Oberhausen. Zwei runde Partnerschaftsgeburtstage, darüber hinaus Kommunalwahlen: In Oberhausens Partnerstädten geht es in diesem Jahr nicht ganz so ruhig zu, wie sonst. Wir haben nachgeschaut, was 2014 in den befreundeten Kommunen auf dem Plan steht.

Nicht ganz so ruhig wie sonst fast immer wird es in diesem Jahr in Sachen Städtepartnerschaften zugehen. Dafür sorgt nicht nur das Wahljahr mit Kommunalwahlen in Oberhausen, Freital und Mersin sowie Regionalwahlen in Carbonia und Iglesias, sondern auch zwei runde Partnerschafts-Geburtstage – 40 Jahre Middlesbrough, zehn Jahre Mersin. Und schließlich sorgte in den letzten Tagen eine interessante politische Verwerfung in der „Freundschaftsstadt“ Freital bundesweit für Aufmerksamkeit. Wir werfen mal einen Blick auf Oberhausens Partner in Europa.

Freital

Seit 1989 besteht die Verbindung Oberhausens mit Freital, 2001 wurde aus der „Partnerschaft“ eine „Freundschaft“, an die sich nach regerem Beginn nicht mehr viele zu interessiert zeigen. Das wurde zu Jahresbeginn ein wenig anders, denn drei CDU-Mitglieder des Stadtrates verließen ihre Fraktion und gründeten für die als rechtspopulistisch geltende „Alternative für Deutschland“ (AfD) die erste Fraktion dieser Partei bundesweit – wobei übrigens nur zwei Überläufer der AfD beitraten.

Wie die Partei, die in Sachsen bei der Bundestagswahl bei 6,6 Prozent gelandet war, kommunal abschneidet, wird sich zeigen müssen. Das politische Bild der 35.000-Einwohner-Stadt bleibt jedenfalls diffus: Derzeit hat die CDU im Stadtrat mit zwölf Sitzen die Mehrheit, die Linke und die „Bürger für Freital“ haben je fünf Mandate, SPD und AfD je drei, die NPD zwei sowie FDP und Grüne je einen Sitz.

Middlesbrough

Angesichts solcher Vielfalt (oder Zerrissenheit?) muss Oberhausens ältester Partner, das nordenglische Middlesbrough, geradezu als Hort der Solidität erscheinen. Klar: Labour ist in der 140.000 Einwohner zählenden Industriestadt traditionell die stärkste Kraft. Da wundert es, dass seit zehn Jahren mit Ray Mallon ein Parteiloser Bürgermeister ist. Hintergrund: Middlesbrough ist eine von nur sieben Städten in Großbritannien, die sich per Bürgerreferendum entschieden hatte, den Bürgermeister direkt zu wählen und zum Chef der Stadtverwaltung zu machen. Zuvor gab es jährlich einen neuen Bürgermeister aus der Mitte des Rates, der außer bei Repräsentationsanlässen nichts zu sagen hatte.

Vor 40 Jahren tauschte man die Partnerschaftsurkunden, nachdem es schon rund 20 Jahre lang regelmäßigen Jugendaustausch gegeben hatte. Gefeiert werden soll Mitte September mit dem Besuch einer großen Delegation aus Rat und Verwaltung in Oberhausen. Kommunalpolitiker und Fachleute wollen sich informieren – vielleicht geht es dann auch um die Lokale Agenda 21, denn genau aus diesem Prozess heraus hat es in Middlesbrough die beschriebene Veränderung gegeben.

Mersin

Mit regem Jugendaustausch, den noch Friedhelm van den Mond in den 90er Jahren initiiert hatte, begann auch die Partnerschaft mit der türkischen Hafenstadt Mersin. Sie wird im Mai zehn Jahre alt, wozu es eine „Türkische Woche“ mit zahlreichen Kulturveranstaltungen in Oberhausen geben wird. Als Bürgermeister von Mersin wird mit einiger Sicherheit wieder Macit Özcan mit von der Partie sein, der sich am 30. März erneut zur Wahl stellt, dann zum vierten Male. Der Politiker von der CHP (Republikanische Volkspartei) musste sich diesmal aber einem innerparteilichen Gegenkandidaten stellen, den er im Dezember besiegte.

Carbonia und Iglesias

Zwei Jahre älter ist die Partnerschaft mit den Gemeinen Carbonia und Iglesias von der Insel Sardinien. Aus dieser Gegend sind in den 50er und 60er Jahren zahlreiche Bergleute nach Oberhausen gekommen und legten meist auf der Zeche Concordia an. Die gemeinsame Bergbauvergangenheit, zahlreiche Probleme mit dem Strukturwandel und auch die Anfänge touristischer Entwicklungen sind Punkte, die diese lebendige Partnerschaft auszeichnen.

Sardinien wählt in diesem Jahr ein neues Regionalparlament, das nur ansatzweise mit einem Landtag deutscher Prägung zu vergleichen ist. An der Spitze steht nämlich ein Gouverneur, was schon andeutet, dass es hier um Vollzug und Verwaltung, nicht um politisches Leben geht. Interessant übrigens ist, dass die beiden Partnergemeinden von unterschiedlicher politischer Couleur regiert werden: Carbonias Bürgermeister Giuseppe Casti kommt von der Linken, sein Kollege aus Iglesias, Emilio Gariazzo, ist ein Konservativer.

Saporoshje

Die gemeinsame Arbeitswelt der Stahlindustrie ist die Wurzel der Partnerschaft zur ukrainischen Großstadt Saporoshje. Schon 1973 hielten sich die Oberhausener Metaller Herbert Mösle und Heinz Schleußer am Ufer des Dnjepr auf, und zu Ehren der deutschen Gäste gab es eine „Freundschaftsschmelze“ an einem der zahlreichen Hochöfen. Sie war nicht in Vergessenheit geraten, wie sich über ein Jahrzehnt später („Perestrojka“ und „Glasnost“ waren die Schlagworte) zeigen sollte: Aus der damaligen Sowjetunion kamen Signale, die in Oberhausen gedeutet wurden: Partnerschaftsvertrag 1986. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden die miserablen Zustände in zahlreichen Lebensbereichen überdeutlich, und immer wieder gab und gibt es großartige Hilfsaktionen aus Oberhausen.

Lernen kann man gleichwohl: Saporoshje (ukrainisch: Saporischscha) hat seit Jahren einen Bürgermeister mit Migrationshintergrund. Olexandr Sin ist in Saporoshje geborener Sohn koreanischer Eltern. Seine politische Heimat wechselt bisweilen. Erst war Sin Mitglied der Vaterlands-Partei, der auch die inhaftierte Julia Timoschenko angehört; kürzlich wechselte er zur Partei der Regionen, der stärksten Kraft in der westlichen Ukraine, der der umstrittene Präsident Janukowitsch angehört.