Oberhausen. . Die Ergotherapie-Praxis in Sterkrade ist die einzige in der Region, die tiergestützt arbeiten darf. Nicole Kirschner-Kresse musste viele Formulare vorlegen und eine Befragung bestehen. Nun sind es Vierbeiner, die Kindern und Erwachsenen bei der Heilung helfen.

Der Therapeut hat es sich gerade auf der breiten Fensterbank gemütlich gemacht. Eigentlich ist sein Plan, ein Nickerchen zu halten. Doch weil Arbeit mit Gina (9) wartet, hievt er seinen riesigen, plüschig-schwarzen Körper von dem gemütlichen Aussichtsplatz. Der Neufundländer Pooh sieht aus wie ein großer, gutmütiger Bär mit seinem riesigen Kopf und den freundlichen dunklen Augen. Er ist ein Typ, zu dem große wie kleine Menschen schnell Vertrauen fassen. Pooh ist in jeder Beziehung etwas Besonderes, er ist ausgebildeter als Therapie- und Pädagogikbegleithund.

Gesundheitsplan

Poohs Chefin ist Nicole Kirschner-Kresse. Die Ergotherapeutin erzählt, dass ihre Praxis an der Steinbrinkstraße in Sterkrade die einzige in Oberhausen und im Kreis Wesel ist, die nach einer neuen Gesetzgebung tiergestützt arbeiten darf. „Man muss die Tiere jetzt beim Veterinäramt anmelden“, erklärt Kirschner-Kresse. Das bedeutet, ein Hygiene,- Ausbildungs- und Gesundheitsplan sind einzureichen.

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Außerdem hat der Aspirant eine Fachbefragung zu überstehen. Die Ergotherapeutin, die früher im St. Clemens Hospital gearbeitet hat, findet diese Hürde sinnvoll. „Es fällt sonst immer auf den Hund oder den gesamten Berufsstand zurück, wenn es zu Beißvorfällen kommt.“

Pooh und beißen, das erscheint so absurd, als würde die Sonne den Himmel verlassen. Dieser große Hund, zu dessen Arbeits-Ausstattung auch eine Indianerhaube oder eine Piratenklappe fürs Auge gehören, hat sich jüngst sogar in ein Hummerkostüm gezwängt. „Wir machen immer gemeinsam mit behinderten und nicht behinderten Menschen ein Show-Projekt“, erklärt Kirschner-Kresse. Und wenn man den Hummer-Hund bedauert, hält sie sofort dagegen: „Ich war ein Huhn, glauben Sie, das ist besser?“

Der vier Jahre alte Pooh hat einen Assistenten. Das ist der neunjährige Ernest, ein Cockerspaniel, der mit einer Latzhose bekleidet erscheint. Die Hose, das ist nicht etwa modischer Schnickschnack. Als Ernest zu Nicole Kirschner-Kresse kam, da war er gerade mal fünf Wochen alt und hatte ein schwer angeknackstes Rückgrat. „Ein Kind hatte den Welpen fallen lassen, er sollte eingeschläfert werden. Doch Kirschner-Kresse bekam ihn wieder hin. Nur, dass er inkontinent ist und deshalb eine Windel tragen muss, die der Anzug verbirgt.

Hunde machen Kindern Mut

Weil der Hund eine Behinderung hat, durfte er die Prüfung, die Pooh bestanden hat, nicht machen. Deshalb unterstützt er jetzt den Großen. Als Kleinerer ist Ernest aber dennoch der Chef im Ring. Den Kindern, die in der Praxis betreut werden, gibt Ernest ein gutes Gefühl. „Diesen Kindern wird ja auch ganz oft gesagt, dass sie alles mögliche nicht können“, sagt die Therapeutin. Dann sehen sie einen Hund, der behindert und dennoch ein ganz toller Hund ist.

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Die Vierbeiner, auch Kaninchen und Pferde gehören zum Team, werden nur auf Wunsch der Patienten eingesetzt. Wenn Kirschner-Kress sich ihren Traum von einem eigenen Hof erfüllen könnte, würde sie noch Hühner halten. Genauso wie Kaninchen haben sie einen positiven Aspekt auf Demenzkranke, die sich so an alte Zeiten zu erinnern. „Menschen, die sonst kein Wort sagen, beginnen plötzlich zu erzählen“, sagt Kirschner-Kresse.