Oberhausen. . Selten zeigte sich ein närrischer Regent so revierverbunden. Kürung vor der Silhouette der Stadt.Bei Ludger I. tanzt die Garde in Bergmannskleidung. Alle singen: „Wir sind stolz auf Oberhausen“.

Skeptiker werfen dem Ruhrgebietskarneval vor, eine hier nicht verwurzelte Variante des Frohsinns aus den Hochburgen vom Rhein zu feiern. Prinz Ludger I. tritt am Samstagabend den Beweis an: Warum überhaupt in die Ferne schweifen, wenn Gutes so nah liegt? Seine Kürung zum Prinzen von Groß Oberhausen wird zu einer Hommage an Heimatstadt und Revierkultur. Glück auf, der Prinz kommt!

Hier nicht verwurzelt? Darüber kann die Jubiläumsgesellschaft der just erwachten Session höchstens unaufgeregt lachen. 7 x 11 Jahre gibt es die KG Blau-Gelb Vondern. Damit zählen die Jecken zu den ältesten Gesellschaften in der Stadt. Hier gab man die Liebe zum Brauchtum von Familie zu Familie weiter. Manche Hochzeit funktionierte wie aus dem Narrenlehrbuch. „Die Hand meiner Tochter? Aber nur, wenn du im Verein mitmachst!“ In den Häusern der 1907 durch die Gute Hoffnungshütte (GHH) erbauten Siedlung Vondern gibt es Anekdoten, die wohl für zehn Prunksitzungen reichen würden.

Sechsstündige Kürung ist ein Rekord

Bei der ausverkauften Prinzenproklamation in der Stadthalle meint man, die Macher wollten dies in die Tat umsetzen: Knapp sechs Stunden Programm bedeuten beim Auftakt in den Saalkarneval der vergangenen Jahre einen Ausdauerrekord. Der Prinz erzählt die Geschichte der Stadt – durch Worte (Proklamation), Taten (Gardetanz) und Musikalisches (Prinzenlied).

Mit dünnen Holzplatten und etwas Farbe hat sich der Regent die Silhouette seiner Heimat als Kulisse aufgebaut. Gasometer, Burg Vondern, Wasserturm: Hauptausschuss-Präsident Heiner Dehorn, bekanntlich den kölschen Tönen nicht abgeneigt, ist bei der Übergabe von Kappe, Kette und dem handgeschnitzten Zepter Feuer und Flamme: „Bei all den rauchenden Schornsteinen und glühenden Öfen geht einem doch das Herz auf.“

Ludger I. (Decker) gestaltet seine Proklamation knackig. Elf Punkte sind es: „Die ganze Stadt ist dem närrischen Brauchtum verpflichtet, denn auch im Kohlenpott ist der Karneval zuhause.“ Das Motto ist so kurz wie eindeutig. Hier legte der Regent wenig Wert auf einen Reim, sondern auf die Aussage: „Spaß im Karneval. Stolz auf Oberhausen!“

Mit Malocher-Melodie in den Hitparaden

Der Prinz singt. Ludger I. hat „Wir sind stolz auf Oberhausen“ selbst geschrieben. Mit der Malocher-Melodie landete er auf CD-Samplern und in Hitparaden. Eine CD zur Session gibt es freilich auch – darauf enthalten „Unsere Stadt im Kohlenpott“ und „Im Kohlenpott bin ich geboren.“ Dein Prinz, der Patriot!

Die Kürung ist abwechslungsreich: Die Gruppe „De Albatrosse“ heizt an, Redner (Herby & Hennes) sind dagegen schwer zu verstehen. Bei Stargast Jörg Bausch und Trompeter mit Cheerleadern kann man wenig falsch machen, beim Tanz aller hiesigen Garden sowieso nicht.

Richtig gut sind wieder die „Blauen Funken“, die als Prinzengarde mit Regent, Hofmarschall Volker Lindenberg, Minister Hans Müthing, den Paginnen Sabine Kulp, Nicole Lütkemeier, Julia Wolinsky und Mireille Rittmann sowie Fahrer Hans Linden touren werden. Die Garde trägt Bergmannskluft, hat das Steigerlied auf den Lippen, dazu gibt es Modernes aus den Charts („Gangnam Style“) und Tote Hosen („An Tagen wie diesen“), was besonders OB Klaus Wehling, der den ersten Prinzenorden erhält, gefällt.

Zum Finale singen Blaue Funken, Vonderner und auch Buschhausener den Klassiker „Echte Fründe“. Warum? Den Prinz borgt sich die Jubiläumsgesellschaft von der KG Schwarz-Weiß aus. Es schließt sich der Kreis: Kumpels unter sich!