Oberhausen. . Fünfte Klasse der Gesamtschule Weierheide bereitet Rollentausch im Religions-Unterricht vor. Bauchladen, Schuheputzen, Scheibenwischen. Junge Helfer engagieren sich für Kinderrechte.

Der Wind pfeift ordentlich um die scharfen Kanten der Gebäude auf der Sterkrader Bahnhofstraße. Loredana zieht sich ihren Schal noch ein Stückchen höher über den Hals. „Es ist heute zwar kalt, aber wir haben uns alle ganz warm angezogen“, sagt die Elfjährige.

Die Schülerin ist schon seit zwei Stunden auf den Beinen. Mit 18 Klassenkameraden aus der 5a der Gesamtschule Weierheide tauscht sie heute ihre Rolle. „Sichtwechsel“, heißt das Programm, das im Religionsunterricht erarbeitet wurde. Der Klassenverband veranstaltet auf dem wuseligen Wochenmarkt den Aktionstag „Straßenkind für einen Tag“, um auf die Sorgen und Nöte vieler Altersgenossen aufmerksam zu machen.

Geschenke gebastelt und Muffins gebacken

Schon vor der Präsenz auf der Straße waren die Schüler fleißig. Loredana kramt eifrig im Bauchladen, den sich Klassenkamerad Lukas (11) umgebunden hat. „Wir haben Geschenke gebastelt, Muffins gebacken und Weihnachtskarten angefertigt“, sagt Lukas. Diese Artikel müssen sich nun verkaufen. Denn sie tun das, was für Straßenkinder bei ihrem Überlebenskampf, um etwas Geld für Kleidung und Nahrung zu verdienen, Alltag ist.

Die Schüler merken schnell: Es kostet Überwindung, wildfremde Menschen auf der Straße anzusprechen und erfolgreich etwas zu verkaufen. „Einige sind ganz eilig unterwegs und haben keine Zeit“, schildert Loredana ihre Erfahrung. Da kann es auch schon mal ruppiger werden. „Lasst mich in Ruhe“, habe vorhin einer gesagt. So etwas muss man erst einmal wegstecken.

Doch viele sind neugierig. Fragen nach und wollen wissen, wofür das Geld gesammelt wird. „Das Projekt gibt es zum ersten Mal an der Gesamtschule Weierheide“, erklärt Rebecca Kappenberg, die das Thema mit den Kindern im Religionsunterricht vorbereitet hat. „Im Unterricht haben die Schüler auch Erzählungen von Straßenkindern gelesen, um ihre Situation besser zu verstehen.“ Der Aktionstag in Sterkrade wurde gemeinsam mit Terre des Hommes organisiert.

Gesammeltes Geld wird gespendet

Sehr gute 523,16 Euro gesammelte Spenden kommen gezielt Hilfsprojekten für Straßenkinder zugute. Mit dem jährlichen Aktionstag erinnert das internationale Kinderhilfswerk von Terre des Hommes zusätzlich an den Jahrestag der Verabschiedung der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen.

Das spornt viele Interessenten auf der Bahnhofsstraße an, sich zu beteiligen. „Tolle Sache, da helfe ich gerne“, meint ein ältere Frau, die sich am Stand kurz vor dem Kleinen Markt die Weihnachtskarten der Kinder anschaut. Gebasteltes läuft am besten. Auch die winterlichen Stoffsäckchen von Carolina (10) und Lea (11) sind schon fast alle weg. Beim Schuheputzen oder gar reinigen der Autoscheiben wird es schwierig. „Das wollen nicht so viele“, hat Loredana beobachtet. Dabei handelt es sich bei Straßenkindern um eine sehr typische Alltagsaufgabe. Dies in das Bewusstsein der Menschen zu rücken, war ein Ziel.

Wie haben die Schüler den Aktionstag in einer ungewohnten Rolle erlebt? Loredana: „Wir haben viel Neues erfahren und konnten helfen. Mit dem Bauchladen Sachen zu verkaufen, hat viel Spaß gemacht.“