Oberhausen. . Das Mehrgenerationenhaus „La Casa“ in Lirich hat eine altersgemischte Mieterschaft. Man kennt sich und achtet aufeinander, aber: „Pottkieken“ gibt’s nicht. Vierter Teil der NRZ Serie „Wohnen und Leben im Alter“.
Ältere Ehepaare, alleinstehende Senioren, alleinerziehende Mütter mit Kindern aller Altersstufen, komplette Familien mit mehreren Kindern – die 20 Wohneinheiten im „La Casa“ in Lirich haben eine bunte Mieterschaft. Die Jüngsten in den 38 bis 100 Quadratmeter großen Wohnungen erleben ihren ersten Frühling, die älteste Bewohnerin zählt mittlerweile 87 Lenze.
Im Jahr 2008 wurde das Mehrgenerationen-Wohnhaus zum ersten Mal bezogen, inzwischen ist dort eine gute Hausgemeinschaft gewachsen. „Man kennt sich, man sieht sich und achtet aufeinander“, sagt Diethard Papke (69). Er und seine Frau Helga waren Mieter der ersten Stunde. „Das passt hier einfach“, sagt er – und will nicht wieder weg.
"Auf Dauer kann das nicht gut gehen"
Dabei ist Papke eigentlich noch nicht auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen, ist noch aktiv, bringt älteren Mitbewohnern gerne die Post und die Zeitung hoch: „Aber man wird ja auch mal älter. Deshalb haben wir uns entschlossen, rechtzeitig nach der richtigen Wohnung zu gucken. Und dass man hier auch junge Leute im Umfeld hat, ist wichtig, damit man geistig nicht verstumpft“, sagt er.
Jutta (69) und Franz Ketzer (73) sind im Juli vor zwei Jahren ins „La Casa“ an der Ottilienstraße gezogen: „Wir hatten vorher eine Superwohnung an der Duisburger Straße – 100 Quadratmeter groß, mit Dachterrasse“, erzählt Jutta Ketzer. „Aber rennen Sie mal immer in den dritten Stock – ohne Aufzug. Auf Dauer kann das nicht gutgehen“, erzählt ihr Mann, warum sie irgendwann überlegt haben, sich wohnlich zu verändern. „Unsere Mutter ist hier schon gleich am Anfang eingezogen. Da haben wir immer schon gedacht: Sowas wäre auch mal was für uns. Irgendwann...“ Als dann eine Wohnung frei wurde, weil die Demenz-Erkrankung der Vormieterin so fortgeschritten war, dass sie in ein Pflegeheim musste, war die Entscheidung im Prinzip gefallen.
„Einfach war’s natürlich nicht, sich von 100 auf 56 Quadratmeter kleiner zu setzen. Man muss Abstriche machen und sich von manchem Liebgewonnenen trennen“, erzählt Jutta Ketzer: „Aber wir haben’s nicht eine Stunde bereut. Wir fühlen uns hier sauwohl.“ Einen finanziellen Aspekt hatte ihre Entscheidung auch: „Wir haben uns gesagt: Wenn wir noch mal umziehen, soll das was für immer sein“, sagt Franz Ketzer. Das bedeutete für die beiden auch: „Wenn irgendwann einmal nur einer übrig bleibt, muss er die Miete auch alleine bezahlen können.“ Das gibt Sicherheit.
Schön finden die beiden auch, dass sie jetzt zwischendurch immer mal schnell und unkompliziert nach ihrer Mutter/Schwiegermutter Angela Przybilla gucken können – die wohnt im ersten Stock.
Gläserner Aufzug im Innenhof sorgt für Barrierefreiheit
Die 87-Jährige hatte nach dem Tod ihres Mannes und einigen gesundheitlichen Rückschlägen nicht mehr gut in ihrer früheren Wohnung an der Alstadener Straße bleiben können, denn mit Rollator hätte sie sich da nicht frei bewegen können: „Jetzt bin ich hier mobil, kann selbst bis zur Apotheke und zum Laden gehen und wohne ‘klein aber fein’ sagt sie über ihr Apartment, das komplett barrierefrei und über einen gläsernen Aufzug im Innenhof problemlos zu erreichen und zu verlassen ist.
Was alle schätzen, ist die Art, wie man in der Hausgemeinschaft miteinander umgeht: „Im Innenhof und auf den Laubengängen trifft man immer jemanden, und man sieht, wenn irgendwo etwas nicht stimmt – wenn zum Beispiel mehrere Tage die Rollos unten bleiben“, sagt Diethard Papke. „Ich bin auch überzeugt, dass jede junge Mutter bei einem von uns schellen würde, wenn’s mal einen Notfall gäbe“, sagt Jutta Ketzer: „Aber ansonsten ist hier jede Wohnung Privatraum: Pottkieken gibt’s nicht.“
Dirk Rubin, Geschäftsführer der Elterninitiative Löwenzahn, die die benachbarte Kita betreibt und das Mehrgenerationenhaus zusammen mit der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Oberhausen gebaut hat, beschreibt das Hausgemeinschafts-Modell so: „Das ist ein bisschen wie Leben im Dorf – nur eben mitten in der Stadt.“