Oberhausen. Kater Kobo Melone lebt seit acht Jahren in Wiebus’ Buchhandlung und Antiquariat in Oberhausen-Sterkrade. Als Kätzchen streifte er durch Mallorcas Straßen, heute ist er ein Mädchenschwarm und liebt das Sonnenbaden
Er lebt an einem Ort der Phantasie. Da trifft es sich gut, dass auch seine eigene Geschichte ungewöhnlich ist: Als Straßenkind auf Mallorca führte er ein hartes Leben, bis in eine barmherzige Seele nach Deutschland holte. Wie ein Geheimagent oder ein Mafioso im Zeugenschutz hat er gleich mehrere Namen. Zudem ist er der Liebling zahlreicher Kinder und, so behaupten einige hinter vorgehaltener Hand, die graue Eminenz von Wiebus’ Buchhandlung und Antiquariat. In Sterkrade kennt ihn inzwischen fast jedes Kind als „Kobo Melone“, den Kater, der sich liebend gerne im Schaufenster an der Steinbrinkstraße sonnt.
„Vor acht Jahren kam er als junger Mann mit einer Nachbarin hierher. Seitdem lebt er bei uns“, sagt Buchhändler Arndt Wiebus. Benannt ist der Kater nach seinem „koboldartigen Verhalten“ und der Plüschmelone, auf die er sich früher immer fläzte. Doch liegt er nicht nur auf der faulen Haut: „Ich habe den Verdacht, dass er des Nachts einiges liest. Oft finden wir Schnurrhaare als Lesezeichen“, flachst Wiebus. Vernarrt sei Kobo in den Gestiefelten Kater und „Die Lebens-Ansichten des Katers Murr“.
Streifzüge durch die Nachbarschaft
Erwischen ließe er sich bei seiner Lektüre aber nie, behalte aber selbst gerne alles im Auge. Sein Revier sind die vor allem die Regale, die er allerdings stets behutsam erklimmt, um die Ware nicht zu beschädigen. Nachts hält er die Einbrecher fern. „Er hält hier Stallwache, macht aber auch kürzere Ausflüge durch die Nachbarschaft. Er hat dafür einen Geheimgang“, sagt der Buchhändler. Morgens bringt Kobo schon mal einen toten Vogel oder eine tote Ratte vorbei – vielleicht als Miete.
Sollte der Kater Sterkrade aber jemals den Rücken kehren, Wiebus wäre sehr betrübt: „Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur.“ Dabei hat er erst durch den orangegetigerten Vierbeiner, der früher Raffa, dann Carlos und kurzweilig Johnny hieß, seine Zuneigung für Katzen entdeckt. Seinen Sohn Tilman überrascht das jedoch keineswegs: „Kobo hat sogar schon Katzenhasser bekehrt und wird jetzt regelrecht von ihnen hofiert, wenn sie vorbeikommen.“
Kater ist abgehärtet
Falls doch mal ein Kunde mit Katzenphobie den Laden betrete, „nehmen wir ihn zur Seite“. Das lasse der vierbeinige Sterkrader ohne Murren mit sich machen. „Er ist ruhiger geworden, abgeklärter und äußerst duldsam“, verrät Wiebus senior. Gerne lässt er sich streicheln, dass er ein Schmusekater ist, hat sich längst im Stadtteil herumgesprochen. „Er hat eine besondere Affinität zu Frauen, besonders Mädchen lieben ihn.“
Oft besucht wird er von Schülerinnen der nahe gelegenen Sophie-Scholl- und Freiherr-vom-Stein-Gymnasien. Dass sie und so manch andere Kinder – die jüngsten Kobo-Fans sind gerade mal zwei Jahre alt – den Buchladen nur betreten, um den Kater zu streicheln und zu verwöhnen, damit hat sich die Familie Wiebus längst abgefunden. „Ob er Gäste empfangen darf, hat er gar nicht groß gefragt. Er hat uns vor vollendete Tatsachen gestellt“, erinnert sich Arndt Wiebus.
Schäferhunde werden nicht geduldet
Ungemütlich kann der pelzige Sterkrader aber auch werden. Denn Schäferhunde duldet er nicht in seiner Nähe. Auch andere Hunde müssen sich auf etwas gefasst machen, wenn sie ihm blöd kommen. Auf einem Spaziergang durch Sterkrade hatte sich kürzlich ein Berner Sennenhund mit ihm angelegt und musste anschließend seine Pfote in der Tierklinik operieren lassen. Vielleicht ist der Kater, der in der Buchhandlung lebt, ja insgeheim doch ein Geheimagent...