Oberhausen. .
Die Tür hat keine Klingel. Einen Moment steht der Besuch vor dem niedrigen Backsteinhaus mit der roten Tür, auf der das Namenschild unter Tesafilm klebt und die rote Anti-Atom-Sonne grüßt. Vielleicht klopfen?
Ein zaghaftes Pochen reicht, Monika Okon steht schon in der Tür und grüßt mit festem Händedruck. Sie lacht und zuckt mit den Achseln. „Ja, eine Klingel haben die meisten Häuser in der Siedlung nicht.“ Es sei eben noch vieles wie früher, hier an der Gustavstraße. Dafür hatten Okon und ihre Mitstreiter vor 30 Jahren gekämpft.
Vier schmale Räume
Im Schatten der Großbaustelle am Bero-Zentrum schlummert die Arbeitersiedlung. 1892 hat die spätere Altenberg AG die Häuser in symmetrischer Backsteinharmonie errichtet. Vier Wohnungen mit je vier schmalen Räumen auf zwei Etagen unterm Spitzdach sollten ausreichend Platz für die Arbeiter der Zinkfabrik bieten. 1978 übernahm die Stadt Oberhausen mit dem Altenberg-Gelände auch die Siedlung. Als in den 80er Jahren die Abrisspläne der Verwaltung bekannt wurden, gehörte Monika Okons Mann zu denen, die für den Erhalt gekämpft haben.
„Ich kam später dazu“, sagt sie. Und sie blieb. Die Mutter habe gezweifelt: „Und hier willst du deine Kinder großziehen?“ Monika Okon sagt heute: „Ich will das hier nicht missen.“
Auf die Mischung komme es an, sagt die Vorsitzende des Vereins zur Erhaltung der Arbeitersiedlung Gustavstraße in der Küche ihrer Wohnung. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund lebten hier, Akademiker, Angestellte, Harzt-IV-Empfänger, Senioren. Gemeinsam feiere man, achte aufeinander, auch auf die Kinder, die sich zum Spielen in der Siedlung treffen. Vom alten Mann im Nachbarhaus erzählt die Oberhausenerin, der in seiner Wohnung bereits geboren wurde. „Den verpflanzt du nicht mehr.“ Von dem Rentner, der den Nachbarn bei der Gartenpflege helfe. „Anderswo vereinsamen ältere Menschen.“
Protest bindet Anwohner
Der gemeinsame Protest gegen den Abriss hat die Anwohner eng an ihre Siedlung gebunden. Geblieben sind sie, obwohl viele Einschränkungen längst den Liebhaberwert überschritten haben. Viele Wohnungen werden noch mit Kohle beheizt. Und das kräftig: Wegen der schlechten Isolierung sind die Nebenkosten hoch. Das Spitzdach darf wegen des Denkmalschutzes nicht ausgebaut werden, das Bad ist vielleicht 1,5 qm groß.
Die Okons hatten Glück: Als Nachbarn auszogen, konnte die Familie die Wohnung nebenan dazunehmen. Die Stadt beteiligte sich zur Hälfte am Umbau, eine moderne Heizung baute die Familie auf eigene Rechnung ein.
Dass die Stadt den Wert der Siedlung erkennt, wünscht sich die Diplomsozialarbeiterin. „Vom Park am Altenberg aus würde sich ein Pfad zur Siedlung eignen. Dann würden auch mehr Menschen auf sie aufmerksam.“