Oberhausen. Ballungszentren ziehen Menschen an, weil sie Arbeits- und Studienplätze bieten. Doch das strukturschwache Ruhrgebiet zählt unter den Metropolregionen Deutschlands zu den Verlierern. Bis zum Jahr 2030 verliert Oberhausen deshalb laut einer aktuellen Studie 7,2 Prozent seiner Bürger.
Immer mehr Menschen zieht es in die Ballungszentren, weil sie dort Bildung und Arbeit finden – von diesem anhaltenden Trend profitieren die großen Städte in Deutschland. Für Oberhausen gilt das nicht, ganz im Gegenteil: Einer aktuellen Prognose des renommierten Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) zufolge wird die Einwohnerzahl Oberhausens bis zum Jahr 2030 um 7,2 Prozent schrumpfen – von derzeit rund 210.000 auf dann etwa 195.000. Voraussichtlich im Jahr 2026 werde Oberhausen damit unter die 200.000-Einwohner-Marke rutschen, sagt der Autor der Studie, Klaus-Heiner Röhl.
Röhl hat als Basis für seine Prognose die Bevölkerungsentwicklung zwischen 2005 und 2011 sowie die der stärkeren Zuwanderungsjahre 2008 bis 2011 genommen, diese fortgeschrieben und daraus einen Mittelwert gebildet.
Indikator Bruttoinlandsprodukt
Die Emscherstadt steht mit dem negativen Trend aber nicht alleine da; auch andere Ruhrgebietsstädte verlieren nach IW-Berechnungen: Duisburg mit einem Minus von 7,1 Prozent etwa in gleicher Größenordnung, Gelsenkirchen (-11%) und Hagen (-12,9%) sogar noch deutlich stärker.
Das IW nennt das Ruhrgebiet im Vergleich der Metropolregionen einen „negativen Ausreißer“. Während Essen mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP, Gesamtwert aller produzierten Waren und Dienstleistungen) von 45.150 Euro je Einwohner noch zu den wirtschaftsstarken Großstädten zähle, gehören Bottrop, Herne und Oberhausen mit einer Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung von 19.350 bis 23.000 Euro zu den strukturschwächsten kreisfreien Städten Deutschlands.
„Das ist kein Untergangsszenario“
Die Zuwanderung auch aus dem Ausland richte sich auf wirtschaftsstarke Räume, in denen Arbeitskräfte gesucht würden, sagt Röhl. Zudem zögen Universitäts- und Hochschulstädte junge Menschen an. „Da kann das Ruhrgebiet bei Weitem nicht punkten.“ Hier fielen durch den Niedergang der Montanindustrie viele tausend Stellen weg. „Es ist nicht gelungen, einen Ausgleich durch neue Arbeitsplätze zu schaffen.“ Auch angesichts der Überalterung der Gesellschaft werde der Rückgang besonders die Gruppe der Erwerbstätigen treffen. Die Gefahr bestehe, dass Städten wie Oberhausen gleichzeitig ein großer Fachkräftemangel und eine hohe Arbeitslosigkeit drohen.
„Das ist aber kein Untergangsszenario“, meint der Wissenschaftler des arbeitgebernahen Kölner Instituts. „Verglichen mit ländlichen Regionen ist der Rückgang noch tragbar.“ Er betont aber: „Wichtig ist, dass es gelingt, Langzeitarbeitslose zu qualifizieren und in den Arbeitsmarkt zu integrieren.“
Familien dämpfen Schrumpfkurs
Die Statistiker der Stadt hatten im Dezember 2010 eine Vorausberechnung der Oberhausener Bevölkerung bis zum Jahr 2025 vorgelegt. Dabei schritt der Schrumpfungsprozess noch schneller voran als bei der aktuellen IW-Prognose: Erwartet wurde damals, dass die 200.000-Einwohner-Marke schon im Jahr 2020 unterschritten werden könnte, wenn man die Statistik etwa um Personen bereinigt, die weggezogen sind, aber sich nicht abgemeldet haben. Ohne diese sogenannten Registerbereinigungen würde es bis 2023 dauern, bis Oberhausen unter 200.000 Einwohner fällt.
Laut Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras hat sich der damals prognostizierte Trend aber verlangsamt, weil zum Beispiel mehr Familien mit Kindern nach Oberhausen ziehen als erwartet.