Oberhausen. Die Oberhausener Stadtverwaltung ändert nach und nach ihre Anschreiben und Formulare: Künftig soll möglichst auf Beamtendeutsch und Schachtelsätze verzichtet werden. Die sprachliche Vereinfachung soll helfen, alle Menschen zu erreichen. Doch ganz ohne Fachjargon wird die Stadt wohl nie auskommen.

Die Stadt Oberhausen verriet dieser Zeitung kürzlich, dass sie ihre Einstellungstests neu formuliert. Der Verzicht auf Beamtendeutsch und Schachtelsätze solle unter anderem jungen Menschen mit Migrationshintergrund helfen, die sich auf einen Job in der Verwaltung bewerben. Auf unsere Berichterstattung folgte Entrüstung: Viele befürchten, die Stadt nehme einen Niveauverlust in Kauf, um Migrantenquoten zu erfüllen. Personaldezernent Jürgen Schmidt (SPD) widerspricht deutlich.

Attraktiv werden für die besten Nachwuchskräfte

„Wir haben wahrlich keine neuen Einstellungstests entworfen, um Menschen mit Zuwanderungsgeschichte als Arbeitnehmer zu gewinnen.“ Gleichwohl gebe es einen umfangreichen Maßnahmenkatalog, um Personen mit Migrationshintergrund für Karrieren in der Verwaltung zu interessieren. Als Arbeitgeber versuche die Stadt, für die besten Nachwuchskräfte attraktiv zu sein. „Wir setzen natürlich auf Qualität“ – unabhängig von der Nationalität. Dazu gehöre aber auch eine hohe Sprachkompetenz. „Unsere Arbeitnehmer müssen wissen, wie man sich artikuliert.“

In der Verwaltung gebe es „einen bunten Strauß an Einsatzfeldern“ und eine Herausforderung des Tagesgeschäft sei es, sich auf viele verschiedene Zielgruppen einzustellen. Ideal sei, wenn sich die Mitarbeiter gleichermaßen problemlos mit bildungsfernen hilfesuchenden Bürgern unterhalten können wie mit Investoren aus der Industrie und mit Politikern im Stadtrat. Zudem würden Fremdsprachenkenntnisse begrüßt: „Ich finde es spannend, wenn Leute über Inhalte sprechen statt über Sprachbarrieren.“

Dass die Einstellungstest sprachlich modernisiert und vereinfacht werden, habe jedoch nichts damit zu tun, junge Menschen mit Migrationshintergrund für die Verwaltung zu gewinnen. „Wir müssen unsere Verwaltungssprache einfacher gestalten und Hürden abbauen, damit wir die Menschen erreichen.“ Dieses Ziel setze man seit der Rechtschreibreform Schritt für Schritt um. Davon betroffen seien behördliche Anschreiben ebenso wie zahlreiche Formulare – und eben auch die Einstellungstests.

Komplett ohne Fachjargon wird die Stadt wohl nie auskommen, doch ihrem Projekt, eine bürgerfreundliche und alltagstaugliche Sprache zu verwenden sind noch andere Grenzen gesetzt. Schmidt: „Leider sind wir oft gezwungen, Vordrucke zu nutzen, die Land und Bund uns vorgeben.“ Die darf die Verwaltung nicht umformulieren.

Das „Mindestabfallgefäßvolumen“ hat ausgedient

Seit der Rechtschreibreform bemüht sich die Stadt verstärkt um „bürgernahe Verwaltungssprache“. Ein gutes Beispiel dafür, heißt es aus dem Rathaus, seien Schreiben und Formulare zur Abfallentsorgung. Die Redaktion hat sich alte Versionen aus dem Jahr 1999 und die aktuellen Schreiben angeschaut.

Ganz verzichtet zwar auch der moderne Text nicht auf Fachausdrücke, die wohl niemals Einzug in die Umgangssprache halten werden, aber die neuen Varianten sind deutlich besser verständlich. Es fängt bereits in der Betreffzeile an. Schrieb die Verwaltung 1999 noch „Abfallentsorgung – Unterschreitung des gemäß Abfallsatzung festgelegten Mindestabfallgefäßvolumens von 20 l pro Person“, so heißt es heute: „Klärung des Mindestabfallgefäßvolumens für Ihr Wohngrundstück Musterstraße 11“. Der Bürger sieht also bereits auf den ersten Blick, worum es der Stadt geht und dass er reagieren sollte.

Fachausdrücke sind nicht völlig vermeidbar

Auch die ersten Sätze der Anschreiben weisen Unterschiede auf. „Zurzeit werden alle Oberhausener Haushalte bzw. Wohnobjekte hinsichtlich der Einhaltung des wöchentlichen Mindestabfallgefäßvolumens von 20 l überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass in Ihrem Wohnobjekt das wöchentliche Mindestabfallgefäßvolumens von 20 l pro gemeldeten Hauptwohnsitz unterschritten wird. Nach Überprüfung der Einwohnermeldedaten am Dienstag, 25. Mai 1999, sind auf dem o.g. Grundstück vier Personen gemeldet.“ (1999). Heute lautet der Anfang nach der Anrede: „Auf Ihrem Wohngrundstück sind zurzeit vier Personen mit Hauptwohnsitz gemeldet. Gleichzeitig ist ein wöchentliches Abfallgefäßvolumen von 60 Litern vorhanden, was einem wöchentlichen Restmüllvolumen von 15 Litern pro Person entspricht. Damit wird das nach der Abfallsatzung der Stadt Oberhausen festgelegte Mindestvolumen von 80 Litern unterschritten.“ Anschließend erläutert der neue Text, welche Gründe dies haben kann: Entweder ist jemand zugezogen, ohne dass die Mülltonnen angepasst wurden, oder es ist jemand ausgezogen und hat vergessen, sich umzumelden.

Antragsformulareübersichtlicher aufgebaut

Zudem ist das „Antragsformular für Abfallbehälter“ inzwischen übersichtlich aufgebaut und wird durch eine Tabelle ergänzt, die sich an der Hausbewohneranzahl orientiert und verschiedene Entsorgungsvarianten (etwa Müll trennen, Biotonne oder Kompostierer) aufführt sowie die entsprechenden minimal möglichen Jahresabfallgebühren.