Oberhausen. . Die jüngsten EU-Pläne bewegen auf dem Sterkrader Wochenmarkt Händler und Kunden. Was sollte den Verbrauchern eine gesicherte Qualität wert sein?
Metzger, Fleischhändler und Verbraucher in Oberhausen sind verunsichert durch die jüngsten Pläne der EU-Kommission. Diese prüft in Reaktion auf Pferdefleisch-Funde in Fertigprodukten, den Produzenten vorzuschreiben, künftig die Herkunft von Fleisch verbindlich zu kennzeichnen.
Dadurch würden die Produktionskosten um bis zu 50 Prozent steigen, warnt die Fleischindustrie. Einige Händler auf dem Sterkrader Markt am gestrigen Mittwoch fürchten explodierende Preise und Existenznöte. Marktbesucher sagen aber auch, dass es ihnen etwas wert ist, Sicherheit über die Qualität von Fleisch zu haben.
Geflügelhändlerin ist optimistisch
Große Preissprünge beim Fleisch werde es nicht geben
Die Herkunftskennzeichnung sei für Markthändler und deren Kunden kein Grund zur Sorge, versucht die Oberhausener Bundestagsabgeordnete und Verbraucherschutz-Expertin der Grünen, Bärbel Höhn, zu beruhigen. Zwei Regelungen würden oft durcheinander gebracht.
Beschlossen sei bereits, dass die Herkunftskennzeichnung an der Fleischtheke, die bisher nur für Rind vorgeschrieben war, bis 2015 auf andere Sorten ausgeweitet wird. Die zweite, noch diskutierte Bestimmung ziele hingegen auf die Industrie und ihre Herstellungsketten für Fleischprodukte wie Lasagne. „Bei verarbeiteten Produkten ist die Rückverfolgbarkeit jeder Zutat bis zum Erzeugerbetrieb schwierig. Aber gerade beim Fleisch, wo wir in den letzten Jahren die Betrugsfälle erlebt haben, brauchen wir die Transparenz mit den Lebensstationen des Tieres.“
"Das ist Panikmache"
Die hiesigen Marktmetzger müssten also ihre Preise nicht erhöhen, ihr Qualitätsvorteil bleibe erhalten. Die fleischverarbeitende Industrie sowie die Discounter werden künftig wohl mehr für ihre Waren verlangen müssen, wodurch der Preisabstand zum Metzger geringer werden dürfte.
Horrende Preissprünge, wie sie diskutiert werden, werde es aber auch im Supermarkt nicht geben, so Höhn: „Die Preissteigerungen um 50 Prozent gehen auf Kostenschätzungen der Industrie zurück und sind überhaupt nicht nachvollziehbar. Das ist Panikmache und soll der Verhinderung der Kennzeichnung dienen.“ Selbst Schätzungen der EU-Kommission, die höhere Preise von drei bis zehn Prozent für den Verbraucher annimmt, sind laut Höhn zu hoch gegriffen.
Die Diskussion um die Fleischpreise komme zur Unzeit, findet eine Fleischfachverkäuferin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Kurz vor Weihnachten ist es besonders schlimm, wenn die Leute nichts mehr kaufen. Wie damals beim BSE-Skandal.“
Auch Rossmetzger Volker Benten ist besorgt, dass viele kleine Fleischereien an möglichen neuen EU-Gesetzen kaputtgehen könnten. „Wenn wir die Preise erhöhen müssen, werden viele Leute zu den Discountern abwandern. Die verkaufen oft unter dem Einkaufspreis regionaler Schlachthöfe.“
Optimistisch ist hingegen Geflügelhändlerin Beate Boers. „Der Händler und die Kunden haben etwas davon, wenn dransteht, wo die Tiere herkommen. Ich schreibe es immer dazu. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Preise höher werden. Ein Schild zu schreiben, kostet ja nichts.“
Bewusst einkaufen
Viele Kunden kaufen Fleisch und Wurst ganz bewusst bei Händlern aus der Region auf dem Markt ein anstatt beim Discounter – gern auch ein Stück Blutwurst auf die Hand. „Über Fleischpreise mache ich mir keine Sorgen – es wird ja schließlich alles teurer“, sagt Maria-Luise Jansen (78). „Ich gebe gern ein paar Cent mehr aus, wenn ich weiß, dass die Tiere artgerecht gehalten und geschlachtet werden. Wenn die Preise im Supermarkt zu niedrig sind, bin ich skeptisch.“
Die Rentnerin ist allerdings nicht nur auf dem Sterkrader Markt, um Lebensmittel zu kaufen. Sie trifft dort auch viele Bekannte, und Zeit für ein Pläuschchen ist immer. Um ihn zu erhalten, werde sie auch in Zukunft auf dem Wochenmarkt einkaufen.