Oberhausen.

Das Sozialticket kommt in Oberhausen nicht in Fahrt. Zwei Jahre nach seiner Einführung ist die Zahl der Benutzer nur leicht gestiegen: Von rund 39.000 Berechtigten nehmen aktuell nur 2600 die subventionierte Monatskarte für Bus und Bahn in Anspruch, nur 500 davon haben sie abonniert. Zum Vergleich: Vor knapp einem Jahr waren es 2200 Menschen.

Dennoch will Stoag-Unternehmenssprecherin Sabine Müller das Sozialticket nicht als Flop bezeichnen. „Ich denke, dass es noch zu früh ist, das Projekt zu bewerten oder gar zu beerdigen“, sagt Müller. „Grundsätzlich ist das Ticket auf einem guten Weg und die Zahlen sind in den vergangenen zwei Jahren ja auch kontinuierlich gestiegen.“ Eventuell sei man mit zu hohen Erwartungen ins Projekt gestartet: „Wir haben zum Start des Sozialtickets erwartet, dass circa 15 Prozent der Berechtigten sich das Ticket holen werden.“ Das wären rund 5500 Menschen gewesen.

„Für einen Preis von 30 Eurokann man mehr erwarten“

Schaue man sich nur die tatsächliche Zahl an, gibt Müller zu, dann sei das Ergebnis natürlich enttäuschend. „Aber wenn man mit jedem Euro rechnen muss, dann überlegt man sich natürlich zweimal, ob man sich ein Ticket zulegt oder nicht.“

1,14 Millionen potenzielle Nutzer

Das Land NRW bezuschusst das Sozialticket mit rund 30 Millionen Euro pro Jahr.

Im Einzugsgebiet des VRR gibt es 1,14 Millionen potenzielle Nutzer, allerdings nehmen nur zwischen 6 und 8 Prozent das Ticket in Anspruch.

Die Gründe für den mangelnden Erfolg macht Mike Laudon vom Arbeitslosenzentrum Kontakt in Sterkrade an verschiedenen Faktoren fest. Zum einen bemängelt er die mangelnde Mobilität. „Das Sozialticket gilt nur bis zur Stadtgrenze, ist nicht übertragbar und man kann keine Personen mitnehmen“, sagt Laudon. Für einen Preis von 30 Euro könne man mehr erwarten. „Würde das Ticket für ganz NRW oder den VRR-Bereich gelten, sähe die Sache bestimmt ganz anders aus.“ So sei das Ticket 2000 9 Uhr für Menschen, die aufs Geld achten, wesentlich attraktiver: Das kostet in der günstigsten Preisstufe zwar 45,89 Euro, allerdings kann man damit abends und am Wochenende im gesamten VRR-Bereich fahren und einen Fahrgast darauf mitnehmen. Laudon: „Wer rechnen muss, gibt dann da lieber etwas mehr aus, hat aber auch mehr Möglichkeiten.“

Diskriminierung durch Sozialticket

Doch auch soziale Ausgrenzung und Schamgefühl sieht Laudon als Gründe für die Nutzerzahlen des Sozialtickets. „Nicht jeder will, dass man gleich am Ticket erkennt, in welcher Situation er sich befindet.“

Monika van Aal von der Allgemeinen Sozialberatung der Caritas Oberhausen-Mitte stimmt ihm zu. „Das Sozialticket ist klar erkennbar. Betroffene erleben das nicht selten als Diskriminierung.“ Eltern wollten ihren Kindern Ausgrenzung und peinliche Fragen im Bus ersparen, wenn Mitschüler das hellblaue Ticket sehen. „Das Schokoticket für Schüler ist nur unwesentlich teurer. In den Regelsätzen für Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II sind für den Posten ‘Verkehr’ lediglich 24,62 Euro vorgesehen. Die Differenz muss aus eigener Tasche bezahlt werden.“