Oberhausen. . Zu hoher Druck auf Schüler? Die Gewerkschaft GEW sieht den Abschluss nach dem 12. Schuljahr skeptisch und würde eine Rückkehr zum G9-System befürworten. Schulspitzen und Elternvertreter halten dagegen: G8 funktioniert
Hohe Arbeitsbelastung und Unterricht bis in den Nachmittag hinein: So mancher Schüler stöhnt unter dem Druck des „Turbo-Abis“. Den sieht auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Oberhausen: Sie würde gerne zum Abitur nach 13 Schuljahren zurückkehren. „Inhaltlich stehen wir dafür ein“, sagt Stefan Schubert, Mitglied im vierköpfigen Leitungsteam. Darum verfolgt die GEW die aktuelle Diskussion in Niedersachsen mit großem Interesse. Die dortige rot-grüne Landesregierung überlegt derzeit, den Gymnasien freizustellen, ob sie den Abschluss nach neun Schuljahren (G9) oder acht Jahren (G8) anbieten wollen. „Wahlfreiheit ist immer eine gute Sache“, so Schubert. Schul- und Elternvertreter in Oberhausen sehen dagegen keinen Bedarf für eine Rolle rückwärts beim Thema Turbo-Abi.
„Der Druck auf die Kinder nimmt immer weiter zu“, ist der Gewerkschafter Schubert, der als Lehrer am Bertha-von-Suttner-Gymnasium arbeitet, überzeugt. Enorme Leistungsanforderungen gebe es so schon in der fünften und sechsten Klasse. „Die zweite Fremdsprache setzt bereits im zweiten Jahr am Gymnasium ein.“ Schüler hätten teilweise bis weit in den Nachmittag hinein Unterricht. Darunter leide auch das Privatleben der Kinder und Jugendlichen.
Plädoyer für Schulsozialarbeit
Doch wenn er es aus pädagogischer Sicht auch begrüßen würde, hält Schubert eine Rückkehr zu G9 für ausgesprochen schwierig. „Wir haben mit den beiden großen Themengebieten Inklusion und Ganztag bereits zwei riesige Baustellen in der Bildungspolitik in Nordrhein-Westfalen.“ Würde zusätzlich noch beim Abitur gewerkelt werden, wäre das Chaos perfekt.
Vielmehr wünscht sich Schubert eine deutliche Ausweitung der Schulsozialarbeit. „Hier muss die Landesregierung aktiv werden und Mittel bereit stellen. Schulsozialarbeit muss auch an Gymnasien die Regel werden.“ So könnte den Schülern direkt und zielgerichtet geholfen werden.
"Eigentlich läuft es bei uns an der Schule sehr rund"
Der stellvertretende Leiter des Elsa-Brändström-Gymnasiums, Uwe Bleckmann, will derzeit keine Diskussion über eine Abkehr vom Turbo-Abi entfachen. „Fakt ist, dass bei den Abiturprüfungen im vergangenen Jahr die Schüler im Durchschnitt gleich abgeschnitten haben – egal ob sie in der 12. oder der 13. Klasse waren.“ Das zeige, dass G8 funktioniere. „Zumal sich die Arbeitsabläufe langsam einspielen.“
Annette Bühnen, Vorsitzende der Elternpflegschaft am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, sieht derzeit keine Bestrebungen, an G8 zu rütteln. „Eigentlich läuft es bei uns an der Schule sehr rund.“ Auch am Freiherr seien bei den Abiprüfungen im vergangenen Jahr die Ergebnisse des doppelten Jahrganges auf gleichem Leistungsniveau gewesen. „Und unter den Eltern gab es bisher nicht einmal den Hinweis, dass ihre Kinder unter zu großem Druck stehen oder die Arbeitsbelastung zu enorm sei.“ Natürlich seien die Anforderungen an einem Gymnasium nicht gering, „aber das war schon vor G8 so“.