Witten. . Tierische Medizin: Silke Beyer ließ ihren sanftmütigen Golden Retriever zum Therapiehund ausbilden. Ehrenamtlich hilft sie mit ihrem Vierbeiner verhaltensauffälligen Kindern und Schlaganfallpatienten.
Mit einem Lächeln auf den Lippen beobachtet Emma den neugierigen Vierbeiner neben ihr auf der Matte, bevor sie einen Plastikreifen in die Höhe hält und den Labrador-Golden-Retriever-Mischling mit dem Kommando „Jerry hopp“ hindurch springen lässt. Der Hund ist ein Therapeut auf vier Pfoten.
Wenige Minuten später klettert die Achtjährige auf eine Schaukel und balanciert schließlich, gefolgt von Hund Jerry über eine Bank auf ein Trampolin und springt schließlich ausgelassen in ein buntes Bälle-Bad. „Kinder wie Emma wachsen in Jerrys Beisein über sich selbst hinaus“, freut sich Ergo- und Familientherapeutin Silke Beyer über Jerrys Wirkung auf das Mädchen und erklärt: „Der Hund spricht die Menschen auf verschiedenen Ebenen an und hat so einen direkten Zugang zu den menschlichen Emotionen.“ So helfe das Tier den Menschen beispielsweise, eigene Ängste und Unsicherheiten abzubauen.
Jerry zieht die Socken aus
Aus diesem Grund ist Jerry seit kurzer Zeit als Rehabilitationshund an der Stockumer Straße in Annen im Einsatz – etwa für Demenz- und Schlaganfallpatienten. „Jerry schafft es, gerade ältere Menschen aus ihrer Lethargie herauszureißen“, so die Therapeutin.
Grund dafür sei besonders die ehrliche Freude des Vierbeiners. „Jerry nimmt die Menschen so wie sie sind“, überlegt Silke Beyer und streichelt über das helle Hundefell. Doch nicht jeder Vierbeiner sei für die Ausbildung zum Therapiebegleithund geeignet, betont die Therapeutin. „Die Welpen werden nach individuellen und persönlichen Fähigkeiten ausgesucht“, berichtet Beyer – der Verein Reha-Hunde Deutschland kaufe geeignete Welpen auf und bilde sie rund anderthalb Jahre zum Rehabilitationshund aus.
Auch Jerry hat bereits eine 18-monatige Ausbildung hinter sich und ist seit nunmehr drei Wochen ein offizieller Reha-Hund. Die Ausbildung sei für den Hund enorm wichtig, weiß Silke Beyer und deutet auf Jerry, der seinen Kopf in Erwartungshaltung schräg legt. „Jerry muss in bestimmten Situationen beispielsweise ruhig und passiv sein können“, beschreibt die Therapeutin das gewünschte Verhaltensmuster des Reha-Hundes. So lässt sich der Vierbeiner widerstandslos von kleinen Patienten Haarspangen ins Fell basteln, zieht älteren Patienten schon mal Socken und Jacke aus oder reicht sogar kleine Puzzle-Teile vom Fußboden an.
„Ich habe mich an den Verein gewandt, weil ich die Tiertherapie als sehr sinnvoll empfinde“, begründet die Therapeutin ihre Entscheidung, Jerry nach Annen zu holen. Der Bedarf ist offenbar groß: „In der Woche arbeiten rund 25 Patienten mit Jerry - und sind begeistert.“