Oberhausen. Die Oberhausener Linke Liste kritisiert den Ausverkauf der Kommune. Eine gestalterische Politik auf lokaler Ebene sei deshalb kaum mehr möglich. Sie kämpfen für eine bessere Infrastruktur und gegen das Kaputtsparen der Stadt. Nach dem Wahlkampf wollen sie die harte Opposition stellen.
Lokal, kommunal, scheißegal? Die Linke Liste hält den Zug für Lokalpolitik in der hoch verschuldeten Stadt eigentlich für abgefahren. Doch wer glaubt, dass die Partei deshalb vor Ort die Segel streicht, irrt sich. Die Linke Liste zeigt sich im Interview mit Dennis Vollmer als Kreativ-Kollektiv mit dem Anspruch, die einzig echte Opposition zu bilden. Zur Kommunalwahl im Mai könnte sie erstmals vor den Grünen liegen, hofft sie.
Die Linke hat zur Kommunalwahl Chancen auf Bronze. Sie haben die FDP bereits 1999 hinter sich gelassen. 2009 lagen sie gerade mal zwei Prozentpunkte hinter den Grünen. Sind Sie darauf stolz?
Jens Carstensen: Natürlich. Wenn uns die Bürger wählen, zeigt uns das, das wir gute Oppositionspolitik machen.
Im Land schnitten Sie aber zuletzt schlechter ab: warum?
Yussuf Karacelik: Die Linke in Oberhausen hat sich durch ihre kontinuierliche Arbeit verfestigt, im Land nicht. Da haben die Piraten eine Rolle gespielt.
Carstensen: Eine Linke, links von der SPD, hat hier Tradition. Angefangen von der Bunten Liste in den 80er Jahren, die von linken Kräften geführt wurde. Wir sind dann 1999 ganz bewusst als Linke Liste, PDS, angetreten.
Wo sehen Sie ihre Stärken?
Thomas Haller: Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir Schwimmbäder wie damals das Alsbachtal erhalten wollen, möglichst ein neues Freibad. Wir wollen ebenso die Infrastruktur für die Vereine erhalten.
Petra Marx: Wir werden heute noch auf unseren Aktionen für das Freibad Alsbachtal angesprochen. Die Menschen merken, wer ist transparent in der Stadt, wer legt den Finger in die Wunde. Wir setzen uns für den Erhalt der Grünflächen und Infrastruktur ein und schwanken nicht hin und her.
Carstensen: Wir zeigen auf, wie man erfolgreich Widerstand entwickeln kann. Wir bieten aber auch Sozialberatung an, begleiten Menschen zum Arbeitsamt, Jobcenter.
„EIgentlich sind wir die Ja-Sager“
Ist Bürgernähe der Schlüssel?
Karacelik: Ja. Das Linke Zentrum an der Elsässer Straße ist dafür ein Beispiel. Die Bürger kommen hier auf uns zu, wir halten unsere Fraktionssitzungen öffentlich ab. Wir fordern übrigens als einzige, dass man die Stadt nicht kaputtsparen darf. Im Rat gibt es dagegen nur eine einzige große Koalition: FDP und CDU machen ja mit, wenn es etwa um Stellenkürzungen in der Rathausverwaltung geht.
Gibt es in Oberhausen keine echte Opposition?
Marx: Es gibt nur eine vermeintliche Opposition, die punktuelle Änderungen fordert. Letztlich stimmen alle gleich ab, wenn es ums Kürzungspaket geht.
Klingt nach harter Linie: Gelten Sie deshalb in der Stadt als Nein-Sager?
Karacelik: Ich kenne den Begriff nur aus der Zeitung, auf der Straße sagt man das über uns nicht. Wir haben immer unsere Positionen zu lokalen Themen eingebracht, etwa zur Primusschule, sie wurden nur von der Presse nicht transportiert.
Carstensen: Wir stehen für unsere Inhalte ein, werden aber nicht immer richtig verstanden. Wir haben etwa schon 1999 gesagt, dass die Verarmung der Kommune politisch gewollt ist. Sie muss mehr Aufgaben übernehmen, sie ist gezwungen öffentliches Eigentum zu verkaufen und Aufgaben zu privatisieren. Aber ohne eine solide Finanzierung wird es lokal keine Veränderungen geben. Weil wir das benennen, gelten wir als Nein-Sager.
Haller: Eigentlich sind wir die Ja-Sager, weil wir konsequent für Oberhausen stimmen.
„Wir bleiben Opposition!“
Ihre Anträge im Rat klingen nach Klientelpolitk und wenig lokal: Grabsteine ohne Kinderarbeit, atomstromfreie Stadt, Sozialticket ...
Carstensen: Viele der Themen werden zwar im Land oder vom Bund entschieden, aber in der Kommune spielt sich das Leben ab, der Mensch trifft hier auch seine Entscheidungen. Deshalb stellen wir solche Themen lokal zur Diskussion.
Und wann packen Sie die lokalen Themen an?
Carstensen: Wir – nicht etwa die Grünen – haben auf die Bebauung der Grünfläche von Rück aufmerksam gemacht. Das sehen die Bürger leider nicht immer, sonst hätten wir wohl 28 statt acht Prozent. Aber welchen Entscheidungsspielraum hat die Kommune noch? Die elementaren Kämpfe sind längst ausgefochten. Das kommunale Eigentum ist fast verscherbelt.
Apropos: Sollten Sie im Mai die Grünen überflügeln, hätten Sie die Chance, mit der SPD zu regieren.
Marx: Wir werden uns nicht verbiegen.
Carstensen: Wir waren dort erfolgreich, wo wir konsequent Opposition geblieben sind. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Wir bleiben Opposition!