Oberhausen. Eine Verhaftung und drei Anzeigen wegen Rauschgiftbesitzes bzw. wegen eines illegalen Messers, das war das Ergebnis einer Kontrollle der Polizei. Das Wichtigste aber ist: „Die müssen jetzt damit rechnen, öfter mal Besuch zu bekommen“, sagt der Leiter des Kriminalkommissariates für Organisierte Kriminalität, Ralf Weyer.
Ein kaltes Blau werfen die flackernden Lichter der Wagen-Phalanx der Polizei auf den Friedensplatz. Im Innern der Autos studieren Männer und Frauen einer Einsatzhundertschaft Pläne mit ihren Anweisungen. Ihr Einsatzort gemeinsam mit Polizeibeamten der Stadt: die Ex-Gaststätte „Zum Bürgermeister“ an der Lothringer Straße. Dort ist der Clubtreff der United Tribuns. An diesem Dienstag wird die Straßengang, werden die Rocker in Kinderschuhen in Oberhausen zum ersten Mal spüren, wie sich ein Polizeieinsatz anfühlt.
Für den Leiter der Einsatzhundertschaft ist die Personenkontrolle keine große Sache. „Als Vorgesetzter hat man immer eine gewisse Sorge um die Mitarbeiter“, gibt der Mann zu, der seit 25 Jahren im Job ist. Andererseits: „Wir kennen unser Klientel und wissen, wie wir mit Rockern umgehen müssen.“
Organisierte Kriminalität
Oberhausen kennt es auch, dieses Klientel. Hells Angels, Bandidos und jetzt auch noch die United Tribuns. Viele Mitglieder aller drei Gruppierungen werden der organisierten Kriminalität zugerechnet. Ein Merkmal der organisierten Kriminalität sei, sagt ein Polizeibeamter, dass sich ihre Strukturen durch alle gesellschaftlichen Schichten bis nach ganz oben ziehen. Wonach haben Rocker und Straßengang hier ihre Finger ausgestreckt? Eine schwer zu beantwortende Frage. Dafür steht die Polizei kurz davor zu erfahren, welche Leute sich beim Clubtreff vergnügen.
Warten auf die Gangmitglieder. Dann fällt der Startschuss. Von zwei Seiten nähern sich die Polizeiwagen dem Einsatzort. Vor dem Clubtreff springen die Polizisten aus den Wagen. Ihre Wege trennen sich. Einige der durchtrainierten Männer und Frauen in den grünen Kampfanzügen umstellen das Haus. Sie klettern – die gute alte Räuberleiter praktizierend – über ein Tor in den Innenhof. Andere stürmen die Räumlichkeiten. Clubmitglieder reagieren mit wütendem Geschrei. Irgendwo drinnen brüllt einer: „Das sind die Bullen.“
Was im Haus geschieht, bleibt dem Zuschauer verborgen. Draußen stehen einige United Tribuns in Reih und Glied. Die Hände erhoben und an die Wand gelehnt. „Die Lage ist jetzt eingefroren“, sagt Ralf Weyer, Leiter des Kommissariats Organisierte Kriminalität. Heißt: Alles ist unter Kontrolle. Derweil bibbern Gang-Mitglieder an der Hauswand vor Kälte. Ein Farbiger redet seinen Kumpel in einer fremden Sprache an. Eine Polizistin fordert ihn auf: „Sprechen Sie Deutsch oder lassen Sie es sein.“ Der Farbige reagiert aggressiv.
Die United Tribuns, die sich bei weitem nicht so groß und muskelbepackt zeigen wie Rocker, warten geduldig. Immer zwei Beamte führen einen jungen Mann zur Personenkontrolle. Ergebnisse: Ein Gangmitglied, gegen das ein Haftbefehl vorliegt, wird festgenommen. Bei zwei Männern werden geringe Mengen Rauschgift entdeckt, bei einem ein verbotenes Messer. Aber das Wichtigste: „Jetzt wissen die, dass sie öfter mit uns rechnen müssen“, sagt Weyer.
Sehen Sie in den Rockern eine Gefahr für sich oder die Stadt?
Sowohl das Bundeskriminalamt als auch die Landeskriminalämter ordnen die Rockerszene der Organisierten Kriminalität zu. Mitgliedern der verschiedenen Clubs werden immer wieder Waffen-, Rauschgift und Menschenhandel vorgeworfen.
Auch in der Türsteherszene sollen Rocker aktiv sein. Sie können von Gastronomen verlangen, ihr eigenes Wachpersonal zu entlassen, um Leute vom Club einzustellen. Auch von Schutzgelderpressung berichten manche Wirte, die sich aber nie bei der Polizei melden würden. In Oberhausen wurde vermutlich bei Auseinandersetzungen zwischen Bandidos und Hells Angels drei Mal im Freien geschossen.
Wie sehen Sie die Rockerproblematik? Sind das für sie nur Auseinandersetzungen Zwischen rivalisierenden Gruppen, die man gar nicht weiter beachten sollte? Mit denen haben sie ja nichts zu tun?
Oder verspüren Sie beim Gedanken an die Schüsse ein Unbehagen? Fällt Ihnen beim Thema Rocker lediglich Motorrad-Romantik ein? Oder denken Sie an Rauschgift, dass womöglich an den Schulen Ihrer Kinder landet, an ausgebeutete, zur Prostitution gezwungene Frauen, an strikte Hierarchien, strenge Unterordnung des Einzelnen, statt Freiheit? An Befehlsempfänger, die ausschließlich zum Wohl des Clubs zu handeln haben? Denken Sie an brutale Auseinandersetzungen, schwere Verletzungen, ja sogar Morde, die in diesem Milieu?
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