartet am Ende der Fortbildung: Bulgursalat und Börek von Ernährungstrainerin Ayse Özgenel.

Gesunde Ernährung

1. Vielseitig essen- Was zählt, ist die Menge und die Kombination nährstoffreicher und energiearmer Lebensmittel.
1. Vielseitig essen- Was zählt, ist die Menge und die Kombination nährstoffreicher und energiearmer Lebensmittel. © imago stock&people imago
2. Getreideprodukte, wie Nudeln, Brot und Reis, enthalten Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe sowie Spurenelemente. Genauso gesund sind auch Kartoffeln.
2. Getreideprodukte, wie Nudeln, Brot und Reis, enthalten Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe sowie Spurenelemente. Genauso gesund sind auch Kartoffeln. © imago stock&people imago
3. Fünf Portionen Gemüse und Obst sollte man am Tag zu sich nehmen. Genauso wie Getreide und Kartoffeln enthalten Obst und Gemüse viele Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe.
3. Fünf Portionen Gemüse und Obst sollte man am Tag zu sich nehmen. Genauso wie Getreide und Kartoffeln enthalten Obst und Gemüse viele Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe. © imago stock&people imago
4. Während man täglich Milch trinken sollte, sind Fisch, Fleisch und Eier nur einmal in der Woche zu empfehlen. Diese Lebensmittel enthalten Calcium, Jod, Eisen und einige Vitamine.
4. Während man täglich Milch trinken sollte, sind Fisch, Fleisch und Eier nur einmal in der Woche zu empfehlen. Diese Lebensmittel enthalten Calcium, Jod, Eisen und einige Vitamine. © imago
5.In Fett sind lebensnotwendige Fettsäuren enthalten, aber zu viel kann zu Übergewicht  führen. Gesünder ist es, mit pflanzlichen Ölen und Fetten zu kochen.
5.In Fett sind lebensnotwendige Fettsäuren enthalten, aber zu viel kann zu Übergewicht führen. Gesünder ist es, mit pflanzlichen Ölen und Fetten zu kochen. © imago stock&people imago
6. Zuviel Zucker und Salz ist ungesund. Zum Würzen kann man beispielsweise auch frische Kräuter benutzen.
6. Zuviel Zucker und Salz ist ungesund. Zum Würzen kann man beispielsweise auch frische Kräuter benutzen. © imago
7. Pro Tag sollte man rund 1,5 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Am Besten sind Wasser und andere kalorienarme Getränke.
Alkohol sollte nur selten und in kleinen Mengen getrunken werden.
7. Pro Tag sollte man rund 1,5 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Am Besten sind Wasser und andere kalorienarme Getränke. Alkohol sollte nur selten und in kleinen Mengen getrunken werden. © imago stock&people imago
8. Gesund zu kochen heißt: Mit wenig Wasser und wenig Fett zu garen. Das gibt einen natürlichen Geschmack und Vitamine bleiben erhalten.
8. Gesund zu kochen heißt: Mit wenig Wasser und wenig Fett zu garen. Das gibt einen natürlichen Geschmack und Vitamine bleiben erhalten. © imago stock&people imago
9. Wer sich Zeit beim Essen lässt, fördert das Sättigungsempfinden. Außerdem ist zu schnelles Essen schlecht für die Verdauung.
9. Wer sich Zeit beim Essen lässt, fördert das Sättigungsempfinden. Außerdem ist zu schnelles Essen schlecht für die Verdauung. © imago stock&people imago
10. Ernährung und Bewegung gehören zusammen, denn Sport regt die Verdauung an.
10. Ernährung und Bewegung gehören zusammen, denn Sport regt die Verdauung an. © imago stock&people imago
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