Oberhausen. Drei schwarze Kreuze stehen auf einem dunklen Berg, der wie sie in das Licht einer untergehenden Sonne getaucht ist. Vor ihnen steht ein langer, mit einem weißen Tuch bedeckter Tisch. Es ist das zentrale Szenario der Ausstellung „Judas – ein Verräter?“, die im Spionage-Museum eröffnet wurde.

Drei schwarze Kreuze stehen auf einem dunklen, felsigen Berg, der wie sie in das Licht einer untergehenden Sonne getaucht ist. Vor ihnen steht ein langer, mit einem weißen Tuch bedeckter Tisch. Ein Scheinwerfer hebt darauf grell ei­nen Kreis hervor. In einiger Entfernung steht eine kopflose Schaufensterpuppe am Tisch, vor ihr ein lederner Geldbeutel. Sie trägt das Gewand des Judas Ischariot, wie es bei den Passionsfestspielen in Oberammergau getragen wurde. Das ist das zentrale Szenario der Ausstellung „Judas – ein Verräter?“, die am Freitagabend im Top Secret, dem Spionage-Museum im Centro, eröffnet wurde.

Die Gegensätze könnten größer nicht sein: Hier Waffen, Abhörtechnik und James Bonds Supersportwagen, dort stimmt ein Gospelchor aus Essen die ersten Besucher der Sonderausstellung mit geistlicher Musik ein. Ingo Mersmann, seit Anfang des Jahres Betreiber des Museums, begrüßt die Gäste. Dann ergreift Peter Fabritz, der katholische Stadtdechant, das Wort. Er spricht vom zweifachen Drama des Judas, der nach der Überlieferung für ei­nen Lohn von 30 Silbermünzen damals Jesus von Nazareth an seine Feinde auslieferte, die ihm den Prozess machen ließen. „Da ist einmal der Verrat an sich“, sagt der Pfarrer. „Und dann ist da das Zerbrechen des Judas daran.“ Der wählte bekanntlich später den Freitod.

War es bloß Habgier?

Über die Gründe wird bis heute spekuliert. War es bloß Habgier? Für Peter Fabritz ist wahrscheinlicher, dass Judas zur Gruppe der Zeloten gehörte, die Palästina von der römischen Besatzungsmacht befreien wollten. Er könnte von Jesus, der keinen Umsturz und keine weltliche Herrschaft im Sinn hatte, enttäuscht gewesen sein.

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Vor der Ausstellung bildet sich eine lange Schlange. Sie zeigt Bibeln aus verschiedenen Jahrhunderten, erinnert an die Päpste der letzten 100 Jahre, präsentiert Schrifttum, das sich mit Judas beschäftigt – von der theologischen Studie bis zum Kriminalroman. Und sie zeigt Kupferstiche mit Szenen der Judas-Geschichte.

„Ich habe mich selbst jahrelang gefragt, ob ich nicht auch ein Verräter bin“, erklärt Gastgeber Ingo Mersmann zu den Motiven für eine solche Ausstellung. 28 Jahre lang war er Agent des Bundesnachrichtendienstes, bevor er am Aufbau des Museums mitwirkte. Und er erzählt, wie er sich jahrelang mühsam das Vertrauen eines Drogenbosses erschlich – um ihn dann dingfest zu machen.

Jesus von Nazareth freilich war kein Krimineller, nur ein unbequemer Prediger mit großer Massenwirkung. Aber ohne den Verrat an ihm wäre die Weltgeschichte ganz anders verlaufen.