Oberhausen. . Evelyn Meinhard vom Flüchtlingsreferat sieht steigenden Beratungsbedarf. Viele Menschen sind traumatisiert. Syrer wollen Familien nachholen.

Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Nordrhein-Westfalen. Sei es aus Bürgerkriegsgebieten wie Syrien oder als Armutsflüchtlinge aus Rumänien oder Serbien. Über die Situation der Flüchtlinge in Oberhausen sprach Astrid Knümann, Mitarbeiterin dieser Zeitung, mit Evelyn Meinhard vom Flüchtlingsreferat im Evangelischen Kirchenkreis Oberhausen.

Während in Nachbarstädten die Sorge der Bevölkerung bezüglich der Unterbringung zahlreicher weiterer Flüchtlinge wächst, scheint es bei uns ruhig zu sein? Stimmt dieser Eindruck?

Evelyn Meinhard: Nicht so ruhig, wie vor etwa zwei bis drei Jahren, als die Zahl der Flüchtlinge begann, stetig zu steigen. Von Ruhe kann derzeit nicht die Rede sein. Die Art der Beratung von Flüchtlingen verschiebt sich deutlich auf die Frage, wie kann ich würdig untergebracht werden? Alltäglicher werden Fragen von Syrern, die ihre Verwandten aus dem Libanon, der Türkei und aus Syrien holen wollen.“

Welche Probleme tauchen in den Gesprächen mit Flüchtlingen ansonsten auf?

Meinhard: „Es ist schwer zu vermitteln, dass die einen mit einer Begrüßungszeremonie ,ausgesucht’ werden und die, die sämtliche Mühen auf sich genommen und es geschafft haben, zu uns zu kommen, fragen müssen, ob sie einen Sprachkurs besuchen dürfen. Und wenn ja, den auch noch bezahlen müssen.

Und das, obwohl sie – trotz des Bundesverfassungsurteils zum Asylbewerberleistungsgesetz – (noch) nicht dem kompletten Hartz-IV-Satz angeglichen sind. Die zunehmende Beratungszahl – während der Sommerferien stieg sie von 684 auf 708 – zeigt, dass es alles andere als ruhig ist.“

Was sind Ihrer Ansicht nach die größten Probleme in der Frage der Flüchtlinge in Oberhausen?

Meinhard: „Die strukturell durch bundesweite Gesetze gemachten Probleme wie Sammelunterkunft, Arbeitsverbot, Sprachkursverbot während des anhängigen Asylverfahrens, Residenzpflicht und dass sie wenig Anlaufstellen haben, jedenfalls im Verhältnis zur Anzahl derer, die Unterstützung benötigen. Aktuell ist die Frage des Familiennachzugs der Syrer von größter Bedeutung.

Ich kann mich für die Zahlen von Innenminister Hans-Peter Friedrich nur schämen, wenn ich zur Kenntnis nehme, dass der Libanon etwa ein Viertel seiner eigenen Bevölkerung an Flüchtlingen aufgenommen hat. Umgerechnet auf Deutschland müssten es 20 Millionen sein.“

Sie arbeiten mit Menschen verschiedener Herkunft zusammen; wie erleben Sie diese Flüchtlinge? Sind sie traumatisiert?

Meinhard: „Das ist ohne Zweifel so. Viele schon bei der Einreise traumatisierten Flüchtlinge sind durch die Situation in ihren Heimatländern, den Erlebnissen auf der Flucht, besonders aber auch durch die Wohnsituation massiv weiterhin psychisch belastet.“

Wie steht es denn um ihre Integrationsfähigkeit?

Meinhard: „Ich gehe stark davon aus, dass bei mehr Input die Integrationsfähigkeit dieser Flüchtlinge steigt, wie am Beispiel in Hamm mit der intensiven Integrationsarbeit von Roma zu erkennen ist.“

Gibt es Unterschiede – je nachdem, aus welchem Land die Flüchtlinge kommen?

Meinhard: „Was sehr traurig macht, ist die Tatsache, dass Flüchtlinge zum Beispiel aus dem Iran seit Monaten auf die Anhörung über ihr Asylgesuch warten müssen und gleichzeitig verurteilt sind, nach der Einreise ein Jahr dem Arbeitsverbot zu unterliegen.“