Oberhausen. . In dem jetzt vorgelegten Jahresbericht macht Pro Familia auf Probleme wie Spätabtreibungen und besonders Missbrauch in Oberhausen aufmerksam. Um den oft jungen Opfern bessere Unterstützung bieten zu können, will die Beratungsstelle jetzt eine Gruppe für sexuell missbrauchte Mädchen ins Leben rufen.

Pro Familia Oberhausen legte jetzt den Jahresbericht für 2012 vor. Zwei Themen berührten die Fachkräfte besonders: Die Situation von Eltern, die einen Schwangerschafts-Spätabbruch durchführen lassen wollten. Und die Schwierigkeiten, die sich bei der Beratung von Frauen mit Migrationshintergrund ergeben.

Der Jahresbericht macht deutlich: Der Andrang ist enorm. Allein 957 Einzelberatungen führten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen insgesamt im vergangenen Jahr durch. Dazu kamen 110 Veranstaltungen für Gruppen.

Als Spätabtreibung gilt eine Abtreibung etwa nach der 20. Schwangerschaftswoche. Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen sind nach einer Beratung straffrei. Aufgrund einer medizinischen Indikation sind Abbrüche auch später möglich, wenn die Gesundheit der Schwangeren gefährdet ist. Eine solche Indikation wird ausgestellt, wenn während einer pränataldiagnostischen Untersuchung (Untersuchung vor der Geburt) festgestellt wird, dass das Ungeborene schwer behindert zur Welt käme oder gleich nach der Geburt sterben müsste.

Diagnostik zieht sich über Monate

In vielen Fällen zieht sich diese Diagnostik über Monate. „Das fängt mit einer speziellen Ultraschalluntersuchung samt Blutprobe in den ersten drei Monaten an“, führt Dr. Christine Gathmann, selbst Ärztin und stellv. Leiterin der Beratungsstelle, aus. Es folgten weitere Ultraschalluntersuchungen sowie eine Fruchtwasseruntersuchung in der 16. Schwangerschaftswoche. Das Ergebnis trudele dann in der 18. bis 20. Woche ein. „Vielen Ärzten fällt es offensichtlich schwer, einen eindeutigen Befund auszustellen.“

Liegt die Diagnose endlich vor, fänden die Frauen aber fast niemanden mehr, der den Abbruch vornehmen will. „Das Ev. Krankenhaus vor Ort macht das nur, wenn die Diagnostik im eigenen Haus stattfand“, weiß Gathmann. Für eine Klientin konnte sie nach langer Telefoniererei eine Zusage aus Duisburg erhalten. „Für eine andere in Bonn, eine weitere in Münster.“ Für die Eltern ein Alptraum. „Eine der Frauen verlor ständig Fruchtwasser, das Kind in ihrem Bauch wuchs weiter, war aber nicht lebensfähig – das so lange ertragen zu müssen, war furchtbar.“

Gathmann fordert: „Praxen, die eine Pränataldiagnostik anbieten, sollten die Frauen mit dem Ergebnis nicht alleine lassen und gegebenenfalls auch den Schwangerschaftsabbruch durchführen.“

Schwierige Beratung von Frauen mit Migrationshintergrund 

Besondere Schwierigkeiten ergäben sich auch in solchen Fällen bei der Beratung von Frauen mit Migrationshintergrund. „Was bei uns angesprochen werden darf, gehört bei muslimischen Frauen längst nicht auf den Tisch“, hat auch Karin Horn, Diplom-Psychologin von Pro Familia, erfahren.

Zwar gehe die jüngere Generation lockerer mit sexuellen Themen um. „Doch wir merken, wie schwierig es für sie ist, sich zwischen den Kulturen zu bewegen“, sagt Horn. Die Psychologin erzählt von einer jungen Türkin, die frei aufgewachsen war. „Auch ihr erster Freund wurde toleriert.“

Angst vor der Familie

Doch dann sollte die junge Frau einen Mann aus der Türkei heiraten und geriet in Gewissensnot. „Sie hatte mit ihrem Freund geschlafen und nun Angst, dass die Familie ihres künftigen Mannes davon Wind bekommt“, erzählt Horn. Denn dadurch hätte nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Familie ihr Ansehen verloren.

Also erkundigte sich die junge Frau bei Pro Familia, ob ihr Jungfernhäutchen nicht wieder zusammengenäht werden könnte. Sie hatte Glück: „Das geht tatsächlich, wir konnten ihr auch die Adresse einer Ärztin in Oberhausen geben, die so etwas macht.“

Eine Gruppe für sexuell missbrauchte Mädchen

Eine Gruppe für sexuell missbrauchte Mädchen will die Beratungsstelle Pro Familia (Bismarckstr. 3) möglichst noch in diesem Herbst anbieten.

Angeregt wurde das zusätzliche Angebot von den Mitarbeiterinnen Susanne Kaltwasser (Pädagogin) sowie Karin Horn (Psychologin). Das Konzept der Gruppe sieht vor, dass sich Eltern und Kinder zwar zeitgleich, aber in getrennten Gruppen austauschen können.

"Ein normales Leben führen"

„Je eher Kinder und Eltern dieses Erlebnis verarbeiten können, desto besser stehen die Chancen für die Betroffenen, später trotzdem ein normales Leben zu führen“, sagt Susanne Kaltwasser. Geplant ist, dass vier Therapeuten die Gruppe über zehn Termine (je eine Stunde) begleiten. „Doch leider fehlt uns für die beiden dafür nötigen Honorarkräfte noch das Geld“, bedauert Karin Horn.

Wer das Angebot unterstützen möchte, kann unter dem Stichwort „Kindergruppe“ spenden an: Pro Familia, Stadtsparkasse OB, Konto 146 480, BLZ 365 500 00. Spendenbescheinigungen können ausgestellt werden. Kontakt für alle, die mehr über die Gruppe wissen möchten: 86 77 71.